Ich bleibe mal kurz bei den hopfengestopften Zwickl-Varianten, die es im Moment beim Greifenklau in Bamberg gibt. Nachdem ich vorgestern schon die Varianten Mandarina Bavaria und Hallertauer Blanc probieren und gestern vorstellen konnte, ist heute die dritte Variante dran. Beim dritten Fass hat Siggi Brockard auf die Aromasorte Huell Melon gesetzt. Weil ich mir das auf keinen Fall entgehen lassen wollte, bin ich gestern Abend kurz noch mal hoch zum Greifenklau geradelt und habe mir zum Abschluss des Tages ein spätes Feierabendseidla gegönnt.

Huell Melon

Tja, und da saß ich dann also im Biergarten und habe was eigentlich ganz Faszinierendes beobachtet. Da saßen ein paar Biertrinker und haben Schafkopf gespielt. Ganz traditionell mit ihrem „Schälerla“ vor sich, wo ein paar Euro drin lagen. Alles gestandene Kerle. Und an Getränken standen Bierkrüge mit dem Greifenklau Lager vor ihnen … und Willibecher mit dem hopfengestopften Zwickl Huell Melon. Es ist wirklich so, wie Gerhard Schoolmann vom Café Abseits gestern auf Facebook gepostet hat.

Zwickl

Wir sind ja schließlich hier in Franken. Und da ist so manches einfach ein wenig anders. Die „Craftbier-Bewegung“ hat ihre Wurzeln ja darin, dass sich engagierte Bierliebhaber und Hobbybrauer sozusagen „ihr Bier“ von seelen- und geschmacklosen Großkonzernen wieder zurückerobert haben. Aber wir hier haben „unser Bier“ ja nie so richtig aus der Hand gegeben. Andernorten mag es ein großes Bedürfnis danach geben, wieder mehr über Bier zu lernen. Bier „neu“ zu entdecken, sozusagen. Aber wer hier an einem Stammtisch sitzt, der hat eine dezidierte Meinung in Sachen Bier. Und auch Ahnung. Gut, der Stammtisch mag nichts über Hochalphasorten und Turbohefen wissen, nichts über Hopfenstopfen und Fasslagerung – aber das muss er auch nicht, um zu wissen, ob ihm ein Bier schmeckt oder nicht. Sagen wir es mal so: Der Stammtisch hat ein umfassendes „praktisches Bierwissen“.

Hüll Melon

Quelle: http://www.hopfen-der-welt.de/pellets-typ-90/deutschland/huell-melon/

Würde man jetzt hergehen und solchen alteingesessenen Biertrinkern die Besonderheiten eines Hopfens wie dem Huell Melon erklären, würde man zurecht auf Verwunderung stoßen, wahrscheinlich eher aber auf Ablehnung. Wenn’s schmeckt, dann schmeckt’s. Wozu muss man dann wissen, dass diese fruchtige Aromasorte aus der Kreuzung von Cascade mit Hüller Hopfen entstand? Oder, dass die Hopfenanbaufläche 2013 im Vergleich zu 2012 um 279 ha zurückgegangen ist, Aromasorten wie Huell Melon aber insgesamt auf 114 ha (mit Sommerpflanzung sogar ca. 150 ha) angebaut wurden. Das ist zwar ein Bruchteil der Gesamtanbaufläche von über sechzehntausend Hektar, aber die Tendenz steigt. Huell Melon wurde übrigens auf insgesamt 14 ha angebaut. Sowas kann man unter anderem lernen, wenn man sich durch den Jahresbericht der Gesellschaft für Hopfenforschung mit Sitz in Hüll arbeitet. Aber wissen muss man es nicht. Oder um es mit den Worten eines Freudes zu sagen: „Die Leut‘ woll’n manchmal einfach nur a Bier trink’n!“ Ganz ohne große Erklärungen.

