Heute will ich mich nochmal mit der Verpackung des Bieres beschäftigen. Nein, keine Sorge, ich trinke kein Bier aus PET-Flaschen und stelle es hier vor, auch wenn man hier und da mal liest, hinter Discounter-Bier in Plastik könne sich die eine oder andere „Großbrauerei“ auch aus Franken verstecken. Es geht um das zweitgrößte „No Go“ bei Bierliebhabern neben Bier aus Plastik: Dem Schraub- oder Andrehverschluss. Denn der, so kann man es eigentlich seit gut 10 Jahren immer wieder lesen und hören, sei auch bei Bier ein Trend und verspreche vor allem einen Vorteil: Wiederverschließbarkeit. Dem Konsumenten seien 0,5l Bier manchmal zu viel und deshalb würde er ein Gebinde, das er wieder verschließen könne, früher oder später bevorzugen. Die Systempack Manufaktur zitiert dafür aus dem Brauerei Journal 11/99: „Ein Glas frisches Bier ist ein Genuss. Doch wohin mit dem angebrochenen Rest aus der handelsüblichen 0,5l Flasche, das fragen sich immer mehr Verbraucher. Seitdem eine verschärfte Promillegrenze nur bedingten Bierkonsum gestattet, gerät der bislang übliche Kronkorken-Verschluss zwangsweise in Verruf. Mit ihm lässt sich die Bierflasche nicht wieder ordentlich verschließen. Die Folge : praktische Schraubverschlüsse – wie bei Mineralwasser und Limonaden längst üblich – kommen nun auch bei Bier in Mode. Erste Anbieter haben Erfolge.“
Als Beispiel für diese Erfolge wird eine pfälzer Brauerei erwähnt, die durch Schraubverschlussflaschen ihren Verkauf im 0,5l-Marktsegment deutlich steigern konnte. Und auch neuere Studien, wie die vorgestern erwähnte Biermarkt-Studie der Gesellschaft für Verpackungsforschung aus dem Jahr 2009, sieht den Anrollverschluss noch als Trend der Zukunft.

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Nun bin ich ja eigentlich kein Marketing-Mensch und BWL habe ich auch nie studiert. Aber ich kenne den fränkischen Biermarkt ein wenig und beobachte ihn seit den Neunziger Jahren mehr oder minder genau. Und als Bierfranke muss ich sagen, dass der Schraubverschluss hierzulande nicht das Potenzial hat, das ihm zugetraut wird. Ein einfaches Beispiel:
Mitte der Neunziger Jahre gab es im Raum Lichtenfels/Kulmbach zwei ähnlich große Brauereien: Püls-Bräu aus Weismain und Leikeim aus Altenkunstadt. Püls braute 80.000hl/Jahr und schenkte diese u.a. in ca. 250 eigenen Gaststätten aus. Leikeim braute 70.000hl/Jahr und kam gerade mal auf 170 Gaststätten. Klarer Vorteil für das Püls-Bräu. Beide Brauereien mussten damals der gewachsenen Kulmbacher-Gruppe etwas entgegensetzen. Leikeim entwickelte erst das Original, dann das Premium und stellte das Sortiment konsequent auf Bügelverschluss um – Püls entwickelte die Marke Weismainer (analog zum Kulmbacher) und setzte auf den Drehverschluss im ganzen Sortiment. Heute definiert sich die Brauerei Püls als regionaler Anbieter, der in einem Umkreis von maximal 100km sein Bier vertreibt, während Leikeim als überregionaler Anbieter gerüchteweise bis zu 500.000 hl Getränke pro Jahr produziert!
Nun liegt es natürlich nicht nur am Verschluss, dass „der Leik den Püls“ so weit überholt hat. Der coolere Bügelverschluss (und die anfänglichen Reliefflaschen) hatte aber einen nicht unerheblichen Anteil daran.

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Und genau so präsentiert sich der Leikeim Wintertraum heute auch: Typisches Leikeim-Etikett mit Premium-Anstrich, Bügelverschluss. Nur der Hauch Regionalität, den es früher noch gab, ist verschwunden. Da macht sich bemerkbar, dass man Leikeim mittlerweile überall in der Republik bekommen kann.
Das Bier selbst ist golden und trägt obenauf ein Schaumkrönchen, das in seiner kompakten Dichte schon fast an eine Kaffeecrema erinnert. Sieht aus, wie es aussehen soll, um einfach nur gut auszusehen. Auch die Nase erschnuppert Ausgewogenheit, die nur minimal in Richtung Hopfen zieht. Und der Geschmack? Vorneweg ertsmal eine Spur malzig, im Mittelteil betont weich, bevor es zum Abschluss leicht herb werden darf. Sowas ist gefällig, vielleicht sogar ein wenig zu gefällig. Soll heißen: Bei dem Bier wollte der Brauer auch wirklich nichts verkehrt machen – und macht es damit aber auch nicht richtig. „vollmundig und würzig“ nennt das das Etikett. Aber wer um die charaktervollen Schätze der fränkischen Braukunst weiß, dem ist der Leikeim Wintertraum zu wenig vollmundig und zu charakterarm. Immerhin muss man dem Leikeim Wintertraum aber zugute halten, dass der Brauer das Hopfenfinish fränkisch mild gehalten hat. Mit einem „überpilsten“ Abgang hätte man das Bier auch versauen können.
Nun ja, die 500.000hl/Jahr wollen ja auch verkauft werden. Und vom Wintertraum verkauft die Brauerei Leikeim sicher auch genügend. Nur ob ihre überregionale Ausrichtung bei dem fränkischen Kunden so gut ankommt, ist die andere Frage. Die Brauerei Püls hält z. B. in letzter Zeit mit dem Spruch: „fröhlich – fränkisch – frisch“ und regionalen Marken gegen Leikeims „I LEIK IT“ und urbane Ausrichtung. Wer in 10 Jahren wo die Nase vorne hat? Wir werden es sehen …