Zu meinen persönlichen lieben Traditionen gehört jedes Jahr das Stärkantrinken oben auf dem Greifenklau in Bamberg. Das ist, den Nichtfranken sei das kurz erklärt, der Brauch, am oder um den Dreikönigstag in die Brauerei/Gastwirtschaft seiner Wahl zu gehen, um sich Kraft und Gesundheit fürs kommende Jahr anzutrinken. Am besten trinkt man dafür ein Bier pro Monat. Was nach neumodischen Flatrate-Saufevent klingt, hat wohl eher eine ältere und durchaus auch religiös-mythologische Tradition. Am Dreikönigstag segnen die Sternsinger die Häuser, auf dass im kommendes Jahr alles Unheil fern bleibe. Das Vieh bekam vom geweihten Salz (das man auch zur Wasserweihe benutzt hatte), damit es wachse und gedeihe. Naja, und irgendwie wollte man selbst ja auch gut durchs Jahr kommen. Manch einer bringt den Brauch des Stärkantrinkens sogar mit noch älteren, germanischen Mythen in Verbindung. Die Seekrieger im hohen Norden sollen sich zur Jahreswende dem „Jultrinken“ hingegeben haben. Wahtscheinlich geht da so manchem die Fantasie ein wenig durch, denn laut Markus Kratzer vom Heimat- und Volkstrachtenvereinn „Alt-Bayreuth“ stammt dieser Brauch wohl eher aus dem späten 18. oder frühen 19. Jahrhundert.

Warum wir uns um Dreikönig herum zum gemeinsamen Trinken treffen ist letztlich auch egal, solange es Spaß macht. Und das macht es, vor allem, wenn es eben nicht zur reinen „Saufveranstaltung“ verkommt. So wie im Greifenklau. Denn dort hat auch in diesem Jahr Sigmund Brockard ein paar Fässer von seinem Bockbier „abgezwackt“ und mit unterschiedlichen Hopfensorten und dieses Jahr auch wieder mit Holzmischungen gestopft. Insgesamt 15 unterschiedliche Böcke sind so entstanden, also mehr als man eigentlich konsumieren müsste. Wer tapfer durchgehalten hätte/hatte, ist also bis ins nächste Jahr hinein vor jeglichem Unbill gefeit. Und hatte wahrscheinlich einen Hopfen-Overkill. Ich finde es ja tatsächlich immer schwer, so viele unterschiedliche Sorten zu verkosten. Ein paar der Böcke möchte ich euch natürlich auch wieder in diesem Jahr vorstellen – und damit natürlich auch Lust aufs nächste Jahr machen.

img_4643Da wäre zum Beispiel der Bock mit dem Hopfen Bru-1. Das ist eine ziemlich neue Sorte von Brulotte Farm/Yakima und soll vor allem Ananas- und Steinfruchtaromen bilden. Mehr zu dem Hopfen findet ihr hier, hier und natürlich bei Hopfen der Welt. Empfohlen wird der Hopfen natürlich für Pale Ales und IPAs, aber bisweilen auch für „funky Belgian styles“. Zum hellen Greifenklau-Bock passt er ebenfalls hervorragend. Grasig-würzig von Anfang an, aber eben auch ananasweich rollt der Bock einem über den Gaumen. Im Nachhall kommt noch mehr vom Ananas-Aroma durch, aber die typische Fruchtsäure der Tropenfrucht bleibt dafür aus, dafür hat der Bock am Ende eine schöne Bittere. Durchaus süffig und ein fulminanter Einstieg.
Auf den Hopfen Nmmer zwei, den Bock mit dem Hopfen Junga, war ich ein wenig neugieriger. Ich schätze ja Hopfen aus Tschechien und Slowenien, aber Polen als Hopfenanbaugebiet war mir neu. Und die Kombination aus Johannisbeere und Grapefruit klingt auch ein wenig … strange. Also zumindest so, dass ich sie nicht unbedingt einem Bierstil zuordnen würde. Was sich dann auch in der Empfehlung bei Hopfen der Welt widerspiegelt: „Bock, Festbier,  Lager, Pilsner, Rauchbier“. Von dem Bock mit dem Hopfen hatte ich tatsächlich nur einen Schluck, weil dieses Fass interessanterweise schneller leer war als das Fass mit Bru-1. Kann ich nicht ganz nachvollziehen, weil mir zwar auf der einen Seite die beerige Fruchtnote im ersten Drittel sehr gefallen hattte, der Bock mit diesem Hopfen dann aber recht schnell (und für mich unvermittelt) in eine recht deutliche Grapefruitbittere umschwenkt. Beides für sich ganz nett, aber im Zusammenspiel nicht mein Favorit des Tages. Was den Hopfen an sich aber nicht „disqualifiziert“. Kombiniert man ihn mit anderen Hopfensorten oder setzt man ihn in einem anderen (dunkleren) Bierstil ein, wirkt das Ergebnis natürlich wieder komplett anders.