Quelle: http://www.hopfenforschung.de/jahresbericht_2013.pdf

Quelle: http://www.hopfenforschung.de/jahresbericht_2013.pdf

Was aber wiederum nicht für alle Biertrinker gibt. So wie es den einen reicht, ein Bier zu probieren und es in die zwei Kategorien „schmeckt“ oder „schmeckt nicht“ einzusortieren, so gibt es „Nerds“ wie mich, die es dann genauer haben wollen. Wonach riecht es, wonach schmeckt es. Warum? Wie kann man das charakterisieren? Wer zu den ersteren gehört kann jetzt aufhören zu lesen – falls er überhaupt soweit gekommen ist. Denn auch das Zwickl Huell Melon schmeckt! Das fand auch der Schafkopfspieler am Nebentisch, der – während ich Aromenkurven pinselte und Beschreibungen zu Papier brachte – eben mal noch eins bestellt hat. Ganz unpretentiös: „Noch ein Zwickl?“ – „Ja.“

Diagramm

Wer aber wie ich zu der zweiten Gruppe gehört, für den kommt jetzt die Sensorik. Interessant fand ich an dieser Variante, dass vom Aroma her im ersten Moment wie ein ganz normaler, grasig-grüner Hopfen daherkommt. Im ersten Moment riecht es tatsächlich „hopfig“, fand ich. Und nach diesem „Hopfen-Peak“ bewegt es sich immer deutlicher in Richtung Erdbeeraroma. Nun habe ich in Sachen Huell Melon nicht so viele Vergleichsmöglichkeiten und abgesehen von einem Kehrwieder SHIPA Hüll Melon habe ich noch kein Bier probiert, bei dem dieser Hopfen eine große Rolle gespielt hätte. Beim SHIPA fand ich den Hopfen auch eher „melonig“, hier dagegen „erdbeerig“. Aber das SHIPA ist auch ein obergäriges Bier, das auch von der Hefe mehr Fruchtnuancen mitbringt und es ist wirklich „single hopped“. Das Greifenklau Zwickl wurde tradtionell mit einem traditionellen Hopfenuntergärig  eingebraut und dann mit Huell Melon „veredelt“. Da kommen also ganz verschiedene Fruchtkomponenten heraus. Zudem ist die eigene Wahrnehmung auch ausschlaggebend. In Berlin hatte ich zuvor ebenfalls IPAs oder Pale Ales, gestern vor meinem Ausflug zum Greifenklau ein Spezial Rauchbier

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Der Antrunk des Greifenklau Zwickl Huell Melon ist ebenfalls interessant hopfig. Darin unterscheidet es sich von den anderen Varianten. Und ähnlich wie beim Geruch schiebt sich dann mehr und mehr ein „Erdbeer-Aroma“ durchs Geschmacksprofil. Aber nicht so, als würde man einen Erdbeershake trinken, sondern eher so, als hätte man vorhin einen getrunken und das Erdbeeraroma verweilt noch ein wenig als „Echo“ im Mund. Auch hier ist das fruchtige Hopfenaroma eher „bierbegleitend“. Da, aber eben nicht nur. In Sachen „Drinkability“ ist das natürlich ideal, weil man nicht das Gefühl bekommt, zu viel von den Fruchtaromen zu bekommen. Ich weiß, dass klingt jetzt genau so wie das „Gequatsche“, von dem Gerhard Schoolmann gesprochen hat. Es tut mir leid, da kann ich halt nicht anders. Immerhin habe ich es mir verkniffen, zu meinem ebenfalls Zwickl trinkenden Tischnachbarn zu gehen und ihn damit zu nerven. Das mache ich halt jetzt mit euch. Irgendwann muss es halt raus …

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Wer ein wenig Experimentierfreude mitbringt, der soll heute hoch in den Greifenklau. Je nach Wetter hält das 50er Huell Melon länger oder kürzer. Und sollte es schon weg sein, gibt es das Polaris. Wer es dagegen ganz gediegen traditionell mag, den seh ich heute in Bamberg auf der Theuerstadt beim Lindenfest! Da gibt’s Spezial Lager. Und „Erdbeeren“ nur, wenn Fab Five „Strawberry fields forever“ spielen! Versprochen!