Ich bleibe mit dem heutigen Bier des Tages mal beim Thema Holzfasslagerung. Eigentlich ist das für einen Brauer zwar nicht der billigste, dafür aber ein einfacher Weg, ein Bier „craftig“ zu machen. Man kaufe sich ein entsprechendes vorbelegtes Holzfass und befülle es mit einem Bock, den man sowieso schon im Programm hat und voilá, ein holzfassgereifter Bock ist geboren. In der Theorie klingt das einfach, in der Praxis gibt es aber auch hier viel zu beachten: Welches Fass soll mawählen? Mit welchem Getränk soll es vorbelegt sein? Bourbon? Sherry? Rotwein? Rum? Das will sorgsam ausgesucht sein, schließlich nimmt das Bockbier die Aromen der Vorbelegung auf. Und die sollen de Aromen des Ausgangsprodukts Bier ja veredeln, nicht stören. Und wenn man dann ein passendes (und bezahlbares Fass bzw. Fässer – immerhin kann man je nach Vorbelegung selbst für ein 20 Liter Fass schon mal ein paar Hundert Euro hinlegen) Fass gefunden, stellt sich die Frage: Wie lange soll der Bock darin reifen? Ist länger gleich besser? Schließlich verliert das Bier im Holzfass mit der Zeit Kohlensäure und natürlich auch eigenen Charakter … Fragen über Fragen! Vor allem weil das Ergebnis am Ende die Biertrinker häufig spaltet. Ein wenig polemisch formuliert: Sherry-Aficionados mögen in einem im Sherryfass gelagerten Bock wie dem Weiherer Weizenbock Holzfassgereift einen Weg sehen, wie sich das „profane Bier“ endlich in die geschmacklichen Höhen bewegt, in denen sie sonst so schweben. Hartgesottene Biertrinker mögen dagegenhalten: „Wenn ich ein Bier will, will ich ein Bier! Hätte ich so ein Weinzeugs gewollt, hätte ich es auch bestellt …“

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Tja, auch ich muss sagen, dass beim Weizenbock Holzfassgereift zwei Herzen in meiner Brust schlagen. Das liegt zum einen daran, dass ich das Ausgangsprodukt, den Weiherer Weizenbock, richtiggehend liebe! Ein echt geiles Bier, das zurecht Biersternchen einheimst. Nicht nur gut, sondern richtig gut ist der! Und den soll man jetzt durch Holzfasslagerung verbessern? Kann man das? Soll man das? Schließlich überlagert die Sherry-Aromatik durch die siebenmonatige Reifung im Pedro-Ximénez-Fass viel von dem, was so einen Weizenbock ausmacht. Die deutlichen Holzaromen, die Vanille, das Sherry-Aroma, die Trockenfrüchte und Rosinen drängen die weiche Bananenaromatik schon eher in den Hintergrund. Lassen den fruchtigen Hopfennoten, der Weizenbock wird ja mit Aromenhopfen unaufdringlich gestopft, weniger Raum. Das Pendel schwingt da deutlich mehr in die Richtung Sherry als in Richtung Weizenbock. Auf der anderen Seite gibt genau das dem Weizenbock einen unglaublich komplexen, vielschichtigen Charakter, den ein Bier so ohne weiteres Zutun nicht so ohne Weiteres erlangen kann. Der frühlingshafte Weizenbock auf der einen Seite, der ungleich schwerere, holzfassgereifte Bruder auf der anderen Seite; der eine durchaus gut, um die ersten Sonnentage des Jahrs auf Balkon, Terasse oder besser gleich im Grünen zu genießen, der andere giert eher nach einem schweren Ledersessel, gedämpftes Licht und vielleicht einen guten Zigarillo; vom einen gönnt man sich gerne ein ganzes Weizenglas voll, der andere fühlt sich eher im Sommelierglas oder Cognac-Schwenker wohl. „Ungleicher“ kann man sich Brüder nicht vorstellen. Und zu welchem man greifen will, hängt sehr von den eigenen Vorlieben bzw. der Situation ab. Ich persönlich tendiere zur „puren“ Variante ohne die siebenmonatige „Sonderbehandlung“, aber ich bin insgesamt nicht so der Holzfass-Fan.

P.S.: Auf der Homepage der Brauerei Kundmüller steht beim Weizenbock Holzfassgereift im Moment (Stand 03/2017) „AUSGETRUNKEN!“, aber ich gehe mal davon aus, es wird ihn wieder geben. Wer also auf die Komplexität solcher Biere steht, sollte die Augen offen halten …