Ich weiß ja nicht, wie ihr die Sache mit dem Lohnbrauen so seht. Da gehen die Meinungen ja auseinander. Für die einen ist es schlichtweg egal, wer das jeweilige Bier jetzt braut und wo es herkommt. Andere sind da ganz gegenteiliger Meinung. Für sie ist es schlichtweg eine Frage der Glaubwürdigkeit, wenn eine “Brauerei” ihr Bier nicht mehr selbst herstellt. Ganz häufig hört man dann den Satz, dass das Bier nicht mehr so wie früher schmecke, selbst, wenn es nach dem Originalrezept hergestellt würde. Dass das Bier so manchem Bierfreund nicht mehr so schmecken mag, mag zum großen Teil ideologisch bedingt sein. Vor allem, wenn das Bier von einer relativ großen oder nicht besonders geliebten Brauerei bezogen wird. Andererseits sind die Wasserzusammensetzung und die übrigen Braubedingungen von Brauerei zu Brauerei verschieden. Wenn statt offener Gärung nun in zylindrisch-konischen Biertanks vergoren wird, kann das das Geschmacksprofil tatsächlich erheblich beeinflussen.
Ob das jetzt beim fränkischen Land Pils der ehemaligen Brauerei Wolf aus Fuchsstadt (nicht Rüdenhausen, sorry) auch so ist, kann ich leider nicht sagen. Ich kannte das Bier in seiner ursprünglichen Form nicht, als es noch von derBrauerei selbst gebraut wurde . Seit 2009 kommt das Bier jedenfalls von der Kauzen Bräu aus Ochsenfurt. Die ist mit ca. 65.000 Hl/Jahr nun auch kein Bier-Goliath, im Vergleich zurehemaligen Wolf-Brauerei aber schon mehr als eine Hausnummer größer. Erfreulich ist jedenfalls, dass auf den Flaschen die Herkunft des Bieres klar kommuniziert wird. Die Gegner des Lohnbrauverfahrens kritisieren ja nicht selten das bisweilen lächerliche Versteckspiel um den Brauort.
Mit 4,9 % Alkohol, seiner hellgoldenen Farbe und seiner festen schaumkrone ist es ein typisches Pils. Beim Öffnen der Flasche schwebt einem ein Hopfenwölkchen entgegen, das einen fast ein wenig erstaunt. Schließlich steht “fränkisches Land Pils” auf der Flasche. Da erwartet man als Kunde eigentlich ein mildgehopftes, eher malzig-süßlicheres Bier. Der Geschmack ist dann im ersten Eindruck tatsächlich weicher, als es die Hopfenanmutung im Geruch ahnen ließ. Gut, hintenraus wird es deutlich bitterer, es ist ja schließlich ein Pils. Davor ist es fruchtig, wirkt frisch und gut hopfig. ja, das ist ein Pils, das man trinken kann. Ob ich es vermisst hätte, wenn das Bier vom Markt verschwunden wäre, kann ich nicht sagen. Für ein fränkisches Land Pils ist es jedenfalls ordentlich. Und dass dank des Lohnbrauens eine weitere fränkische Biermarke erhalten bleibt, trägt auch zum Erhalt der fränkischen Biervielfalt bei. Schließlich wird hier kein Kauzen Pils unter anderem Namen verkauft. Laut Etikett handelt es sich Und ein Rückkehr zur eigenen Brautätigkeit ist ja auch nie ausgeschlossen. Auch, wenn das seltener geschieht …
Was also machen, wenn die Kapazität oder die Technik nicht für einen eigenen Bock oder ein eigenes Weizen ausreicht? Oder was machen, wenn sich der Braubetrieb überhaupt nicht mehr lohnt, weil die laufenden Kosten oder anfallende Investitionen nicht mehr geschultert werden können. Abhilfe schaffen hier Portale wie z. B. lohnbrauen.de von der Agentur für Braukultur, die zwischen Anbietern und Nachfragenden vermitteln. Wie heikel diese Vermittlung ist, zeigt folgender Passus in der Leistungsbeschreibung des Portals: “Diskretion ist selbstverständlich. Sie bleiben als Auftraggeber und als Anbieter anonym. Nur wenn beide Seiten mit den von uns übermittelten Konditionen einverstanden sind, bringen wir Sie zusammen.”
Die Alternative zum reinen Lohnbrauen ist übrigens die Variante, bei der der Brauer sein Bier auf der Anlage der Lohnbrauerei selbst herstellt, sich sozusagen bei einer anderen Brauerei einmietet. Als Kuckucksbrauer oder Gipsy-Brewer ist diese Form des “Miet-Brauens” gerade in der Craftbier-Szene häufig anzutreffen.
Der stärkste Einwand gegen das Lohnbrauen ist der (zum Teil nicht unebgründete) Verdacht, dass da das gleiche Bier unter verschiedenen Namen verkauft wird. Gerade im Bereich der alkoholfreien Biere ist dieses Phänomen häufiger anzutreffen. Da fühlt sich so mancher Bierfreund regelrecht “verschaukelt”. Dabei macht die Brauwirtschaft damit nichts anderes, als alle anderen Indutriezweige auch: Badge Engeneering. Dabei beschränkt sich die “eigene” Entwicklungsleistung grob gesagt darauf, auf ein fertiges Produkt nur noch das eigene Firmenetikett (Badge) zu kleben. Jeder Skoda-, Seat-, aber auch VW-Fahrer z. B. kennt das eigentlich. Und das Phänomen, dass die Produkte einer Marke an verschiedenen Standorten hergestellt werden, auch.
Noch keine Kommentare