„Herbst! Du denkst, du sterbst!“ – ich weiß ja nicht mehr, wer das irgendwann mal so schön gereimt hat, aber grad würde ich sagen: es passt. Tiefgraue Novembertage zwischen Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag und Totensonntag. Da kann man schon ein wenig depri werden. Und das passende Bier zu all der morbiden Stimmung wäre vielleicht das Vollbier vom schwarzen Kreuz aus Eggolsheim. Nicht, dass die Brauerei irgendwie auch schon am Dahinsiechen wäre, nein, aber das Etikett erinnert mich immer ein wenig an die Email-Grabschilder auf oder Marmoreinsätze in Grabkreuzen aus Granit. verrückt? Nun ja, im Herbst darf man schon mal auf solche Ideen kommen. Und wer schon mal im November im Schwarzen Kreuz mit der dunklen Einrichtung und den Fenstern, die kaum Licht durchlassen, war, weiß eh, dass er draußen grad nichts weiter verpasst.
Ein Gastraum, wie er irgendwann seit 1524 mal modern gewesen sein muss, verschluckt einen. So war es schon immer auf dem Land und so wird’s auch in Zukunft sein. So gehört sich’s halt. Dazu gehört natürlich auch ein Stammtisch, an dem leidenschaftlich über die wichtigsten Tagesthemen debattiert wird. Und wenn ich jetzt schreibe, dass es an dem Tag, als ich das Schwarze Kreuz besuchte, darum ging, wer wem welches Stück Acker überschrieben hatte, klingt das wie ein Klischee. War aber so, ich schwör’s.
Wobei ich solche Brauereien ja wegen der vielen Kleinigkeiten, die es nur da gibt, sympathisch finde. Sei es das Kästchen mit den Stammkrügla, von denen einige aussehen, als wären sie älter als ihre Besitzer. Sei es der Tauchsieder neben dem Spülbecken für den Fall, dass ein Dorfältester mal wieder sein Bier mit den Worten bestellt: „Gell, bringst mer noch aans, … aber fei nedd so kaldd, waßdd sch …“ Im Schwarzen Kreuz war es ein kleiner handgeschriebener Zettel, der mir die Brauerei sofort sympathisch machte. Der hing zwischen Theke und Tür zur Küche und zeigte folgendes: „1 – 1,70“, in der nächsten Zeile „2 – 3,40“, nächste Zeile „3 – 5,10“ und so weiter. Am Ende schloss die Aufzählung mit einem trockenen „10 – 17“. Sowas mag ich, denn es zeigt erstens, dass keine Computerkasse durch Systemabsturz oder Stromausfall den weiteren Biergenuss stört (und selbst bei einem atomaren 3. Weltkrieg, der alle Elektronik auf der Welt verschmoren würde, könnte der Stammtisch schimpfend weiterzechen). Und zweitens macht es einem auf subtile Weise deutlich, dass der Genuss nur eines Bieres vollkommen inakzeptabel ist. Dafür hätte der Wirt den Zettel ja nicht aufhängen müssen.
Was uns zum Bier vom Schwarzen Kreuz bringt. Das ist bernstein braun und nur eine Spur heller als der dunkle Gastraum. der Geruch ist leicht kernig. Daran riechen sollte man aber höchstens zu Hause. Wer meint, im Schwarzen Kreuz die Nase tief ins Glas hängen zu müssen, erntet nur entsprechende Kommentare von den Einheimischen. Muss nicht sein. Trinken muss dafür sehr wohl sein. Denn das kernige, malzige Vollbier mit seinen interessanten Geschmacksnuancen zeichnet sich durch einen recht annehmbaren Röstmalz-Abgang aus und hält sich bei der Hopfenherbe dafür zurück. Es ist ein Bier, wie es in die Gaststube passt, bodenständig, urig, charaktervoll, ein wenig dunkel, sehr eigenständig und sicher nicht jedermanns Geschmack. Probiert haben muss man es auf jeden Fall und dem „Bierfranken“ ist sowas ja ab und an eine bierig-urige Offenbarung.
P.S.: Nett fand ich einen Kommentar zu diesem Bier, den ich auf „biertest-online.de“ fand: „Der eine verträgts, der andere kriegt die Scheißerei. So war das schon immer bei diesem Bier.“ Ja, so kennt und liebt man das Bier vom Land. ;-)
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