Franken ist ja das Bierland schlechthin. Das ist so, das weiß man und das wird so mancher Fremdenverkehrsbund nimmer müde zu betonen. Geht man so durch die Straßen, reiht sich Gasthaus an Gasthaus, Kneipe an Kneipe und Brauerei an Brauerei. Vier Kneipen, 8 verschiedene Biersorten, so möchte man meinen. Für das zentrale Ober- und Mittelfranken, also das goldene Dreieck von Bamberg in die Fränkische Schweiz mag das ja stimmen. Aber an Frankens „Rändern“ sieht die Sache anders aus: Die Biervielfalt in Kulmbach beschränkt sich schon längst auf die Variationen der Marke Kulmbacher im Kleid von EKU und Mönchshof. Aschaffenburger Kneipen werben mit unterschiedlichen Auslegern für die gleiche Firma: Hinter verschiedenen Schlappeseppel-, Eder- und Heylands-Werbeschildern verbirgt sich immer Eder&Heylands aus Großostheim. Schon das Bamberg relativ nahe liegende Würzburg kennt fast nur Würzburger Hofbräu und diverse Fernehbier-Kneipen. Dabei findet sich auch dort überall Abwechslung, wenn man nur sucht: In Kulmbach mit der Kommunbräu, in Aschaffenburg mit der Schwindbräu und in Würzburg mit der Fränkischen Hausbrauerei Goldene Gans.

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„Fränkische Hausbrauerei“, der Titel schreit nach einer Exkursion und einem Testbier, zumal mit einem idyllischen Biergarten zu Fuße der alten Brücke geworben wird. Die Vorfreude war groß, die Ernüchterung leider auch. Am naturtrüben Hellen selbst hat es nicht so sehr gelegen: Hell-orange Farbe, ein Schaum, der schnell zerfällt, viel moussierendes CO2, ein fruchtiger Geruch wie nach Apfelmost – damit kann sich der Biertrinker in einer Weinstadt arrangieren. Auch der Geschmack ist ungewöhnlich, aber mehrheitlich in Ordnung: Anfangs fruchtig-süß, ja wirklich ein wenig wie Most – da kommt die Hefe mit durch –, mittendrin maischig-getreidig, weicher Abgang, eine Spur von Hopfen ist auch drin. Als Nachhall bleibt Säure im Mundraum zurück, wo sich sonst gekonnt Hopfenbittere übers Malz schiebt. Ein interessant fruchtig-süßliches Kellerbier und so ganz anders als die kernigeren Oberfranken in dieser Bierklasse. Eine Alternative zum übermächtigen Hofbräu ist es auf alle Fälle.

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Was dann aber doch irritiert ist neben dem Bierpreis – 3,10 für ein Seidla!!! – die äußerst freie Interpretation des Begriffs „fränkisch“. Sicher, die Speisekarte kennt Bratwurst&Co. Aber die Bedienungen tragen Lederhosen und Dirndl. Das sieht in Weinfranken ungefähr so heimatlich aus, wie eine Kimono tragende Bedienung im Hofbräu! Da mögen die Pictogramme auf dem Toilettenschild, bei dem die Männer mit Lederhose und die Damen mit Dirndl ausgewiesen werden, ja fast noch witzig wirken. Zur Verdeutlichung fränkischen Biergartenvergnügens sieht man aber auf der Speisekarte Urbayern mit Prinz-Leopold-Bart und König-Ludwig II-Schafkopf-Blatt.

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Nein, beim besten Willen: DAS GEHT GAR NICHT! Wenigstens war die Tischdekoration grün-weiß-kariert statt weiß-blau. Trotzdem: Auch wenn Touristen die Hauptzielgruppe sind – wer sich fränkisch nennt, sollte auch so daherkommen. Alles andere ist doch – mit Verlaub – Verarsche. Dem Touristen fällt’s nicht auf, der macht ein Foto von Bier, Bedienung und Dirndl. Dem Franken bleibt aber ein schaler Nachgeschmack – und der kommt diesmal nicht vom Bier.