Jetzt geht es ja auf Halloween zu, das merkt man überall. Kürbisse schießen plötzlich überall aus dem Boden, wie den ganzen Spätsommer nicht, und maskierte Gruselgestalten ziehen schon das ganze Wochenende von Halloweenparty zu Halloweenparty. Eigentlich finde ich das ziemlich sinnlos. Wahrscheinlich bin ich zu alt dafür oder aber der ganze Kommerz dieses zweiten Faschings erschließt sich mir einfach nicht. Und ich mag keine Kürbisse! Dabei gibt es eine Tradition an Halloween, die mir persönlich gefällt, die wir komischerweise nicht importiert haben. Nun ja, nicht komischerweise, denn beim gemeinsammen Sitzen um ein Lagerfeuer und Erzählen gruseliger Geschichten muss man kein Kostüm, keine Deko-Artikel und keine Fledermaus-Gummibärchen kaufen. Dabei könnte ich gruselige Geschichten aus diesem Jahr erzählen … wie zum Beispiel die, des verhexten Pils‘.
Die fing ganz harmlos an, an einem sonnigen Sommertag. Ich war mit dem Auto unterwegs und kam durch Oberhaid, einem Ort nahe Bamberg. Dort hielt ich an der Brauerei, um ein paar Flaschen des eigenen Bieres zu holen. Die Brauerei wirkte geschlossen, dunkel die Fenster. Doch beim Rütteln an der Tür gab diese nach und ich fand mich unversehens in einem geklinkerten Flur wieder, der sich seit den letzten 50 Jahren nicht verändert haben dürfte. Vorsichtig öffnete ich die Tür zum Gastraum, wo mich ein Junge empfing, der selbst noch gar nicht in dem Alter war, in dem er eine Gaststätte alleine hätte besuchen dürfen. Ich schilderte ihm in dem dunklen, durch die Vorhänge und Scheibennur wenig in gelbliches Dämmerlich getauchten Raum mein Anliegen. Er öffnete den Kühlschrank neben sich und reichte mir zwei Flaschen Kellerbier und zwei Flaschen Pils, von denen die eine nur ein Bauch- die andere nur ein Halsetikett trug. Ich zahlte und ging – und ich schwöre Stein und Bein, dass sich Wolken vor die Somme schoben, als ich dieses merkwürdige Gasthaus verließ, das innen wie aus einer anderen Zeit schien …

Wochen später machte ich mich auf, das Kellerbier zu verkosten. Braun und trüb lag es im Glas und zwei, wirklich nur zwei CO2-Bläschen trieben verloren vom Grund des Glases nach oben. Der Geschmack ging, es war braunmalzig, leicht herb und röstig, was aber nur kurz dauerte. Der Antrunk war recht kompakt, danach wurde es leicht besser trinkbar, am Ende lief es kaum herb aus, fast ein wenig beliebig. Nicht ein Bier, zu dessen sofortigem Genuss ich lautstark aufrufen würde. Aber auch nichts, was ich hätte wegkippen müssen. Oder sagen wir, das Keller habe ich nicht wegkippen müssen. Denn da war ja noch das Pils. Nachdem mich das Keller nicht so vom Hocker riss, hatte ich wenig Lust, das Pils gleich zu probieren. Kurz vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums rang ich mich dann doch dazu durch. Immerhin hatte ich vom Pils noch zwei Flaschen. Die erste, die ich öffnete war die, der das Bauchetikett fehlte. Da sie aus dem gleichen Kühlschrank stammten, nahm ich an, es wäre der gleiche Sud wie die andere Flasche. Also goss ich das Bier in ein Glas und … erbleichte. Gut, das ist übertrieben. aber schockiert war ich schon, denn das was mir da entgegen kam, war braun, trüb und lag tot im Glas. Das war doch das Keller, das ich schon nur brauchbar fand. Und nachdem sich nicht mal die zwei CO2-Bläschen zeigen wollten, war dieses auch noch hinüber, tot, dahingesiecht in meinem Probierbierkühlschrank. Auf den Schock hin öffnete ich mir erstmal ein anderes Pils einer anderen Brauerei, bei dem ich mir sicher sein konnte, tatsächlich das gewünschte Pils zu bekommen.

Nun lag aber da noch die andere Flasche Wagner-Pils im Kühlschrank demonstrativ und vorwurfsvoll immer genau in meinem Blickfeld, wenn ich ein neues Bier hineinlegte oder herauszog. Immer da, immer in der Mitte, immer sichtbar. Egal, welche und wie viele Biere ich hineingab oder herausnahm, das Wagner Pils konnte man immer sehen. So lange verfolgte es mich, bis ich es nicht mehr aushielt und an einem Abend, der Vollmond stand schon über den Dächern und irgendwo heulte einsam ein … ähm, ja, also eines Abends nahm ich mir ein Herz und machte das Pils auf. Und ihr werdet nicht erraten, was in dieser Flasche war …

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Ein Pils! Also das, was man in Oberhaid davon hält. Die Farbe war bernstein-trüb, zu intensiv und nicht klar genug für ein Pils. Der Geruch malzig. Vom Hopfen keine Spur. Und den Geschmack hätte man am besten so beschrieben: Schmeckte ungefähr wie ein Bier. Fast lasch im Abgang, vorher gerade so gängig, hintennach auch noch sauer. Gesamteindruck: schal und matt. Wobei das nun nicht nur dem Pils selbst zuzuschreiben war, denn nach dem Misserfolg mit Pils 1 hatte ich keine Lust auf Nummer 2 und deshalb war das Pils zwar gut gekühlt aber ein wenig über dem Verfallsdatum …

Gruselig, oder? nein? Naja, besser kriege ich es auch an Halloween nicht hin. Und wie gesagt, eigentlich mag ich Halloween eh nicht so …