Habe ich nicht letzthin in der Kolumne zum Maisel & Friends Pale Ale geschrieben, dass es in Sachen „Craftbier“ vielleicht gerade so eine Art Trend weg vom „Edel- oder Gourmetbier“ hin zum coolen „Craft-ster“ Bier, wenn mir die Kombination aus Craftbier und Hipster erlaubt ist.  Gut, coole 0,33er Biere mit ordentlich „Wumms“ gab es schon von Anfang an. Genauso wie Brauer, die in den neuen Bieren eder Edelgetränke sehen, die eher wie Wein imoberen Preissegment angesiedelt sind. Wenn man so will, ist es der Konflikt zwischen der „Sommelier-Bier“ und dem „Szene-Kultgetränk“. Wer in einem coolen Club steht und sich Gitarrenbretter um die Ohren blasen lässt, schwenkt keinen Teku-Pokal. Und wer besondere Biere auf edel gedeckten Tafeln in teuren Restaurants etablieren will, stößt mit dem „Rock’n Roll-Image“ so mancher Biere bei seinen Gästen auf Unverständnis. Man stelle sich nur mal vor, man würde sich als Aperitif im Berliner Fischers Fritz oder Adlon ein Holy Shit Ale bestellen! Oder einen Backbone Splitter … Auch, wenn ich jetzt ein wenig schwarz-weiß male, es passt einfach nicht.

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Ich weiß nicht, ob Christian Hans Müller das genauso sieht. Aber seit Kurzem gibt es neben seiner Marke Hans Müller Sommelierbier auch noch das coolere Label Hans-Craft & Co. Eigentlich war dieser Schritt mehr als nur überfällig, denn schon mit seinem Bayerisch Nizza Clubbier hat der die „Sommelierschiene“ verlassen und ein recht lässig-ccoles Sommerbier auf den Markt gebracht. Und jetzt eben ein rockiges IPA. Backbone Splitter klingt ja schon mal recht „brachial“ nach: Dieses Bier bricht dir das Kreuz! Understatement ist was anderes. Aber die lauten, frechen Töne gehören zur Szene genaso wie die eher an wüste Tattoos erinnernden Etiketten. Und auch, wenn kaum einer in Deutschland etwas mit dem Begriff „West Coast IPA“ anfangen kann, so schwingt da ein bestimmtes Gefühl mit … und ich denke jetzt nicht an die Mamas&Papas mit ihrem Klassiker „California Dreaming“.

Backbone SplitterAn Hard-Facts bringt der Backbone Splitter 60 Bittereinheiten mit. Das ist locker doppelt so viel, wie ein herbes, deutsches Pils schafft, allerdings gibt es da im Craftbier-Segment auch noch viel, viel mehr. Auch doppelt so viel Bittereinheiten kan man finden, wenn man will. Beim Fachsimpeln über Hopfensorten treffen sich Bier-Hipster und -Sommelier wieder (wenn sie nicht eh schon in einer Person vereint sind): Horizon, Cenntenial, Amarillo, Simcoe und Falconer’s Flight kommen konventionell beim Kochen und als Stopfhopfen zum Einsatz. Dazu noch Pilsner-, Münchner-, Wiener Malz und Caraamber … das klingt mehr als interessant.

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Und dann hat das ganze auch noch bockstarke 6,6 %! Und einen schönen Kupferton. Aber trinkt man so ein Bier aus dem Glas? Oder ist es doch eher ein Flaschenbier? Jedenfalls riecht es richtig cool hopfig. Und es kommt so cool und rockig rüber, wie es aussieht. Ist das Bayerisch Nizza eher ein Bier, mit dem man auch Nicht-Biertrinker/innen ködern kann, haut der Backbone Splitter gleich ordentlich „auf die Kacke“. Ich vergleiche es mal salopp mit (den neueren) Aerosmith-Scheiben auf der einen Seite und … sagen wir mal Linkin Park … auf der anden. „Sweet Emotions“ sucht man im Backbone Splitter eher vergebens. Von Beginn an ordentlich hopfig und komplex im Aroma. Dann kommen recht schnell die 60 Bittereinheiten und zeigen einem, was sie bedeuten. Die Bittere kommt mir fast ein wenig „schneidend“ vor. Aber das passt zu diesem Bier.

 

Hans-Craft Backbone Splitter

Nicht schlecht, Herr Müler. Diese Mischung aus Citrus-, Limetten, fruchtigen und würzigen Aromen zusammen mit der gut definierten Bittere gefällt. Das Bier passt genau so wie es ist – und es passt genau so in den Reigen der anderen, sehr guten deutschen IPAs. Das Bier dürfte sich auf der Bierkarte vom Café Abseits richtig wohl fühlen und hat das Zeug dazu, dort auch länger zu bleiben!

OLYMPUS DIGITAL CAMERADen Clou habe ich aber erst beim Schreiben dieser Kolumne entdeckt. Da steht ganz hinten unten auf dem Etikett nämlich der Satz: „Gebraut in Wiesen für die Hans Müller Sommelierbier GmbH, Aschaffenburg, […]“ Nun muss man dazu wissen, dass ich ja erst im Spessart war und unter anderem mal beim Bürgerlichen Brauhaus in Wiesen vorbeigeschaut habe, deren Biere (zum Beispiel das Pompejanus, über das ich vor Kurzem geschieben habe) ich ganz nett finde.

Und diese Mischung aus hippem Bier, Bier-Sommelier und ganz traditioneller Brauerei finde ich schon wieder so schräg, dass es richtig geil ist! Die Welt ist halt doch nicht so schwarz und weiß, wie ich anfänglich gedacht hatte …