Wenn wir grade bei Orten (und damit natürlich Brauereien) sind, die ich bisher noch nicht kannte, steht Untererthal ziemlich weit oben auf der Liste. Untererthal liegt in Unterfranken, nördlich von Hammelburg. Auch der Ort ist recht alt, die Erstnennung stammt aus dem Jahr 777. Aber das lässt sich alles bei Wikipedia nachlesen. Lustigerweise wird im Wikipedia-Artikel besonders der Gasthof Goldenes Kreuz hervorgehoben, Einem sehenswerten Barockbau aus dem dem Jahr 1733, der unter Denkmalschutz steht. Was der Wikipedia-Artikel aber verschweigt, ist, dass das Goldene Kreuz auch die Libertus Craft Brewing beherbergt. Den Gasthof und die Brauerei führen Dave und Denise Renninger, er ist aus den USA zum Studium nach Deutschland gekommen, sie ist die Tochter der Gastwirte des Goldenen Kreuzes. Er interessiert sich für Craftbier und Brauen und  experimentierte am Einkochtopf , sie ist ausgebildete Biersommeliere. Die ideale Voraussetzung für interessante Biere aus der Craft-Ecke. Aber eben nicht nur …

 

Schließlich ist der Franke in Sachen Bier ein schwieriger Gast. Wir Franken sind neugierig, aber auch reserviert, begeisterungsfähig und zugleich auch kritisch. Wir lieben es, neue Biere zu entdecken und lehnen doch viel zu schnell „Ungewöhnliche Biere“ ungetestet ab. Schließlich wissen wir – haben es sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen –, wie Bier auszusehen und zu schmecken hat. Insofern ist eine Craftbrauerei auf dem Land immer auch ein kleines Wagnis. Dass es aber gut funktionieren kann, wenn man seine Biere nicht an seinem Stammpublikum vorbei braut und vor allem Biere auch gut erklärt. Aber da muss man sich bei Libertus keine Sorgen machen.

Das erste Bier, das ich vorstellen möchte, ist – natürlich! – der Rote Franke. Unter einem „roten Franken“ kann man sich ja viel vorstellen. In Altbayern versteht man unter „roten Franken“ die Tatsache, dass es im tiefschwarzen Fleisch der Bayern, der CSU-Erbmonarchie einen roten, sozialdemokratischen Stachel gibt. In Unterfranken würde man bei einem roten Franken an einen der selteneren, aber durchaus hochwertigen Rotweine vom Untermain denken. Alles legitim und so weit bekannt. Selbst ein rotfarbenes Weizen käme einem in den Sinn. So ziemlich alles – nur sicher kein Irish Red Ale! Dabei passt der Bierstil durchaus zu uns Franken: Leuchtend rotes Bier mit weißer Schaumkrone! Da muss man als Franke schwach werden. Und kam nicht der Patron Frankens St. Kilian nicht auch aus Irland? Na also!

Auch beim Geschmack fühlt sich das Bier gar nicht fremd an. Das liegt an der moderaten Bittere von gerade mal 20 IBU und an der malzigen Grundsüße. An Bittere gibt es gerade so viel, wie es braucht, damit das Bier nicht zu süß wirkt. Die Malztöne erinnern an Karamell und brotige Noten. Das kennt der Franke und das mag er. An Hopfen wurde East Kent Goldings verbraut, also ein klassischer Hopfen, wenn auch kein klassisch deutscher. Von den Aromen her geht er in Richtung würig und erdig. Auch das passt zum Bier und irgendwie auch zu Franken. Wenn man so will, ist der Libertus Roter Franke ein wenig wie ein Wolf im Schafspelz.kein allzu bissiger Wolf (12,5 % Stammwürze, 5,0 % Alkohol), aber ein verdammt süffiger. Ich schätze, dass der Rote Franke verdammt gut ankommt. Man muss uns Franken ja nicht extra auf die Nase binden, dass wir gerade ein Irish Red Ale süffeln.