Ok., es wäre sicher keinem aufgefallen, aber ich will ja ehrlich sein. Ich poste heute ein Bier „doppelt“. Also bewusst doppelt! Denn es kann natürlich immer wieder mal passieren, dass man ein Bier in der Hand hat, das es so auch unter anderem Namen und in den Etiketten anderer Brauereien gibt. So hört man zum Beispiel immer wieder munkeln, dass das Keiler Kellerbier und das Mönchshof Kellerbier mehr als nur ähnlich wären. Sowas lässt sich erwartungsgemäß schlecht beweisen und wer bei der Kulmbacher arbeitet, hüllt sich da natürlich in Schweigen. Allerdings kann ich mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass das Keiler Kellerbier aus der Flasche und das Keiler Kellerbier aus der Gasthausbrauerei in Lohr nicht aus derselben Brauerei kommen. Letzteres wird tatsächlich in Lohr gebraut, ähnlich wie das Lohrer Festbier – und um das deutlich zu machen, verzeichnen die Braumeister ihre Sude auf einer Tafel. Seht her, wir brauen hier noch selbst! In Sachen Festbier ist das nach dem Betrug im letzten Jahr auch bitter nötig.
Und jetzt kommt das „aber“, dessentwegen es das Keiler Kellerbier tatsächlich zwei Mal als Bier des Tages geben wird: Schaut man sich im Keiler Brauhaus um und liest man die Bierkarte, könnte man meinen, dass dort tatsächlich alle Keiler-Biere gebraut werden. Man muss schon genauer hinschauen, um zu sehen, dass das ganze Brauhaus mehr oder minder nur für drei Sorten – das dort ausgeschenkte Kellerbier, das Lohrer Festbier und das Keiler Bockbier – gebraucht wird. Soll heißen: Hausgebraut ist die meiste Zeit im Jahr nur das Kellerbier.
Alle anderen Biere, die dort ausgeschenkt werden, kommen aus Würzburg und/oder Kulmbach.
Nun kann man sich darüber streiten, ob das Verbrauchertäuschung ist oder nicht. Unstrittig ist wohl, dass sich die Investition in eine Brauanlage und einen Braumeister lohnt, auch wenn damit nicht mal eine Hand voll Sorten aus der mehrseitigen Bierkarte gebraut werden. Und ich finde – aber das ist halt meine Meinung – man „verarscht“ den Konsumenten dadurch. Da sitzt der Gast im Restaurant (Wirtsstube kann man das beim besten Willen nicht nennen!) und denkt, er bekommt ein Bier, dass handwerklich auf der Anlage mitten im Raum gebraut wurde. Bekommt er aber – außer beim Kellerbier – nicht. Das ist in meinen Augen tatsächlich eine Täuschung. Aber gut, man kann jetzt argumentieren: Es erwartet ja auch keiner, dass die dralle Blondine jede Hanuta-Waffel von Hand bäckt und mit Haselnusscreme beschmiert. Das Sudwerk wäre also so etwas wie eine Werbung für die anderen Marken. Der Konsument könne sowas sicher unterscheiden – eben genauso wie bei der Werbung im Fernsehen. Aber ich befürchte, dass er das eben nicht kann. Beim Bier wie bei den meisten Lebensmitteln sonst auch ist der Konsument mittlerweile so weit vom Produktionsprozess entfernt, dass er häufig nicht mehr (oder auch noch nie) einschätzen kann und konnte, was geht und was nicht.
Dabei würde eine Brauanlage wie diese viele Möglichkeiten eröffnen. Man könnte darauf neben besagtem Kellerbier, Festbier und Bock auch noch andere Biere brauen. Warum nicht ein Keiler Brauhaus Lohrer IPA, ein leichtes Spessartweizen für den Sommer, ein Gewürzbier für Weihnachten. Das alles wäre möglich, ist aber – so hört man immer wieder aus Brauerkreisen – gar nicht gewollt. Es gehe alleine darum, die eigene Marktposition durch ein regional gebrautes Feigenblatt zu festigen. Kundenbindung, Kundenbidung und Kundenbindung! Alles, was darüber hinausgeht, würde dem Konzern ja eher schaden als nützen.
Interessant wäre es jetzt, mal die beiden Kellerbiere parallel zu testen. Das geht im Lohrer Brauhaus natürlich nicht. ich denke, wenn man fragen würde, ob man eine Flasche Kellerbier aus Würzburg/Kulmbach und eine von hier bekäme, flöge man hochkantig raus. Dabei gibt es durchaus Brauer, mit denen man darüber reden kann, woher sie z. B. ihr Weizen usw. beziehen. Was man machen könnte, wäre sich eine 1 Liter Flasche Kellerbier aus dem Lohrer Brauhaus und eine 0,5 Liter Flasche aus einem Lohrer Getränkemarkt mitzunehmen. Ich fand das Lohrer Keiler Kellerbier ein wenig „orangefarbener“ als das Keiler Kellerbier. Aber andere Gläser udn andere Lichtverhältnisse mögen da auch täuschen. Von den „technischen Werten“ unterscheiden sich beide Bier natürlich nicht. Beide haben 5,4 % Alkohol. Vom Geschmack fand ich das Lohrer Keiler Kellerbier ganz nett. Vielleicht kam es mir ein wenig süßlicher und ein wenig fruchtiger vor als das Flaschen-Keiler aus Würzburg/Kulmbach. Sonst hat es einen recht weichen Charakter, dezente Karamell- und Brotaromen und ein ganz dezentes Hopfenbouquet. Nett. Kein Kracher, aber nett!
Ich würde da als Brauer ja suberversiv ein wenig am Rezept drehen, sodass sich die Biere deutlicher unterscheiden. Also sozusagen ein wenig von der Hingabe und Sorgfalt, die in der Bierkarte erwähnt werden, ins Glas fließen lassen. Nur so ein wenig. So, dass es nur Eingeweihten auffällt. Ein wenig anderen Hopfen mit mehr Citrus- oder Orangenaromen vielleicht. Aber wahrscheinlicher ist, dass ich das Handtuch werfen würde.
Wer also in Lohr ist, sollte rein aus Prinzip nur das Kellerbier trinken und alle anderen Biere mit Hinweis auf die zweifelhafte Herkunft ablehnen. Schließlich ist das Kellerbier hier noch ordentlich handgebraut, wenn auch nicht „frei“. Und im Gegenzug würde ich dann das Flaschen-Keller im Getränkemarkt links liegen lassen. Oder aber – und das ist in der Realität der Fall – ich würde mir zur ganzen Posse meinen Teil nicht nur denken, sondern öffentlich darüber schreiben.
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