O.K. Heute ist der erste Advent und ich bin auf einem Weihnachtsmarkt. Eigentlich die idealen Voraussetzungen für ein lustig-launiges Bier des Tages über Weihnachtsfestbiere. Aber mit mir nicht! Reden wir mal über Biertests und Neutralität. Denn wenn ich Menschen erkläre, was ich da mache, ernte ich meist die gleichen Reaktionen: „Ähm, o.K. Und was bekommst du von den Brauereien dafür, dass du für sie Werbung machst?“ Antwort: „Nichts, denn ich mache keine >>Werbung<<“. „Aber du bekommst doch wenigstens das Bier umsonst, oder?“ „Nein, denn die Brauereien sollen eigentlich gar nicht wissen, dass ich mir hier Proben für einen Test hole, dessen Ergebnisse ich dann hier veröffentliche.“ Und dann ernte ich regelmäßig Kopfschütteln. Denn eines ist klar: Social Media-Portale wie Facebook sind die Werbeplattformen der Zukunft. Und eine Seite, auf der in locker erzählten Geschichten Werbung für bestimmte Biere gemacht wird, wäre da keine Ausnahme. Im Gegenteil: Hier und da noch ein nettes, kleines Giveaway dazu und der Laden würde brummen. Schließlich finden sich solche Seiten bei Facebook&Co. zuhauf. Allerdings müsste ich die vorgestellten Biere dann auch ausschließlich loben. Nichts gegen Werbung auf Facebook&Co. Nur ist das nicht das, was ich machen möchte. Außerdem kenne ich die Bereiche Werbung und Marketing gut genug, um zu wissen, dass vielen Brauereien der eine oder andere Text hier noch weniger schmecken würde als mir ihr Bier.

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Vollkommen neutral bin ich allerdings auch nicht. Denn wo ich eine Brauerei und ihr Bier mag, trage ich ab und an eine rosarote Brille – wie beim Ambräusianum in Bamberg. Dessen Bier mag ich, dessen Brauer mag ich und unterhalte mich ab und an gerne mit ihm über die Malzqualität regionaler Mälzereien, Brauprozesse und Vergärungsarten. „Insiderwissen“ ist nie verkehrt, wenn man in der Öffentlichkeit über Bier schreibt. Heute gibt es den Bock vom Ambräusianum und ich bemühe mich also um Neutralität:
Zuerst mal muss ich sagen, dass das Bier vom Ambros Mahr die Geister scheidet. Die meisten meiner Freunde mögen es nicht, weil es ihnen zu unfiltriert ist. „Hopfenmüsli“ ist einer der gängigsten Begriffe – oder: „Ich will was trinken und nicht essen.“ Aber gerade das ist für mich der Grund, warum ich es mag. Diese Natürlichkeit und der Charakter des Bieres passen für mich. Und ehrlich gesagt könnte er in Bamberg selbst kein anderes Bier brauen: Rauchbiere, Spezialbiere, Pils, Märzen, Helle und Dunkle gibt es in dieser Stadt genug. Die einzige Marktlücke, mit der man sich zwei Häuser vom berühmten Schlenkerla entfernt, halten kann, ist die, ein Bier zu brauen, wie es Bamberg noch nicht gesehen hat.
War der Bock letztes Jahr noch ein richtig schön maischiger Doppelbock mit über 8%, überrascht er dieses Jahr mit einem dunklen Bock, der … klar ist, mittelbraun und mit erstaunlicher Schaumstabilität. Dabei wurde er gar nicht mehr filtriert als die anderen Biere – laut Aussage des Brauers hat er die letzten 6 Wochen täglich die Gelege-Hefe abgeschöpft. Auch eine längere Lagerungszeit wirkt sich positiv auf die Klärung eines Bieres aus.
Der Geruch ist leicht malzig und wie ich (so objektiv wie nur möglich) finde: süffig. Dieses Jahr ist es „nur“ ein Bock mit um die siebeneinhalb Prozent. Sämig, wie es bei Böcken so der Fall ist, bewegt er sich über die Zunge. Im ersten Moment wirkt der Antrunk schokoladig fruchtig. Der Abgang erinnert einen ein wenig an so manche dunklen Biertrüffelpralinen, so ein wenig wie dunkle Cognactrüffel. Nicht, dass ihr jetzt denkt, der Bock wäre pappig süß. Im Gegenteil, vollmundig, karamellig und feinherb im Finish. So würde ich ihn beschreiben. Bei aller Liebe zur Brauerei habe ich aber ein wesentliches Problem mit dem Bock aus dem Ambräusianum: Am 24.11. war Bockbieranstich und am 27.11. habe ich die wohl letzten 2 Seidla in der Brauerei bzw. am Stand auf dem Weihnachtsmarkt bekommen. Nachbrauen könnte er ihn wohl, bei einer Reifezeit von sage und schreibe 12 Wochen (!!!) gäbe es den nächsten dann wohl zur Fastenzeit. Muss auch nicht sein. Sonst aber war das ein Klasse dunkler Bock! Und neutral ist diese Aussage sicherlich nicht ;-)!