O.K., wir haben es verstanden. Der Wetterbericht nölt etwas von Plusgraden und Dauerregen – da mag einem das leckerste Winterbier mit den pittoresk-verschneiten Musterdörfchen auf den Etiketten so gar nicht recht schmecken. Dann also mal etwas ganz anderes:
Ein Märchen, ein Bier-Märchen! Und eine Geschichte mit Happy-End. In Sachen Bier und Brauereien in Zeiten von Marktbereinigung und rückläufigem Bierkonsum ja selten genug.
Es war also einmal eine kleine fränkische Brauerei nahe Coburg, die hieß Steinbier-Brauerei und war im kleinen Ort Rauchenfels (nomen est omen!) beheimatet. Die suppte in kupfrigen Kesseln nach alter Väter Sitte zwei Sorten Bier, ein feines Steinbier und ein nahezu unheimliches Steinweizen, zusammen und füllte diese in urigste Flaschen (grün, mit Glasprägung, die die Herstellungslegende beschrieb), packte die Flaschen in Holzkisten (ja, ich weiß, das kommt jetzt wieder!) und schickte die beiden mutterseelenalleine hinaus in die große, weite Welt. Was die beiden so einzigartig machte, war der Herstellungsprozess: Naturgestein wird bis zur Rotglut erhitzt, um dann in die Würze getaucht zu werden. Im Sudkessel zischte und brodelte es wie in der Hölle und der Malzzucker karamellisierte dabei am Fels. Was herauskam war … einzigartig. Nicht Rauchbier, aber dennoch rauchig, dampfig, in Aussehen und Geschmack eine Naturgewalt! Legendär die Hefeflocken, die sich beim Drehen des Steinweizens vom Flaschenboden lösten und zu Tal rieselten.
Eines Tages kam es, wie es kommen musste: Beim Durchqueren fränkischer Auen steht man plötzlich vor besagter Brauerei, die Kessel werden verladen und die kultigsten Flaschen der Biergeschichte liegen als Scherbenhaufen in einer Abbruchmulde. Aber halt, der Getränkemarkt des Vertrauens hat noch Steinbier parat, jetzt aber von der Brauerei Altenmünster im Allgäu. Hmm, wenigstens da noch in kultiger Flasche. Aber ach, kaum später steht es wieder neu da, mittlerweile mit lieblosem Etikett und in der „Norm-Bügelverschlussflasc
Wo ist jetzt das versprochene Happy-End? Wieder in Oberfranken. Denn nachdem es lange still um das Steinbier war, steht es seit einiger Zeit wieder in den Regalen. Gebraut wird es jetzt in „Aldnkuuschdd“ (vulgo: Altenkunstadt) beim Leikeim. Etikett, Bügelverschlussflasche und Kiste sind leider immer noch Durchschnitt, aber wer achtet bei einem Bier schon nur auf die Verpackung. Zumal sich das Etikett auch beim Leikeim zwischenzeitlich schon wieder geändert hat.
Geschmacklich liegt die unfiltrierte, obergärige Spezialität mit 5,8 vol.% zwischen einem leichten Rauch- und einem Kellerbier: trüb, hefig-erdig, spritzig, malzig und auch hopfen-würzig. Alles in allem durchaus gelungen. In der verklärten Erinnerung war das Original aus Rauchenfels besser – aber wer kann das ohne direkten Vergleich genau sagen. Jedenfalls nach wie vor kein Bier für alle Tage, aber ein Trunk, dessen hellbrauner Hefeschleier locker gegen den grau-schleirigen Himmel ankommt.
Last but not least: Der ProBier-Club (www.bierclub.de) wählte das Steinbier zum Bier des Jahres 2010. Wenn das mal kein Happy-End einer langen Odyssee ist.
P.S.: Der Aufstieg vom Leikeim ist ja eine Erfolgsgeschichte für sich. Mit der konsequenten Umstellung auf die Bügelverschlussflasche und geschicktem Marketing ist aus der kleinen Brauerei mittlerweile ein „deutschlandweiter Player“ geworden. Für den fränkischen Bierfreund fast schon zu groß.
P.P.S.: Trotz intensiver Recherche konnte nicht ermittelt werden, ob „der Leik“ jetzt den „Korches“ (vulgo Kordigast/i.e. kleiner Berg in der Region) abtragen lässt, um genügend Naturstein zu haben. Außerdem konnte nicht ermittelt werden, ob der Stein geschmacklich Einfluss auf das Bier nimmt. Wir empfehlen aber, Sandstein nicht in Betracht zu ziehen, da man den dann im Bier enthaltenen Schwemmsand beim besten Willen nicht mehr als Geschmackserlebnis verkaufen kann.
P.P.P.S.: Trotzdem hoffen wir mal, dass das nun das Ende der Odyssee ist. Das Steinbier ist wieder in Franken!
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