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Bock Nummer drei war Rakau. Auch der war schön fruchtig und hat sich sehr gut in das Aroma des Grundbocks eingefügt. Soll heißen: Eigentlich wie dafür gemacht.Gelbe Fruchtnoten passen eben zu einem ausgewogenen, nicht zu bitteren Bock. Allerdings bleibt das Ergebnis so ein wenig blass im Vergleich zu den anderen Kombinationen. Diesen neuseeländischen Hopfen kann man sich jedenfalls für schöne, fruchtige Lagerbiere merken. Der nächste Hopfen auf der Liste, Callista, gehört zu meinen heiilichen deutschen Lieblingssorten. Das liegt daran. dass ich mich an einem schönen, heißen Sommertag ins Craftwerk Mad Callista verliebt hatte. Schönes Hopfenaroma, wenig Alkohol … Ein Grillbier per excellence. Halt nur nicht aus Franken. Also falls das einer meiner Lieblingsbrauer jetzt liest: Braut doch bitte auch so ein Bier! Nicht, dass ich etwas gegen den Bock mit Callista gehabt hätte. Im Gegenteil: Ich mag dieses beerige, fruchtige Spiel mit diesem Limetten-/Grapefruitfinish. Und auch hier passt es gut, dass der Bock selbst ausgewogen rund und nicht so hochalkoholisch ist. Ein wärender Biercharakter würde der tropischen Leichtigkeit des Hopfens widersprechen. Gut ausgewählt!

img_4642Mit Kohatu ging es dann wieder in Richtung Neuseeland. Insgesamt war das diesjährige Setup recht neuseeländisch und US-amerikanisch geprägt. Mit Kohatu kam dann ein blumigerer Hopfen auf den Tisch. Zwar ist auch er tropenfruchtig, aber fast ein wenig dezent im Vergleich zu dem, wa sman sonst von neuseeländischen Hopfen erwartet. Weshalb der Hopfen trotz netter Holz- und Pinienaromen für meinen Geschmack ein wenig blass blieb. In eine komplett andere Richtung ging dafür die erste Holzmischung des Tages: Zeder, Cognac-Fass und High-Vanilla-Eiche. Dominant waren vor allem die aromatische Zeder und die Vanille. Ich finde die Holzvarianten des Bocks ja durchaus interessant, aber ich finde auch, dass sich für sowas vielleicht ein dunkler Bock (oder meinetwegen das Laurenzi) besser eignen würden. Vielleicht wäre es mal eine Idee, den Roten Frühjahrsbock so zu veredeln. Das stelle ich mir runder und stimmiger vor. Wobei auch hier wieder gilt: Versuch macht klug! Und mein Gaumen ist sicherlich nicht der Bierweisheit letzter Schluss!

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Was mir dagegen wieder mehr gefallen hat, ist der Hopfen Loral. Bei Hopfen der Welt wird er so beschrieben: „Neue Züchtung der Hop Breeding Company, die Aromen der neuen und alten Welt vereinen soll.“ Ich muss ja gestehen, das ist genau mein Ding! Heimisches Craftbier, dass nicht nur amerikanische, australische, englische oder belgische Vorbilder kopieren will, sondern Brücken schlägt, Aromen aus der alten und der neuen Welt verbindet, seinen eigenen Stil sucht. Mit dem Hopfen Motueka geht es wieder nach Neuseeland. Der wirkt auch gar nicht so tropisch, sondern mehr zitrus- und limonenaromatisch. Das ist nett und passt ebenfalls gut zu einem hellen Bock, hat aber auch mit seinem Zitronenaroma eher etwas von Frühlingsfrische. Hopfen der Welt empfiehlt ihn deshalb auch für Kölsch, Weizen und belgische Ales. Kann ich mir gut vorstellen!

Zwei der hopfengstopften Dreikönigs-Böcke hatte ich dann noch mitgenommen: First Gold und Belma. Von First Gold war ich ein wenig enttäuscht, muss ich ehrlich sagen. Britischer Hopfen , garantiert klassischer Geschmack mit einem interessanten Twist, dachte ich mir. Passt im Prinzip auch so, aber die Orangennoten kamen nicht so schön heraus, die Minze verflüchtigte sich eher in den Nachhall … Das war zumindest mein Eindruck. Wobei das auch daran liegen kann, dass so manche Hopfenbombe vorher über den Gaumen geflossen ist. Belma ist dagegen ein Hopfen, den ich schon aus dem einen oder anderen Bier kannte. Das ist ja auch wieder so ein „Allround-Aromenhopfen“: Ananas, Melone, Grapefruit, Orange, Erdbeere, trop. Früchte soll er bringen. Das klingt nach einem wilden Mix, ist aber gar nicht so abwegig. Melone, Ananas und Erdbeere schmecken zwar an sich grundverschieden, teilen sich aber auch bestimmte Aromenanteile. Im Greifenklau-Bock ging Belma tatsächlich auch in Richtung Erdbeere, aber eher reife Erdbeere. Oder besser gesagt: eingeweckte Erdbeere. Also rund, fruchtig, süßlich und – so scheint es – der Malzanteil des Bocks kommt hier auch wieder mehr heraus. Belma werde ich mir merken müssen, Loral und Bru-1 auch. Wie jedes Jahr bringt so ein Stärkantrinken mit Hopfenseminar viele neue Eindrücke und vor allem auch viele neue Inspirationen,  mit welchen Hopfen man selbst das Jahr über vielleicht mal brauen sollte. Insofern sei dem Chef vom Greifenklau, Sigmund Brockardan der Seite nochmal ein großes Lob ausgesprochen! Das Stärkantrinken ist mittlerweile fast ein Pflichttermin für jeden engagierten Bierfan und Hobbybrauer.

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Allerdings muss man sich da mittlerweile fast zweiteilen. Denn mit dem Stärkantrinken im Hopfengarten der Gärtnerei Emmerling in der Zollnerstraße gibt es am 6.1. eine zweite Veranstaltung, bei der man sich in die Welt des Hopfens und vor allem auch der Mischung aus Hopfen und Gewürzen eintrinken kann. Aber darüber berichte ich demnächst mehr …