Ich hatte im gestrigen Bier des Tages, dem Braumanufaktur Weyermann® Australian Native Wattleseed Pepperberry Ale, ja kurz auf Adams Imperial Pils verwiesen, das der Australier Adam Brown bei der Braumanufaktur Weyermann® mal vor Jahren eingebraut hatte. Für mich war das Bier eine Art Meilenstein. Und jedes weitere Imperial Pils müsste sich daran messen lassen.
Jetzt steht wieder ein Imperial Pils vor mir, diesmal aus der Veldensteiner Bierwerkstatt. Das ist mal ein „Projekt“, das ich rundum loben muss. Was die Brauerei Kaiser in Neuhaus sonst so braut, sagt mir nicht immer zu 1000 % zu. Ordentliche Biere sind es zwar, aber nicht unbedingt inspirierend. Was aber aus der Bierwerksatt kommt, hat was für sich. Bisher hatte ich da mal das Castle Reserve mit Whiskymalz und das Mandarina Bavaria Weizen. Und jetzt kommt also das Imperial Pils dazu.
Laut Etikett und Homepage soll ein Imperial Pils „ein Bier, dessen Geschichte auf das 19. Jahrhundert zurückgeht, als englische Brauer ein starkes, körperreiches und speziell gehopftes Bier für den russischen Zarenhof brauten„, sein. Und schon habe ich mit dem Bier ein kleines Problem! Denn die Geschichte mit dem englichen Bier für den russischen Zarenhof kenne ich zwar auch, freilich aber als Imperial Stout. Mit einem Pils hat das aber mal ganz wenig zu tun. Schließlich waren und sind die Briten weniger für untergärige, dafür mehr für obergärige Biere bekannt. Adam Brown definierte sein Imperial Pils als eine Art untergäriges IPA. Und das traf es am besten. Und trifft es im Falle des Imperial Pils der Veldensteiner Bierwerkstatt ebenfalls. Schließlich werden Hopfensorten wie Green Bullet oder Citra – nicht gerade die typischen Pils-Hopfen. Dafür werden sie in IPAs eher verwendet.
Jetzt höre ich aber auch schon wieder mit der Kritik auf. Im Glas sieht das Bier geil aus! Mehr opalisierend als richtig dicht-trüb. Und diese satt-altgoldene Farbe! Wow! Fast wie ein sattes, helles Märzen. Das sieht edel aus und macht Lust auf den ersten Schluck. Zumal zu dem optischen Eindruck ein fruchtig-hopfiges „Näschen“ kommt. Riecht man genauer ins Glas, vermeint man auch noch honigsüße Noten zu erkennen, die sich zu dem deutlichen Fruchtcvocktail gesellen. Geschmacklich ist es verdammt nett trinkbar. Es ist jetzt keine „Hopfenbombe“, vergleicht man es mit einem IPA. Aber vergleicht man es mit einem deutschen Pils ist es um Welten hopfiger. Schön angenehme Fruchtnoten bestimmen den Geschmack: Limetten, Südfrüchte … die auf dem Etikett erwähnte Mango kann ich jetzt so nichts o deutlich herausschmecken. Aber was soll’s?! Das Bier gefällt. Die Bittere ist im Vergleich zu einem IPA deutlich verhaltener. Und der Körper zeigt wie ein typisches Pils weniger Malzkörper. Was dafür aber wieder genial ist, ist der schön fruchtige Hopfennachhall.
Und was lernen wir aus der Geschichte? Dreierlei würde ich sagen.
1.) Vergesst die „Englisches Pils für den russischen Zaren-Geschichte“! Schreibt doch einfach aufs Etikett, was es ist: Eine Mischung aus einem IPA (oder Pale Ale) und einem Pils. Das trifft es. Und „imperial“ ist es vor allem wegen seines höheren Alkoholgehalts. 6,3 % sind nämlich „bockstark“. Solche „Geschichten“ werden nur unreflektiert weitergetragen und irgendwann als „Wahrheit“ verkauft.
2.) Und jetzt übernehmt das Hopfenstopfen für die Pilsner eures normalen Programms. Was spricht dagegen, auch einem „normalen Pils“ eine extra Portion Hopfen im Lagertank zu gönnen. Wenn Craftbeer-Ideen wie das Hopfenstopfen langsam (wieder) in den normalen Braualltag „diffundieren“, wäre es nicht das Schlechteste für den Kunden.
3.) Nehmt euch ein Beispiel an der Veldensteiner Bierwerkstatt! Die zeigt, dass man sich auch als größere Brauerei im mittleren sechsstelligen Hektoliterbereich und als einer der großen Lohnbrauer und -abfüller ordentliches, innovatives Bier brauen kann! Ich will ja nichts sagen, aber wenn ich mir die Veldensteiner Bierwerkstatt im Vergleich mit der Mönchshof Braumeisterei anschaue, dann stinkt letztere aber sowas von ab! Denn deren größte Innovation in der letzten Zeit war ein alkoholfreies Kellerbier.
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