So, endlich habe ich mal wieder Gelegenheit zu einem Bier des Tages gefunden. Es hat sich in den letzten Wochen einiges getan, was mich vom Schreiben abgehalten hat, aber davon ein andermal mehr. Heute soll es mal wieder in die Rhön gehen – zu einer Brauerei, die mich eigentlich schon länger interessiert, es hat halt bisher nur nicht sollen sein.

Es geht um das Brauhaus Oberstreu. Oberstreu ist eine kleine, aber ganz schön alte Marktgemeinde in der Rhön. im 8. Jahrhundert als „villa strewe“ gegründet gehörte es ab 1500 zum fränkischen Reichskreis (am 2. Juli war ja wieder der Tag der Franken!) und hat heute mit seinen Ortsteilen Mittelstreu und Oberstreu so gut eineinhalb Tausend Einwohner. Seit 1699 wurde in Oberstreu nachweislich gebraut, da taucht das örtliche Brauhaus in Urkunden zum ersten Mal auf. Wobei es sich bei dieser Urkunde um die Verlängerung des Braurechts handeln soll. Die Braugeschichte ist also wahrscheinlich länger. Die Geschichte des Brauhauses liest sich so, wie sich solche Geschichten eben lesen. Alle paar hundert Jahre wird mal was gemacht, zum Beispiel in den 1960er Jahren wird es noch einmal umgebaut … Bis in den 80er Jahren die Brautradition fast zum Erliegen kam. Es ist schlicht einfacher gewesen, sich sein Bier im Laden zu holen, statt als brauberechtigter Bürger selbst am Sudkessel zu stehen. Anfang der 90er Jahre wurden der Maischebottich und das Kühlschiff erneuert. Der „Dorfbrauer“ damals war Fabian Schmitt, der Vater des jetzigen Brauers Christian Schmitt. Das Brauen gelernt hat der bei der Streck-Bräu in Ostheim. Seit 2000 ist Christian Schmitt „der Bräu“ in Oberstreu, seit 2009 hat er sich mit einem Biergarten, der Brauhausschenke und einem Getränkemarkt selbstständig gemacht.

In gewisser Weise ist das Oberstreuer Brauhausbier also alt und neu zugleich. Das merkt man am Etikett und am Bier. Das Etikett ist ein wenig typisch für Gasthausbrauereien aus dieser Zeit. Das Bier ist in seinem Charakter aber … wie soll ich es ausdrücken: Es wirkt „älter“. Ein deutlicher und dunkler Malzkörper mit Karamell- und Röstaromen füllt den Mundraum. „Füllen“ ist dabei durchaus Programm: Das Bier ist vollmundig und süffig. Moderne Kellerbier sind oft ein wenig filigraner, spielen mit Hopfenaromen und differenzierteren Malznoten. Das Oberstreuer Brauhausbier ist dagegen erdiger, auch ein wenig herb im Abgang. Malzige Süße, nussige Würze, erdige Herbe – so könnte man das Dunkle beschreiben. Ein Bier, wie es in einer Brauerei, die immer noch mit Holzbefeuerung und Kühlschiff arbeitet, eben schmecken muss. Alles andere wäre in dem Fall nicht stimmig. Dass die Gerste für das Bier aus dem Ort Oberstreu kommt und im sehr nahen Mellrichstadt (3 Kilometer von der Brauerei) vermälzt wird, rundet das sympathische Bild dieses Biers nur noch ab. Aber die Rhön ist biertechnisch sowieso eine Reise wert!

Wer mehr über die Rhöner Brauereien erfahren will, sollte sich mal die Initiative Wir sind Rhöner Bier anschauen. Es lohnt sich!