Hach ja, die Weichnachtszeit sollte ja eine friedliche Zeit sein, die „stade Zeit“, wie man es früher nannte. Wusstet ihr übrigens, dass dieser Begriff und der Gedanke der „stillen“ Weihnachtszeit von einer mittelalterlichen Regel herrührt, nach der ab dem Katharinentag (25.11.) bis zum Fest der Erscheinung des Herrn (06.01.) alle Arten von Tanzveranstaltungen verboten waren? „St. Kathrein stellt den Tanz ein!“ sagten die Menschen von damals. Bass und Geigen hatten in der Zeit zu schweigen. Wunderbare Stille herrschte überall …

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Dass mit der Stille wird heute leider nichts. Denn das heutige Bier des Tages hat mal wieder Krawallpotenzial. Denn ginge es nach den Oberpfälzer Bierliebhabern, dann düfrfte es das heutige Bier des Tages gar nicht geben. Es handelt sich dabei nämlich um den Zoigl vom Brauhaus am Kreuzberg bei Hallerndorf. Und der liegt mitten in Franken. Zoigl darf es aber nur aus der Oberpfalz geben, so die Traditionalisten. Ein fränkischer Zoigl, das geht gar nicht. Echter Zoigl, so kann man überall lesen, könne nun mal aus einem Kommunbrauhaus in der Oberpfalz kommen. Im Umkehrschluss: Alles, was weder aus der Oberpfalz noch aus einem Kommunbrauhaus stamme, dürfe nicht Zoigl genannt werden. Ein „Brauereizoigl“, also von einer gewerbsmäßigen Brauerei in der Oberpfalz hergestellt, ist demnach schon kein richtiger Zoigl mehr. Und einer von einer gewerbsmäßigen Brauerei aus Franken gleich gar nicht! Basta!

Das stört die fränkischen Brauer allerdings nur bedingt. Fränkischen Zoigl gibt es von Brauern aus dem nordostfränkisch-oberpfälzischen Grenzgebiet, Zoigl gibt es von Andi Gänstaller (erst in Trabelsdorf, dann in der Zoiglstube in Straßgiech, dann in Schnaid) und zuletzt (was die Oberpfälzer auf die Barrikaden brachte) gab es Zoigl von der Kulmbacher Brauerei AG als Mönchshof und als Scherdel Zoigl.

Quelle: https://www.facebook.com/OberpfalzBild/photos/a.388744917599.169776.180411052599/10153397350937600/?type=3&theater

Quelle: https://www.facebook.com/OberpfalzBild/photos/a.388744917599.169776.180411052599/10153397350937600/?type=3&theater

Und jetzt steht da ein Zoigl vom Brauhaus am Kreuzberg vor mir. War ja irgendwie klar, dass Norbert Winkelmann früher oder später auch mal diesen Bierstil braut. Wer mal oben am Brauhaus am Kreuzberg war, verliert schnell den Überblick über die Sorten. Da gibt es mal dieses, mal jenes, mal was mit alternativen Malzsorten, mal was Hofengestoptes, mal etwas Fassgelagertes … Warum also nicht auch einen dunkelbraunen Zoigl?

img_4244Optisch könnte man dem Zoigl nichts vorwerfen. Er ist halt braun und trüb, so wie man es von diesem Bierstil erwartet. In der Nase hat man Malznoten und vor allem auch Hefe. Und wie schmeckt jetzt so ein Zoigl aus dem westlichen Oberfranken? Ich fand ihn recht gefällig. Malzig halt, mit Brot- und Karamelltönen. Hefig auch. Die Bittere war mir fast ein wenig zu kernig, vielleicht auch holzig, und ja, das Bier hat ab der Mitte ein wenig „geschwächelt“. Da hätte der Körper ein wenig vollmundiger sein können. Aber alles in allem ein typisches Kellerbier mit 5,2 %, vielleicht nicht das beste in Franken, aber sicherlich auch nicht das schlechteste.

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Warum nennt man das Bier nun Zoigl und nicht Kellerbier? Schließlich ist Franken für seine Kellerbiere bekannt. Erwartet man hier nicht eher ein Kellerbier, zumal es auf einem ausgewisenen Kellerbierg (ja, ich weiß, die Wallfahrtskirche auf dem Kreuzberg ist das eigentlich Wichtige!) gebraut wird? Aber das ist die Krux an der Geschichte: Kellerbiere bietet jeder an, damit setzt man sich nicht von den Mitbewerbern, die früher wenig romantisch Konkurrenz hießen, ab. Aber Zoigl, das klingt neu, das klingt interessant und vor allem klingt es „authentisch“. Und genau diese Authentizität sucht der Konsument auf dem Biermarkt. Deshalb die vielen „urbayerischen“ Hellen, Kellerbiere oder Zwickel auf dem Markt. Sie bedienen den Wunsch nach einer „heilen Welt“ fernab von vollautomatisierten Bierfabriken. Dass das oft nur kitschige Bierromantik ist, stört keinen. Man sehnt sich ja auch nach einer weißen Weihnacht, so mit Glockengeläut, dass über den verschneiten Kreuzberg hallt, irgendwo schaut ein Rehlein aus dem dunklen Wald, in der Gaststube glänzen die Lichter und im Glas der Zoigl. Friedliche Weihnachten eben.

Es darf halt kein Oberpfälzer in der Nähe sein.

 

P.S.:  Einen Aspekt der Geschichte habe ich bisher noch gar nicht erwähnt: Bevor es das Brauhaus am Kreuzberg gab, betrieben Norbert Winkelmann und seine Frau Luitgard Friedel-Winkelmann die Brauerei Friedel in Schnaid (mehr dazu beim Kollegen von bierfranken). Just jene Brauerei, die der umtriebige Brauer Andreas Gänstaller gepachtet hat, der die Zoigl-Idee schon seit längerem in Franken bekannter gemacht hat.