Ich war neulich mal wieder in Bayreuth shoppen. Was bei mir heißt: Ich war Bier kaufen, damit es mal wieder ein neues Bier des Tages gibt. Die Biere aus dem Nordosten Oberfrankens fallen bei mir ja regelmäßig ein wenig unter den Tisch (Shame on me!), weil ich sie von Bamberg aus einfach nicht so im Blick habe.

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Wenn ich in Bayreuth shoppen gehe, fahre ich ja gerne bei Keils Getränkemarkt vorbei. da findet man eine ordentliche Auswahl an fränkischem Landbier. Da finde ich in der Regel immer wieder etwas Neues. Oder etwas Altes … Oder etwas altes Neues. Oder einfach auch nur mal ordentlich viel Bier vom Haberstumpf aus Trebgast. Klar, warum auch nicht, schließlich liegen keine 20 Kilometer zwischen den beiden Orten. Und trotzdem war ich überrascht, denn das letzte Mal, dass ich ein Haberstumpf-Bier in der Hand hatte (den Weißen August übrigens), hieß es in der lokalen Presse, die Brauerei stehe vor dem Aus: Das 50-Hl-Sudwerk sei viel zu groß, Leergut fehle, die neu eröffnete „Bräuschänke“ habe nicht genug Zuspruch erhalten, weshalb die Nachfolgerin eine Braumeisterstelle in Schottland angenommen habe … die Liste an „Baustellen“ innerhalb der Brauerei, die z. B. in dem oben erwähnten Artikel der Frankenpost vom 11.08.2017 aufgezählt wurden, ist lang und gab wenig Grund zur Hoffnung.

Umso erstaunter war ich, ein halbes Jahr danach nicht einfach nur noch den Abverkauf der Biere zu erleben, sondern das volle Sortiment vor mir stehen zu sehen. Sind die Lichter also doch nicht ausgegangen? Sieht so aus. Infranken.de meldet zu dem Thema: Es wird weiter gebraut bei Haberstumpf in Trebgast. Das sind erfreuliche Nachrichten, bei denen es allerdings ein dickes „aber“ gibt. Zwar ist mit dem „Marketingexperten Frithjof Heller aus Bayreuth ein Liebhaber des Haberstumpf-Bieres“ gerade noch rechtzeitig als „Weißer Ritter“ aufgetaucht, der frischen Wind und neue Hoffnung verbreitet, aber die Frage ist, wie lange das anhält. Heller unterstützt den Brauereichef Hans Wernlein in Sachen Marketing, dazu kommt noch der Steuerberater Ludwig Wunderlich – zusammen will man die fast 500jährige Brautradition noch ein wenig weiterschreiben. Zumindest so lange, bis Hans Wernlein ins Rentenalter kommt, also noch so zwei Jahre. In der Zeit ist die Geschichte mit der Nachfolge auch noch zu lösen, soll der Neuanfang nicht zum Srohfeuer werden …

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Aber das ist jetzt erst Mal Zunkunftsmusik. Im Hier und Jetzt steht die Schwarze Kunni vor mir. Beim Namen stutze ich. Bier mit dem Namen „Schwarze Kuni“ kannte ich bisher als dunklen Weizenbock der Brauerei Simon aus Lauf.  Wobei die Laufer Schwarze Kuni nur ein „n“, die Trebgaster Schwarze Kunni derer zwei hat. Verwechslungsgefahr ausgeschlossen? Bedingt! Sucht man bei Google nach der Schwarzen Kunni, wird man mehrheitlich auf die Schwarze Kuni verwiesen. 134.000 Treffer bekommt die Schwarze Kuni, die Schwarze Kunni dagegen nur 6250 (Stand 03/2018). Da ist marketingtechnisch noch Luft nach oben.

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Für Google eher unbekannt: die Schwarze Kunni vom Haberstumpf in Trebgast. Stand 03/2018

Auch bei der weltweiten Beer-Community von ratebeer gibt es zur Haberstumpf Schwarzen Kuni nur zwei Einträge. Aber so ist es halt mit uns Franken: Wir können Bier brauen, aber wir reden halt nicht drüber. Nur, wer soll das Bier kaufen, wenn er nicht mal weiß, dass es das Bier gibt? Naja, ich ändere das ja gerade!

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Auch bei ratbeer findens ich kaum Einträge zum Dunklen aus Trebgast. Stand 03/2018

Schlecht ist die Schwarze Kuni jedenfalls nicht. Die Farbe ist kastanienbraun, das Bier zeigt ein nettes, neckisches Schaumkrönchen. Passt schon mal. Das Etikett preist es zwar als unfiltriert an, aber so richtig trüb will es nicht sein. uss es auch nicht, finde ich.
An dem Haberstumpf-Etikett gibt es meines Erachtens auch nichts auszusetzen. Naja, ok, dass sich die Bauchetiketten ähneln und die Sorte vor allem über das Halsetikett identifiziert wird, das mag nicht jeder. Manch einer befürchtet da Fehlkäufe, wenn man nicht genau hinschaut. Aber ändern würde ich da nichts, es würde sonst wie Aktionismus wirken.

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Bleibt die Frage: Kann der Inhalt überzeugen? Ja, kann er. Zwei „Pole“ lassen sich von Anfang an ausmachen: Da ist einmal eine feine Röstaromatik: dunkles Malz, Nussaromen, dunkle Brotrinde – alles da, aber nicht übertrieben. Freunde schwarzer Schokoladen- und Kaffeenoten werden vielleicht enttäusch sein, aber zur fränkischen Brotzeit passt es. Wobei man sagen muss, dass es einem die Karamell-, Brot- und Röstaromen nicht brutal um den Gaumen haut. Auch nicht die Malzbonbon-Süße, den Gegenpol zur Röstaromatik sozusagen. Die ist da, spürbar, schmeckbar, aber eben auch nicht dominant.

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Zwischen den beiden Polen bewegt sich das Bier ausgewogen, leicht verhalten. Aber auch das kündigt das Halsetikett ja an: „dunkel, unfiltrier, hopfig, schlank„.
Das kann man so stehen lassen und damit kann man leben, würde ich sagen. Oder kurz gesagt: Bassdd scho!