Besonders berückend war die „Hell-Week“ mit Bieren der mittleren bis unteren fränkischen Preisklasse ja noch nicht. Bestenfalls das EKU Hell konnte als Bier mit Charakter durchgehen. Und in Sachen „Drinkability“ wäre vielleicht die Frankenhalbe Helles auf Platz eins – das aber auch nur, weil sie so unauffällig war, das daran nichts Störendes zu finden war. Dann hätte man aber auch Wasser trinken können. :-(

Aber ich gebe nicht auf, denn der „Discountbier-Markt“ ist größer, als man denkt. Da warten noch so viele Biermarken wie Wallburg (Eschenbacher), Domfürsten und Bamberger Bürgerbräu (beides Kaiserdom) und, und, und auf ihre Verkostung. Je genauer man da hinschaut, desto mehr findet man. Und in den „offiziellen“ Bierführern steht nirgends etwas über diese Biere, was mehr als verständlich ist. Schließlich wollen die Brauereien ihre teureren „Premium-Produkte“ vermarkten.

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Vielleicht bin ich diesen Billigbier-Test aber auch falsch angegangen? Schließlich weiß ich ja, dass ich „Billigbier“ trinke, was sicher mein Urteil beeinflusst. Bier lebt ja shließlich auch von seinem Image. Und bei einem Discounterbier im Sommelierglas sind negative „Vibrations“ schon vorprogrammiert. Vielleicht müsste ich mir diese Biere eher in ihrem „natürlichen Habitat“ ansehen, um ihrer Funktion und ihrer geschmacklichen Ausprägung gerecht zu werden? Da trifft es sich gut, dass ich – wie nahezu immer – ein Päckchen Nürnberger Bratwürste und – wirklich nur ausnahmsweise für diesen Test – eine Flasche Patrizier Hell.

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Nürnberger Bier (aus Fürth!) und Nürnberger Bratwürste auf Kraut!

Das müsste doch jetzt passen. Das wäre doch sozusagen ein Heimspiel für das Patrizier Hell. Das müsste doch auch im Sinne von Beer-Food-Pairing ein geschmacklich ansprechendes Ergebnis geben, oder?

Um es kurz zu machen: Tut es nicht. Oder sagen wir es so: nur bedingt. Auch das Patrizier Hell ist optisch kein schlechtes Bier. Und dass sich unter den Zutaten Hopfenextrakt findet, stört auch in der Regel kaum einen Bierfreund mehr. Die deutsche Brauwirtschaft hat längst ihren Frieden mit dem billigeren und leichter zu handhabenden Extrakt gemacht. Und seitdem auch nicht mehr mit gefährlichen Chemikalien wie Methylenchlorid oder ähnlichem extrahiert wird, ist das Zeug auch nicht mehr gesundheitsschädlich. ;-) Wobei es das vorher wahrscheinlich auch nicht war – nur eben nicht „rein“ im Sinne eines reinen Biers. Ob man jetzt Hopfenextrakt akzeptabel findet oder nicht, hat aber nichts mit dem Preis eines Biers zu tun. So manches „Premium-Pils“ bekommt nur noch Hopfenextrakt, bei weit höherem Preis. Gleichwohl wäre „natürlicher Hopfen“ in Form von Dolden oder Pellets schöner. Wo aber in Massen gebraut wird, kann man sich den Luxus einer „echten Hopfengabe“ – vielleicht sogar noch von Hand – nicht leisten.

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Aber zurück zum Patrizier Hell. Auch bei dem fällt auf, dass es recht „flach“ daherkommt. Die 4,8 % Alkohol sind Durchschnitt. Viel weniger als die 4,7 % des Steigerwald Hell würde der Discount-Kunde wohl nicht akzeptieren. Viel mehr als die 4,9 % des EKU Hell die Controller nicht durchgehen lassen. Dabei gibt es auch schmackhafte helle Lagerbiere mit viel weniger Alkohol. Ich erinnere da nur mal ans Schlenkerla Lager mit seinen sagenhaften 4,3 %.  Aber im Massenbier-Segment ist Charakter nur bedingt erwünscht. Siehe Patrizier Hell: Pur getrunken zeigt es wenig Körper, ein wenig mildes Malz – dann aber ein zum Mittelfeld einsetzendes Hopfenaroma, das sich zwar bis in den Abgang und Nachhall retten kann, ansonsten aber kaum Herbe mit sich bringt. Was dem Bier zwar einerseits Trinkbarkeit, andererseits aber nicht unbedingt Charakter verleiht. Wenn ich es mit den Bieren der letzten Tage vergleiche, sortiert es sich irgendwo zwischen dem EKU und der Frankenhalben ein. Nichts Halbes und nichts Ganzes.

Patrizier Hell 4Mit Bratwürsten, Kartoffeln und Kraut allerdings wird es ein klein wenig besser. Denn dann fällt die geschmackliche Reduktion des Biers nicht mehr so auf. Da, wo es dem Bier fehlt, springen die Aromen des Essens ein. Das passt zusammen, wobei die Bratwürstchen ebenfalls „Industriewürstchen“ waren. Massenbier zu Massenwürstchen? Muss ja passen. :-( Und nach dem dritten oder vierten wäre es wohl auch egal, wie es schmeckt. Aber soweit, dass ich das ausprobieren möchte, geht meine Testleidenschaft doch wieder nicht.
Wenn ich von bei einem Bier weitertrinke, dann weil ich es schmeckt – nicht, weil ich noch länger nach Aromen suchen muss oder weil es Alkohol enthält!