Es tut sich was in Franken. Das hatte ich gestern ja schon mal beim Antla Schluck Spezial geschrieben. Es tut sich was, wenn im eigentlich biertechnisch recht konservativen Franken plötzlich überall „Craftbiere“ gebraut werden. Und wenn ich sage überall, meine ich auch überall – zum Beispiel bei der Brauerei Göller in Drosendorf. Dort braute der Bräu Georg Göller zusammen mit Bamberg TV1 für den Tag des Bieres ein Craftbier ein, den Gaumenkitzler.
Bierbrauen – die Reportage from Bamberg TV1 on Vimeo.
Nun ist es schon lustig, wenn man die Berichterstattung des lokalen TV-Senders über das „eigene Craftbier“ verfolgt. Denn in gewisser Weise dokumentiert es die „Sprachlosigkeit“ des Bierfranken, wenn er auf „Craftbier“ trifft. Da wird nicht über Hopfensorten diskutiert, sondern – Bier ist schließlich Männersache! – darüber „philosophiert“, dass Treber „pralle Euter“ macht … Tja, da bleibt man kurz sprachlos.
Viel Infos rund um das Bier gibt’s trotz des „TV-Rummels“ trotzdem nicht. Also nicht so wie beim gestrigen Antla Schluck Spezial. Als Zutaten stehen auf dem Etikett „Wasser, Malz, Hopfen, Hefe“. Welche? Wurscht! Hauptsache, es schmeckt!
Die Farbe ist schon mal genial! Dieses trübe Kupferrot ist schon mal gelungen. Und wenn man so will, trifft es die Richtung des für ein fränkisches Bier schon ungewöhnlichen Etiketts. Beim Geruch hat man schon mal fruchtige Beerenaromen in der Nase. Und auch auf der Zunge überrascht der Gaumenkitzler durch seine deutliche Fruchtigkeit. Kein Vergleich zu den durchaus ein wenig kantig wirkenden „normalen“ Bieren beim Göller. Erdbeere, Himbeere … Huell Melon soll dabei sein. Und nicht gestopft, sondern auf dem Kühlschiff gehopft, habe ich vom Senior-Chef gehört, als ich mir ein Fläschchen holen ging. Wobei das mit dem Huell Melon nicht so deutlich kam. Mehr so, dass ein Melone-Hopfen drin sei. Und wenn ich mich recht erinnere, soll Spalter Select auch verbraut worden sein. Kann mich aber auch täuschen. Aber wie gesagt, darüber diskutiert der Bierfranke nicht. Auch nicht darüber, wie schön sich die Fruchtaromen und die Malzsüße ergänzen. Oder darüber, dass es im Vergleich zu vielen anderen IPAs gar nicht so extrem bitter ist. Die „herbe Note“, die das Etikett verspricht, kenne ich gerade bei IPAs anders. Jetzt wäre eine IBU-Angabe ganz nett. Aber ich bin da nicht mehr der typische Bierfranke. Für den gibt es ja häufig nur zwei Kategorien beim Bier: Schmeckt oder schmeckt nicht! Und deshalb lasse ich noch mal die Kollegen von Bamberg TV1 herumfragen, wie der Gaumenkitzler so ankommt …
(Die ersten 45 Sekunden sind „Werbung“ bzw. eine Stellenanzeige, die müsst ihr bitte vorspulen.)
Ein Gaumenkitzler ist nicht der Zahnarzt from Bamberg TV1 on Vimeo.
Mein Fazit ist: Ordentlich, aber mit noch ein wenig Luft nach oben. Meiner weltbesten Biertestergattin gefiel es sogar noch ein wenig besser als mir. Aber – und das muss man immer mit im Blick haben – die Brauerei Göller sitzt in Drosendorf! Und da kann man viel machen, aber kein urbanes „Hipster-IPA“ auf den Tisch stellen. Dass so ein Bier überhaupt beim Bierfranken ankommt, ist ja schon mal etwas, was man sich vor Jahren nie hätte vorstellen können. Und in der bundesdeutschen Craftbierszene düfte so manchem der Mund offen stehen bleiben, wenn er sieht, wie in Drosendorf „ein IPA“ „seidlaweise“ eingeschenkt und getrunken wird. Wobei man fairerweise dazu sagen muss, dass dieses hier nur 5,0 % hat. Kein Vergleich also zu den deutlich stärkeren IPAs im Rest Deutschlands. Überhaupt ist es gar nicht so einfach, den Gaumenkitzler im Craftbierkoordinatensytem zu verorten: Nicht hip, nicht Gourmetbier – auch wenn man für die Flasche mit 2,50 € und nochmal 2,50 € Pfand für fränkische Verhältnisse (halb Danke für den Hinweis, dass ich mich da verrechnet habe) so viel bezahlt wie für ein 10er Fass Lager!
Es tut sich also tatsächlich überall etwas in Franken, auch wenn die Schritte oft klein sind und hier und da „zu Sprachlosigkeit“ führen.
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