Zu den hohen Künsten eines Biersommeliers soll es ja gehören, das richtige Bier zu jeder Speise empfehlen zu können. Food-Pairing heißt die Kunst, bei der es darum geht, durch das Essen beim Bier – oder eben durch das Bier beim Essen – noch mehr Aromenspiele auf Zunge und Gaumen herauszukitzeln. Häufig orientiert man sich da an den Weinsommeliers und kombiniert Bier mit Käse oder Schokolde. Wer jetzt wie ich ein begeisterter Carnivore und Ganzjahresgriller ist, den spricht das natürlich weniger an. Was jetzt aber nicht heißen soll, dass ich ignorant bin und filigrane Biere mit spielerisch leichten Hopfenaromen einfach mit einer schweren Sauerbratensoße zukleistere.

RAAD

Als ich gestern zum Beispiel zu einer Arbeitsbesprechung – es ging um die Themen für das nächste Bamberger Biersymposium – im Cafe Abseits saß, da probierte ich das neue Gänstaller RAAD Pale Lager. Dabei handelt es sich um ein helles, untergäriges Bier, das mit der australischen Aromahopfensorte Galaxy eingebraut wurde, was das Bier gerade selten macht. Was man so hört, ist Galaxy gerade (und evtl auch schon die nächste Ernte) ausverkauft. Das Bier ist gefällig, die Hopfenaromatik erschlägt einen nicht sofort. Nein, es ist vielmehr erst mal ein unfiltriertes Helles, dem fruchtige Citrusaromen und ein wenig Südfrucht mitgegeben wurden. Das ist nicht schwer, sondern … tja, nicht gerade filigran, aber schon ein wenih frisch, leicht, eine fruchtige Sommerbrise . Die Bittere von immerhin 45 IBU finde ich gut eingebunden. Sie drängt sich nicht auf und sie stört nicht das Gesamtbild. Ehrlich gesagt taugt so ein Bier zum Genießen genauso wie einfach nur zum Trinken. Nur, dass es im Vergleich zu einem „einfachen Hellen“ eben viel mehr Hopfenaromen bietet und im Vergleich zu einem Pils mehr Körper und mehr Süße. Ein rundum gelungenes Bier. Man stelle sich ein Mönchsambacher Export mit fruchtigem Hopfen vor. So ungefähr.

Salat RAAD

Nur was dazu essen? Die Speisekarte bietet ja saftige Burgervariationen, riesige Schnitzel … oder ein Cordon Bleu? Tex Mex? Alles das könnte man essen, aber es würde nicht passen. Die würzigen Westernkartoffeln würden das feine Hopfenaroma eliminieren. Die Ananas auf dem Hawai-Burger zu sehr in dieselbe Richtung wie der Hopfen gehen. Und so landete ich, der Carnivore, bei den vegetarischen Kartoffeltaschen mit Frischkäsefüllung und Salatbouquet! Denn abgesehen von den Oliven – die ich eh nicht mag – passt das am besten! Ist das Gänstaller RAAD also ein Vegetarierbier? Oder gar schlimmer: Ein Bier, das einen zum Vegetarier macht? Ich meine, ich könnte es mit auch zu gefüllter Pasta mit leicht blanchiertem Frühlingsgemüse vorstellen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass das RAAD eine deutsch-italienische Coproduktion ist. RAAD steht nämlich für:
Ricardo Franzosi (Birrificio Montegioco), Andrea Camaschella, Andy Gänstaller und seine Tochter Daniela Gänstaller, die ebenfalls Brauerin ist. Vielleicht hat das Bier ja beim Brauen einen „leichten, mediteranen Touch“ bekommen.

BratwurstSteakOder mir war nach den „Fleischorgien“ der letzten Tage – ich hatte ja unter anderem beim Heinrichsfest in der alten Hofhaltung gegrillt – einfach nur nach einem Veggie-Tag. Könnte natürlich auch sein. Das wäre dann aber mehr eine Frage für einen Psychologen als für einen Biersommelier …