Es gibt Sachen, die ich einfach „hasse“. Zum Beispiel, wenn ein fränkisches Bier, das ich noch nicht getestet habe, einen European Beer Star bekommt. Das stört mich einfach. Das sollte mir meiner Meinung nach bei über 1800 beschriebenen Bieren nicht passieren. Passiert aber trotzdem. Da nehmen die von der Jury des European Beer Star einfach keine Rücksicht auf mich! ;) Ehrlich!
Aber ok., dann kümmere ich mich halt heute um eines dieser Biere, die ich noch nicht beschrieben hatte und die dieses Jahr beim European Beer Star mit einem Sternchen bedacht wurden. Da wäre zum Beispiel das Rauchbier vom Will in Schederndorf, das einen silbernen Bierstern bekommen hat. Was mich schon ein wenig wundert. Nicht, dass ich es der Brauerei Will nicht zutrauen würde. Im Gegenteil, da habe ich noch kein schlechtes Bier bekommen. Aber ein Rauchbier hatte ich nicht auf dem Schirm. Und erst recht nicht in Flaschen … Aber man lernt nie aus. Und manchmal muss man von Bamberg auf die Beviale nach Nürnberg fahren, um ein Bier aus Schederndorf zu trinken.
Da ich dankenswerterweise eine Karte für die Nacht der Sieger bekommen hatte, war das mit dem Probieren auch kein Problem. Denn bei der Nacht der Sieger gibt es nicht nur ein ans Sündhafte grenzendes Buffet, sondern auch alle Siegerbiere. Was in dem Fall bedeutete, dass das Will Rauchbier neben Bieren aus der ganzen Welt stand und darauf wartete, verkostet zu werden.
„Rauchbier 2015 Rauchzeichen“ steht auf dem Etikett. Ok., das sieht wirklich mehr als nur improvisiert aus. Das Bier macht optisch dagegen mehr her. Fast nachtschwarz liegt es im Glas, zeigt gegen das Licht einen feinen Rotstich. Bei der Farbe erwartet man ein Rauchbier in der Art eines Schlenkerlas. Schwer, ein wenig röstig und mit starkem Charakter.
Erwartet man aber genau das, könnte man sich enttäuscht sehen. Denn wenngleich die Nase auch ein deutliches Wacholderschinkenaroma (das fiel mir als erstes dazu ein) zeigt, ist das Bier auf der Zunge gar nicht so extrem „schinkig“. Oder nicht so sehr für einen Bamberger Gaumen. Denn unbewusst vergleiche ich jedes Rauchbier mit meinen zwei „Geschmackspolen“ in Sachen Rauchbier, dem Spezial Lager und dem Schlenkerla Märzen. Der Antrunk startet angenehm rauchig, gepaart mit ein wenig tiefen, dunklen Noten. So geht es auch weiter, der Rauch bleibt dominant, bestimmt das Aroma. Aber der Körper bleibt dagegen erstaunlich leicht. Das hätte ich schwerer erwartet. Auch Abgang und Nachhall bleiben für ein Rauchbier eher schlanker und kürzer. Das ist nicht schlecht, trifft aber nicht ganz meine Erwartungen. Was vielleicht mehr an meinen Erwartungen liegt als am Bier. Wie gesagt, ich hätte mir da ein wenig mehr Volumen gewünscht. Dass das die Juroren des European Beer Star ein wenig anders sehen, zeigt der silberne Bierstern. Und sind wir mal ehrlich – es wäre schlimm, wenn sich die ganze Welt an meinem Geschmack orientieren müsste. Aber auch, wenn das Rauchbier vom Will in Schederndorf jetzt nicht mein fränkischer Top-Favorit wäre, so lenkt der silberne Bierstern doch die Aufmerksamkeit der Bierwelt auf das fränkische Land. Und das tut nicht nur der Brauerei Will gut.
Womit ich dann wieder mit der Welt versöhnt wäre.
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