In den letzten Tagen gab es ja wieder mal einige sogenannte Craft-Biere. Das ist ja ein Begriff, der immer wieder ein wenig zu Verwirrung führt, denn gemeinhin werden damit „neue Bierstile“ bezeichnet.Würde man den Begriff aber wörtlich nehmen, müsste man jedes handwerklich gebraute Bier als Craftbier verstehen. Und damit wären, so hört man immer wieder, 90 % aller deutschen Brauereien Craftbier-Brauereien. Andererseits wäre Craftbier von Großbrauereien mit dieser Definition gar nicht mehr so „crafty“.

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Interessanterweise springen viele Klein- und Kleinstbrauereien nicht mal auf den „Craftbier-Zug“ auf. Denn so zugkräftig dieser Begriff auch immer wieder durch die Medien „stampfen“ mag, Begriffe wie „Heimat“, „Tradition“ oder „Natürlichkeit“ ziehen beim Verbraucher bisweilen noch deutlich mehr. Zumindest hier bei uns in Franken. Nehmen wir nur mal eine Brauereineugründung wie die Stadelhofener Pfarrbräu in der Nähe von Karlstadt. Alleine der Name „Pfarrbräu“ klingt nach Tradition und Bodenständigkeit. Dass immer wieder auch mal moderne Bierstile gebraut werden, verheimloicht die Homepage nicht, aber es wird auch deutlich, dass auf IPA & Co. nicht das Hauptaugenmerk liegt, ja nicht mal als „Zugpferd“.

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Quelle: http://www.pfarrbraeu.de/20_Spezialbiere/Spezialbiere.html

Auf der Homepage sind IPA, Ale oder Stout im Vergleich zu Maibock, Mehrkornbier oder Märzen richtiggehend klein und versteckt. Und zu den Standardsorten gehören eh ein dunkles Kellerbier, ein Weizen und ein „Kellerbier Hell“ genanntes Kellerpils.

Wobei auch das eigentlich ein „neuer Bierstil“ ist. Denn per Definition widersprechen sich ja die Begriffe „Pils“ und „naturtrüb“. Ein Pils hat klar, ja schon feinglänzend-blank filtriert zu sein. Dass das zulasten des Geschmacks geht, erkennen immer mehr Brauer und auch Bierfreunde. Der Ausweg ist ein stärker gehopftes helles Vollbier, das aber kaum bis gar nicht filtriert wird. Und damit liegt es eigentlich gar nicht so weit von dem entfernt, was gemeinhin als Craftbier bezeichnet wird. In einem unterscheidet sich so ein „traditionelles“ Kellerpils aber deutlich von den meisten Craftbieren: in den Hopfensorten.

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Denn das Pfarrbräu Kellerbier Hell Pilsner Brauart, das auf der Homepage als Kellerpils vorgestellt wird, ist durch und durch konventionell gehopft. Das heißt, dass das sehr spritzige, hellgelb-trübe Bier mit der schönen Schaumkrone, eben nicht nach „Litschi und Mango“ schmeckt, sondern ordentlich und richtig gut nach fruchtigem, traditionellem Hopfen. Zu diesen klassisch fruchtig-blumigen Noten kommt auch eine ordentliche Bitterem die aber – und das ist der Vorteil von so einem Kellerpils – von der Hefe aufgefangen wird. Ein wenig unterschwellige Süße ist auch noch dabei. Doch, das gefällt mir, vor allem, weil es dank der vielen Kohlensäure so schön spritzig frisch wirkt.

In noch einem Aspekt ist dieses Bier übrigens den in den letzten Tagen vorgestellten Craftbieren näher, als man vielleicht im ersten Moment denken mag. Den „Erfolg“ seiner Kleinstbaruerei (mit geplanten 550 Hl Ausstoß im Jahr!) erklärt der Braumeister Wolfgang Seufert in einem Interview mit der Mainpost wie folgt: „Die Leute haben von den Großen die Schnauze voll. Durch die Wirtschaftskrise haben sie gemerkt, dass sie in der globalisierten Welt ihren Job schnell verlieren können.“ Und als Grund für die eigene Brauereigründung nennt er unter anderem seinen beruflichen Werdegang, der ihn „in eine große [Brauerei] bei Eltmann-Eschenbach in der Nähe von Bamberg“ geführt hatte, „wo er zuletzt Billigbier für Edeka herstellte„. In der Mainpost kommentierte er das lapidar mit dem Satz: „Das war nicht so meins“.

In der internationalen Craftbierszene klingt das häufig nicht unähnlich.