Es dürfte wohl so ein paar Jahre her gewesen sein, da gab es mal eine Diskussion im angestoßen durch einen Artikel im Fränkischer Tag  über die Verwendung von Hopfenextrakt. Die „Fronten“ waren relativ schnell klar: Die einen können in der Verwendung des Extrakts nichts Schlimmes erkennen, die anderen beharren darauf: Ein „echter Brauer“ hat so Zeug nicht nötig. Als ich vor einigen Tagen über Röstmalzbier geschrieben hatte, waren ähnliche Kommentare zu hören.

Auch da heißt es schnell, dass „ein echter Brauer“ sowas nicht nötig habe. Nun bin ich in Sachen Röstmalzextrakt, den ich für einen Farbstoff halte, und Hopfenextrakt durchaus zwiegespalten: Ich kann es durchaus nachvollziehen, wenn Brauereien diese Stoffe bei der Bierherstellung verwenden. Seien es nun ökonomische Gründe, die dafür sprechen, oder andere. Wie schon häufiger erwähnt: Wer täglich angefangen beim morgendlichen Joghurt bis hin zum abendlichen Frischkäse natürliche oder naturidentische (oder woher auch immer) Farbstoffe frag- und klaglos akzeptiert, der braucht sich über Farbebier (Pardon, es muss natürlich Röstmalzbier heißen, denn Farbebier klingt ja zu sehr nach Farbstoff) im „Reinheitsgebot“ nicht aufregen!

Burggraf Dunkel

Dennoch bleibt ein schaler Nachgeschmack, ganz besonders, wenn Brauereien wie die Lang Bräu in Schönbrunn bei ihrem Burggraf Dunkel besonders mit der Farbe ihres Bieres werben und mit dem seit Generationen überlieferten Rezept. Denn dann, so finde ich, darf ich schon mal fragen, ob die – ohne Frage sehr schöne Farbe – mehr der „besonders intensiven Farbstärke des verwendeten Malzes“ geschuldet ist, wie es die Homepage verspricht, oder doch mehr dem Farbstoff Röstmalzbier. Oder ist mir wohlklingenden Floskel gar das Röstmalzbier selbst gemeint? Und seit wie viel Generationen steht das Röstmalzbier eigentlich im Rezept? Farbebier wird in Deutschland seit 1893 hergestellt. Da gründete Carl Betz in Celle die erste Farbebierbrauerei. In Franken war es die Mälzerei Weyermann®, die seit 1902 Röstmalzbier herstellt. Sicher, das reicht für den Satz „seit Generationen“. Trotzdem bleibt ein wenig „Nachgeschmack“.

IMAG1710

Übrigens nur beim „Image“, nicht beim Bier selbst. Das ist ein wirklich schönes, nicht zu schweres Dunkles. An dem hatte ich wenig bis nichts „zu kritteln“. Das Malz ist nicht zu schwer, der Körper angenehm voll. Im Sommer haben es dunkle Biere ja immer ein wenig schwerer, vielen sind sie zu „mastig“, aber da hält sich der dunkle Burggraf vornehm zurück, schmeckt aber auch nicht zu leicht. Vor allem im Abgang und im Nachhall kommen die Röstaromen schön durch. Auch der Wechsel von der anfänglichen, angenehmen Süße zur Trockenheit dunkler Malze hin gefällt mir. Selbst der Hopfen darf sich ein wenig zeigen. Der verschwindet ja zumeist hinter zu viel Malzbreite. Aber da macht sich sicher der Einsatz des Röstmalzbiers bemerkbar: Tiefe Farbe ohne alles hinter Kaffee- und Schokoladenaromen zu verbergen. Und süffig ist das Burggraf Dunkel auch – auch, wenn ich z. B. den erst kürzlich besprochenen Rhöner Urtyp Dunkel in seiner Malzaromatik komplexer und interessanter fand.  Der war ja laut Etikett auch nicht mit Röstmalzbier, dafür wohl aber mit Hopfenextrakt gebraut.

Ich habe ja auch nichts gegen die Verwendung solcher Extrakte und Farbstoffe. Sie sind laut „Reinheitsgebot“ (also laut vorl. Biergesetz) legal. Und jeder Konsument kann – sofern er aufgeklärt ist und weiß, worum es sich dabei handelt – selbst entscheiden, ob er sie in seinem Bier haben will oder nicht. Allerdings sollte man nach meinem Dafürhalten nicht so sehr betonen, dass das verwendete Malz für die Farbe verantwortlich ist, wenn dann am Ende ein Farbstoff verwendet wird. Und wenn ein Farbstoff verwendet wird, sollte er auch immer angegeben werden müssen. Dann ob und wann Röstmalzbier angegeben werden muss, hängt in Bayern von vielen Faktoren ab. Nachlesen kann man das im Skript über Die Kennzeichnung von Bier /Lebensmittelrechtliche Verpflichtungen bei der Etikettengestaltung von Dario Cotterchio.

Deklariert werden muss Röstmalzbier nach bayerischem Verständnis nämlich nur dann, wenn ein Bier als Dunkles bezeichnet wird – bei untergärigen Bieren also mind. 40 EBC, bei obergärigen mind 30 EBC als Farbwert erreicht werden – und dabei weniger als 50 % dunkles Malz verwendet wird. Denn mit weniger als 50 % dunklem Malz wäre es ein – Zitat – „nachgemachtes Lebensmittel“, das sich aber trotzdem „gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot“ nennen darf. Heißt im Umkehrschluss: Bezeichnet man sein Bier nicht als Dunkles oder liegt die Farbe über den genannten Werten, muss Röstmalzbier nicht deklariert werden. Man hat es also wahrscheinlich noch viel häufiger in seinem Bier, als man es ahnt. Nach einer Untersuchung von Karlsruher Lebensmittelüberwachern wurde bei 50 % der untersuchten Proben dunkler Biere kein einziges Gramm dunkles Malz verbraut! Bei weiteren 22 % wurde Farbebier zusätzlich zu dunklem Malz verwendet. Nur 18 von 80 Dunklen wurden ohne Röstmalzbier gebraut! Ausrechend angegeben war der Farbstoff jedoch nur bei 8 Bieren!

Klipp und klar ausgedrückt, wird ein häufig ein Helles Bier gebraut, nachträglich ein Teil davon umgefärbt und dem Konsumenten so derselbe Sund als traditionelles Helles und (gerne auch ein wenig teurer) als „Dunkle Spezialität“ verkauft!

Solche „Tricksereien“, bei anderen Lebensmitteln würde man sogar von Skandalen sprechen, sind es, die bei mir beim Genuss eines Dunklen mit Röstmalzbier einen schalen Nachgeschmack verursachen!

REINHEIT hat eben auch viel mit EHRLICHKEIT zu tun!