Ich habe noch gar nichts über Pfingsten geschrieben, oder? Wie auch, laufe ich doch grade von einem „Termin“ zum nächsten „Event“, von einer Aufgabe zur nächsten – zumindest kommt es mir so vor. Heute zum Beispiel geht’s auf eine Taufe. Was mich dazu bringt, dass es ja viel gibt, aber keine Taufbiere. Ich meine, Hochzeitsbiere sind ja fast schon gang und gäbe. Kein Brauer, der nicht zur eigenen Hochzeit oder der eines Familienmitglieds ein spezielles Bier kreiert. Das ist übrigens kein morderner Brauch. Bei der Brauerei Faust in Miltenberg gibt es zum Beispiel Johann Adalberts Hochzeitsbier – mit einer herzlich romantischen Geschichte.
Das stelle ich mir ja schon interessant vor, wenn die Auserwählte es zur Bedingung macht, dass der Brauer ein Bier mache, dass ihr schmecke. Was wäre die Alternative gewesen, wenn der Sud den Gaumen der Angebeteten nicht getroffen hätte? Man mag sich’s gar nichts ausmalen. Da geht der junge und fesche Bräu voller Stolz mit „seinem“ Bier zur Frau seiner Träume und die verzeiht beim ersten Schluck das Gesicht … Tragödien, sage ich nur.
Das ist aber zum Glück nicht passiert und passiert auch heute nicht, wenn man sich einen Schluck Johann Adalbert Hochzeitsbier gönnt. Mit seinen 5,4 % ist es recht angenehm im Alkohol. Die honiggoldene Farbe mit dem an frische Kräusen erinnernden Schaum gefällt auch. Das Aroma ist schon mal hopfig! Aber hallo! Da muss die Babette schon eine echte Hopfen-Queen gewesen sein. Auch der Geschmack ist deutlich hopfig. Nicht brachial, aber nett. Was in der Beschreibung eine „uralte, in Vergessenheit geratene Variante der Hopfung“ beschrieben wird, ist nichts anderes als Hopfenstopfen.
Das Hochzeitsbier wurde und wird gestopft. Tja, das ist mal wieder ein schönes Beispiel für die Probleme, die die Auslegung des Reinheitsgebots durch Brauereiverbände immer wieder macht: Früher, in der guten, alten Zeit war das Stopfen von Bieren zu festlichen Anlässen nichts Außergewöhnliches. Dann wurde es durch immer rigidere Auslegungen des Reinheitsgebots zum Tabu. Das vorläufige Biergesetz sagt nämlich im § 9/2:
Tja … und da wurden die Regeln für Hopfenauszüge gleich mal „intern“ auf den Hopfen allgemein ausgeweitet und das Stopfen war mehr oder minder „verboten“. Dabei gibt die Hopfung/Kalthopfung mit Tettnanger, Tradition, Perle und Select ein wirklich angenehmes Aroma. Das Hochzeitsbier ist weich, schmeckt voll, rund, blumig und auch nach Zitrus. Nach hinten raus wird es ein wenig herber, bevor es in einem hefig-hopfigen Abgang mündet, dem wiederum ein hopfiger Nachhall folgt. Ja, da kann man sich vorstellen, dass das der Babette geschmeckt haben dürfte. Und so weit ist das Johann Adalbert Hochzeitsbier von modernen Craftbieren auch nicht weg – weder in der Technik noch im Geschmack. Gut, die mordernen Craftbiere sind exotischer in ihren Aromen. Johann Adalbert Faust „musste“ sich auf die Hopfensorten „beschränken“, die damals „möglich waren“. Ein Fehler ist das nicht. Denn so interessant Bier mit exotischen Fruchtaromen auch sein mögen, so interessant kann auch solide, handwerkliche unterfränkische Braukunst sein. Schade nur, dass so ein Bier heute als „Bier-Rarität“ gelten muss.
Und so komme ich am Ende doch noch mal auf Pfingsten. Da kam ja der Geist des herren herab und erleuchtete seine Jünger. Vielleicht kommt ja der Geist auch mal über den einen oder anderen vertreter der Brauerbünde. Denn, wenn ich solche Kolumnen wie heute schreibe, dann will ich nicht das Reinheitsgebot abschaffen. Aber eine Reform wäre meiner Meinung nach dringend nötig. Nicht nur, um solche Missinterpretationen zu vermeiden. Da gibt es mehr „Baustellen“, wegen derer man sich mal zusammensetzen müsste ….
Man stelle sich nur vor, Johann Adalbert Faust hätte vor zwanzig Jahren um die Hand seiner Babette angehalten. Er hätte ihr nicht dieses Bier brauen dürfen. Oder er hätte es konventionell hopfen müssen. Und wer weiß, ob es ihr dann so geschmeckt hätte. dann hätten sie vielleicht nicht geheiratet. Und alles hätte in einer Tragödie griechischen Ausmaßes geendet. Sio aber kann heute wieder auf den Flaschen stehen
„Gebraut nach dem bayerischen Reinheitsgebot“ und alle sind glücklich.
Ich sag’s ja: Komm, Heiliger Geist!
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