Ok., mit dem heutigen Bier des Tages bin ich eigentlich schon wieder viel zu spät dran. Technisch ist ja noch Herbst, also passt das neue Herbst-Ale vom Brauhaus Binkert noch in den Plan. Aber schaut man aus dem Fenster und sieht sich Temperaturen um den Gefrierpunkt an, dann weiß man, dass die Erntezeit schon lange rum ist. Und damit auch die Zeit fürs Mainseidla Craft Harvest Moon?
Was mich beim Einschenken als erstes überrascht hatte, war die Farbe. Ein helles Ale ergießt sich da ins Glas. Ich hätte aufgrund der Etikettenfarbe ja eher etwas Dunkleres erwartet, ein braunes Ale mit Karamell und Pflaumennoten vielleicht. Aber halt! Harvest Moon heißt das Bier. Der Erntemond, das bedeutet ja Harvest Moon übersetzt, ist der erste Vollmond rund um den Herbstbeginn. Und damit sind wir geschmacklich eher im September als im November. Wie gesagt, ich bin zu spät dran.
Mit dem Harvest Moon lässt sich übrigens prima in den September zurückträumen. Goldene Getreidefelder, die Süße und Aromen reifer Trauben und Früchte, die Milde des beginnenden Herbstes – dieses Ale ist ein Spätsommer-/Frühherbsttraum. Ganz weit entfernt ist die Schwere der spätherbstlichen Starkbiere – das Harvest Moon ist ein leichtes, frisches Ale. Gerade mal 18 Bittereinheiten sorgen dafür, dass es im wahrsten Sinne des Wortes ein Gaumenschmeichler ist. Nur mal so zum Vergleich: Ein gutes Pils kommt auf die doppelte Zahl der Bittereinheiten. Auch beim Alkohol hält es sich zurück: 4,9 % sind Vollbier-Standard. Wer es schwerer will, muss zum Mainseidla Bock greifen.
Was mir noch besonders naufgefallen ist, sind die beiden verbrauten Hopfensorten Ariana und Hallertauer Pure. Vor allem Ariana ist mir auf der letzten Brau-Beviale auch aufgefallen. Ariana geht in Richtung Cassis, Stachelbeere und Citrus, während Hallertauer Pure vom Aroma her eher klassisch ist mit einem Hauch von Vanille. Die schmecke ich jetzt nicht extra heraus, aber ich führe den weichen, extrem runden Charakter des Harvest Moon darauf zurück. Im Zusammenspiel mit Perle (enem meiner Lieblingshopfen) und Spalter Select (ein echter Klassiker). Ich finde es toll, wie Jörg Binkert es schafft, ein rundes, angenehm fruchtiges Ale mit heimischen Hopfen zaubert. Toller Ansatz, tolles Bier! Und wer den Spätherbst- bzw. Frühwinterblues hat und sich noch so gar nicht auf die Lebkuchen- und Glühweinaromen hat, der sollte sich mit einem Harvest Moon aufs Sofa setzen und der Sonne ein wenig nachträumen …
P.S.: Wer gerade (also Nov. 2016) in bei facebook unterwegs ist, kann (mal wieder) eine Diskussion um den Begriff „Craft“ verfolgen. Angestoßen hat das ganze Alexander Himburg vom Braukunstkeller. Bei der Diskussion hat der eine oder andere Brauer die Linie vertreten, es sei geschickter, zwei klar getrennte und parallel laufende „Biermarken“ zu haben. Eine für die traditionellen Biere und eine für das Craft-Sortiment. So hält man es auch beim Brauhaus Binkert mit den beiden Marken Mainseidla und Mainseidla Craft. Finde ich nicht schlecht, denn auch wenn Craft in aller Munde ist und viel Medieninteresse fürs Thema Bier generiert, reagiert nicht jeder Biertrinker positiv darauf, wenn es von seiner klassischen Biermarke plötzlich irgendwelche Ales gibt.
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