Das heutige Bier des Tages ist ein weiteres Bier, das es auf der proBier gab: Das Grünhopfenpils von der Brauerei Kundmüller aus Weiher. Die Geschichte mit dem Grün- oder Nasshopfen ist ja auch so ein Trend auf dem Biermekt, der irgendwie neu, aber eigentlich uralt ist.

Wem diese Begriffe nichts sagen: Unter Grün- oder Nasshopfen versteht man die Gabe von frischen, nicht weiter beandelten Hopfendolden. Das kann klassisch im Heißbereich (also der Sudpfanne bzw. im Whirlpool) geschehen oder im Kaltbereich (also während der Reifung/Lagerung). Also eigentlich ist es das, was die Brauer jahrhundertelang gemacht haben – und das, was uns so manche Homepage bzw. Fernsehwerbungt vorgaukeln, wenn man dort den Brauer sieht, wie er aus einem Weidenkörbchen die Hopfendolden in den Sudkessel „streichelt“. Das gibt schöne Bilder, hat aber kaum etwas mit der Realität zu tun. Das liegt unter anderem daran, dass sich der Hopfenanbau in Deutschland auf wenige Gebiete reduziert hat. Dass man beim Thema Hopfen fast ausschließlich an die Hallertau denkt, ist historisch gesehen recht neu. Wer weiß denn noch, dass Nürnberg einstmals der größte Hopfenhandelsplatz war und in und um Bamberg ein großes Hopfenanbaugebiet. Wer mal in Bamberg durch die Hainstraße fährt, kann dort die prächtigen Hopfenhändlervillen mit den dahintergelegenen Hopfendarren bewundern. Die allgemeine Mechanisierung der Landwirtschaft, der Ausbau der Eisenbahn und nicht zuletzt auch die Anbaukontrolle und Verfolgung der jüdischen Hopfenhändler durch die Nationalsozialisten führetn letztendlich dazu, dass aus vielen größeren und kleineren Hopfenanbeugebieten das heutige Hopfenzentrum in der Mitte Bayern wurde. Die Konzentration auf dem Hopfenmarkt führte aber auch dazu, dass der Hopfen für die nun längeren Wege zur Brauerei immer weiter verarbeitet werden musste. Ergo: Grünhopfen Ade!

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Angeregt durch Craftbrauer, die mit möglichst natürlichen Produkten arbeiten wollten, gibt es dagegen jetzt wieder den Trend zum natürlichen Grünhopfenpils. Das kann man natürlich nur einmal im Jahr, gleich nach der Hopfenernte einbrauen. Und dafür legen sich immer mehr Brauereien in Franken (und nicht nur da) wieder eigene Hopfengärten an. Dort kann der Gast den Sommer über dem Hopfen beim Wachsen zusehen, man kann ein Hopfenzupferfest machen und letztlich ein Grünhopfenpils einbrauen. Wie gesagt: Eigentlich alles schon mal dagewesen. Craft kann sich auch auf die eigenen Wurzeln zurückbesinnen.

Insofern ist das Weiherer Grünhopfenpils Craft und Tradition zugleich. In der Nase hat man schon mal ein deutlich blumiges Hopfenaroma. Wow! Es gehört ja zu den „Irrwegen“ auf dem deutschen Biermarkt, dass viele Großbrauereien aus Gründen der Kostenoptimierung gerade am teuren Hopfen gespart haben – und damit dem Pils viel von seinem Hopfencharakter genommen haben. Auch das wird durch Biere wie das Grünhopfenpils wieder ausgeglichen. Als Grünhopfen kam Spalter Select, der Lieblingshopfen von Roland Kundmüller zum Einsatz. Demenstprechend „klassisch“ schmeckt dieses Bier auch. Beim Geschmack geht es in die klassische Stroharomatik. Das kannt man, aber eben nicht so deutlich. Und von Schluck zu Schluck gefällt einem dieses Hopfenaroma mehr und mehr. Ein positiver Nebeneffekt eines stärkeren Hopfenaromas ist übrigens, dass es die Bittere eines Pilsners besser einbindet. Oder anders ausgedrückt: Sie „stört“ nicht mehr so sehr. Dass das Bier auch noch fein trüb daherkommt, passt zum Charakter des Biers. Auch das macht das Bier ein wenig vollmundiger.
Vergleicht man so ein Bier wie das Grünhopfenpils von der Brauerei Kundmüller mit einem Industriepils, liegen „Welten“ dazwischen. Klar, das Grünhopfenpils bekommt frischen Aromahopfen, wird gar kaltgehopft. Alles Dinge, die sich das Industriepils nicht leisten kann. Aber solche Biere zeigen, wie man sich ein klassisches Pils eigentlich vorstellen müsste. Lohnt sich!