Wenn ich mich so meist morgens zwischen Auftsehen und Frühstück hinsetze und meinen Essay für diesen Tag schreibe, dann “träume” ich ja davon, mit meinen Geschichten eine Art locker-flockiges Infotainment zu liefern. Man soll sich gut unterhalten fühlen und auch etwas mitnehmen können. Und im besten Fall hat man nach dem Lesen Durst auf das eine oder andere gute fränkische Bier.
Allerdings schreibe ich auch vieles, was in die Kategorie Nutzlose Informationen gehört, mit denen man nicht einmal auf den fadesten Partys punkten kann. Dass das oberfränkische Drügendorf um ca. 207 Kilometer näher an München als an Dortmund liegt und sogar um 322 Kilometer näher an München als an Wien, interessiert wohl höchstens lokale Fußball-Fanclubs. Mit Bier hat diese Information auf den ersten Blick nichts zu tun.
Außer man schenkt sich ein Export der Brauerei Först mit dem goldenen Löwen im Wappen ein. Dann schaut man unweigerlich schon mal nach, ob Oberfranken über Nacht nicht doch vom rot-weißen Landesteil nicht über Nacht ins rot-weiß-rote Nachbarland gewandert ist. Bei export-Bieren unterscheidet man gemeinhin nämlich zwischen dem hellen Dortmunder Export und dem dunklen Münchner Export. Ersteres findet man in Franken relativ häufig, letzteres ist dagegen seltener. Wer darin einen Ausdruck fränkisch-bayrischer “Frotzelei” sehen mag, kann das gerne tun. Die meisten schwereren Dunklen heißen aber hierzulande einfach nur nicht Export.
Dass ein Export eine rotgoldene Bernsteinnote zeigt, ist dagegen selten. In Franken sogar sehr selten. Eine solche Farbe erwartet man eher von einem Märzen. Die Farbe ist jedenfalls sehr elegant. Und die Farbe ist der Grund, wie ich auf Wien kommen. Denn als dritten – webbauch seltenen – Export-Typ gibt es das Wiener Export, ein kräftigeres rotgoldenes Bier, das seinen Namen vom verwendeten Wiener Malz herleitet. “Entwickelt” haben das Wiener Export Mitte des 19. Jahrhunderts zwei Brauer in London! Einer der beiden kam aus München, der andere aus Wien. In München würde der Typ des Wiener Export übrigens einem Märzen oder Oktoberfestbiers entsprechen. Nur in Wien nannte man das Bier nach der österreichischen Hauptstadt. Und eben in Drügendorf …
Aber jetzt genug der nutzlosen Details. Ich will mich ja nicht an der Farbe aufhängen. Was nützt die schönste Farbe, wenn der Geschmack nichts tauft? Das Först Export aus Drügendorf zeigt für ein Export ungewöhnliche Noten nach Karamell und herzhaftem Landbrot. Sieht man nicht auf die Flasche, denkt man an ein Märzen. Getreidig ist die Basis, durchaus auch ein wenig unterschwellig süß. Die Vollmundigkeit ist nicht ganz so hoch, das Bier wirkt dadurch ein wenig leichter. Hintenraus wird es zum einen ein wenig herber, bekommt eine trockene Herbe wie gut gebackene Brotrinde. Außerdem darf der Hopfen sich gegen Ende hin deutlicher zeigen. Das ist ein richtig ordentliches Bier vom Land. Nicht der Brüller, aber mehr als nur ordentlich.
Ich beende damit jedenfalls meine heutige Kolumne. Schließlich werde ich ja dafür bezahlt, nützliche Informationen an meine Studenten weiterzugeben. Obwohl den einen oder anderen das mit dem Bier mehr interessieren dürfte als das mit den Partizipialkonstruktionen.
P.S.: Nur mal so nebenbei: Das Bier des Tages wird heute drei Jahre alt. Aber eigentlich mag ich ja keine Geburtstage, deshalb mache ich da jetzt auch kein großes Fass auf. ;-)
Noch keine Kommentare