In der letzten Zeit war ich wieder mal ein wenig „craftbier-lastig“ in diesem Blog. Das ist ja die Gefahr, wenn man nicht mehr täglich schreibt: Man sucht die Biere, über die man schreiben möchte, anders aus. Eben, weil man darüber schreiben möchte und nicht mehr schreiben muss. Mit dem Hopfenhäusla Dunklem gibt es heute aber wieder mal ein ganz traditionelles Bier. Oder besser einen traditionellen Bierstil, denn das Hopfenhäusla in Münchberg selbst ist ganz neu.

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Gegründet wurde die Brauerei im September 2015 – und obwohl so neu, hat sich der junge Braumeister Janes Reith gleich in die Herzen der Region – und nicht nur dort gebraut. Klar, wenn man in einem Ort wie Münchberg, der brauereifrei war, wieder eigenes Bier braut, sind die Einheimischen begeistert. Allerdings ist der Nordosten Frankens auch eine Region, in der das Geld nicht so locker sitzt. Und um überleben zu können, muss das Hopfenhäusla den Bierpreis doppelt so hoch ansetzen, als es die Konkurrenz kann. In der Region ist das häufig die Massenware aus dem Hause Kulmbacher, die mal so ganz andere Möglichkeiten haben. Fährt man da oben über die Dörfer, sieht man sehr, sehr viele Gaststätten, die von der „Bierstadt“ aus beliefert werden. Insofern sind solche Postings wie heute immer auch ein Aufruf dazu, sich nicht nur über den Mut und das Engagement junger Brauer für ihre Region zu freuen, sondern das Bier dann auch zu kaufen!

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Beim Preis kann Janes Reith mit der Massenkonkurrenz aus Kulmbach natürlich nicht mithalten, bei der Sortenvielfalt macht der junge Brauer dem großen Konzern aber deutlich was vor. Auf seiner selbst gebauten Anlage braut er ein Helles, ein Kellerbier namens Bernstein, ein Weizen, ein sehr interessantes Ale (über das demnächst natürlich auch berichtet wird – und jede Menge Sondersude wie das heutige Dunkle zum Beispiel.

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Laut Etikett hat das Hopfenhäusla Dunkle 5,3 % Alkohol. Von der Farbe ist es nicht so „theatralisch nachtschwarz“, sondern eher dunkelbraun und – natürlich! – schön trüb. Die „neueren“ Biere sind ja in der Regel unfiltriert. Ob das nun daher kommt, weil sich eine Filteranlage für Kleinanlagen nicht wirklich lohnen, oder daher, dass es in Craftbier-Kreisen zur Philosophie gehört, Biere nicht zu filtrieren, ist egal. Wahrscheinlich hängt beides zusammen. Der Gewinner ist in dem Fall aber der Kunde! Denn die Hefe gibt diesem Dunklen seinen unverwechselbar fruchtigen Charakter. Den Antrunk zeichnet eine schöne Süße aus, die zusammen mit der Hefe dem Bier einen wunderbar fruchtigen Charakter gibt. Nicht pappig süß wie mancher dunkle Bock oder auch nicht so stark wie unvergorene Würze, sondern einfach nur vollmundig fruchtig. Das ganze passt auch gut zu den dunklen Karamelltönen des Malzes, das es übrigens vermeidet, zu sehr ins Brotige abzugleiten. Und das ergibt einen wirklich eigenständigen Charakter. Gefällt mir. War verdammt süffig!

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Und noch etwas ist mir beim Hopfenhäusla Dunkles und auch den anderen Hopfenhäusla-Bieren aufgefallen. Ich weiß nicht, ob es euch auch aufgefallen ist: NIRGENDWO auf irgendeinem Hopfenhäusla-Etikett oder auf der Homepage habe ich den Hinweis „Gebraut nach dem Reinheitsgebot“ gefunden. Egal nach welchem – deutsch oder bayerisch. Da steht nichts. Gar nichts. Und das nicht, weil die Biere per se „unrein“ wären. Klar, es gibt auch ein Milkstout – das ich nur zu gerne mitgenommen hätte und das nach Aussage des Getränkeecke in Gefrees (der Fachmann weiß, dass der Laden Hammer ist!) der Liebling der Region sei – und der ist nicht nach dem Reinheitsgebot gebraut. Aber hier? Wasser, Malz, Hopfen, Hefe … Gut, es steht auch Weizenmalz auf dem Etikett, aber das „lila Etikett“ ist laut Facebook ein Universal-Etikett für Sondersude. Und auch auf den anderen Etiketten steht nichts vom Reinheitsgebot. Und das, obwohl seine Kunden eigentlich gerade die traditionellen, gestandenen Bierfranken in der Region sind. Oder obwohl auf den Etiketten der großen Kulmbacher Brauerei genau dieser Hinweis „gebraut nach dem Reinheitsgebot“ groß und deutlich steht.

Wer findet den Unterschied?

Wer findet den Unterschied?

Aber das ist auch so ein Punkt, über den man in diesem Jahr reden muss. Das Reinheitsgebot als „Marke“ hat immer weniger Bedeutung für den Kunden – wer will kann das hier in einer Umfrage nachlesen. Und immer mehr durchschauen, dass sich hinter dieser Formel nicht immer „sauberes Bier“ versteckt. Großbrauereien, Massenware, Billigbier – das mag alles dem Buchstaben des Gesetzes nach „rein“ sein, aber immer mehr Bürger werden misstrauisch:

Farbebier statt teuren Spezialmalzen, Schwermetalle durch Filtrationshilfsmittel, Betriebstabilisatoren wie PVPP, Wasseraufbereitung aus dem „Chemiekalienfass“, günstige Rohstoffe aus aller Welt (billigere, aber schlechtere Wintergerste statt qualitativ hochwertiger Sommergerste!) … all das geht, ohne dass man auf das Qualitätssiegel 1516 verzichten muss.

Und ich muss ehrlich zugeben, auch für mich wird die beliebte Formel immer unwichtiger. Ein leeres Marketingversprechen. Die Piemont-Kirsche des Biers sozusagen. Nicht nur für mich wäre es Zeit für ein echtes Reinheitsgebot 2.0, das diesen Namen auch verdient!

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Versteht mich bitte nicht falsch: Es gibt natürlich viele, sehr viele Brauer, die wirklich nur mit Wasser, Malz, Hopfen und Hefe brauen und natürlich zurecht auf ihre Etiketten schreiben: „Gebraut nach dem bayerischen Reinheitsgebot von 1516.“ Es gibt aber auch die Brauereien, die alle Schlupflöcher innerhalb des Vorläufigen Biergesetzes nutzen. Und die dürfen diese Formel eben auch auf die Etiketten drucken. Ein „Qualitätsversprechen“ kann ich deshalb nicht mehr sehen. Oder wie ich es so gerne sage:

Ich vertraue dem Brauer, nicht der Formel „gebraut nach …“!

In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen Tag und würde mich freuen, wenn ihr meine Worte beim nächsten Bierkauf im Hinterkopf behalten würdet. Aber wem sage ich das, das macht ihr ja sowieso!