Ich unterhalte mich ja gerne mit Getränkehändlern. Das sind für mich die Bierexperten schlechthin. Ich unterhalte mich natürlich genauso gerne mit Brauern, aber die loben ihre Produkte gerne mal über den grünen Klee. Das ist logisch und darürber müssen wir uns nicht unterhalten. Aber ein Getränkehändler ist da bisweilen offener und – wenn man so will – auch manchmal schonungsloser in seiner Meinung. Noch lieber als mit den Getränkehändlern in Franken rede ich mit denen „aus dem Ausland“, seien es nun zum Beispiel Esther Isaak de Schmidt-Bohländer vom Bierland Hamburg, Ludger Berges vom Berliner Bierladen Hopfen & Malz oder Martin Dambach von Feine Biere. Da erfährt man, wie fränkisches Bier auch außerhalb Frankens ankommt – bzw. wie schwer es ist, es außerhalb Frankens bekannt zu machen. Eigentlich müsste das ja laufen, schließlich sind Land- und Retrobiere groß im Trend, oder?
Quelle: Deutsche Bierkultur 04/13. Herausgeber: Radeberger-Gruppe
Ich glaube, es war Ludger Berges, der mich mal auf das Problem mit dem fränkischen Landbier in der außerfränkischen Gastronomie hingewiesen hatte. Bier in der Gastronomie ist ja eh so ein Problem. Nicht selten sind gastronomische Objekte an eine bestimmte Brauerei gebunden, zum Teil mit irrsinnig lang laufenden Verträgen. Bei der Weinkarte ist der Wirt bzw. Pächter dann z. B. frei und kann sich nach Gusto austoben, Bier bekommt er von dieser oder jener Großbrauerei, mit der irgendwann mal ein Eigentümer einen Vertrag geschlossen hat. (Mehr zu den Bierlieferverträgen in der Gastronomie hat Gerhard Schoolmann auf abseits.de zusammengestellt und vor allem auch verständlich kommentiert!)
Nun kann sich der Gastronom aber nicht nur an einzelne Brauereien binden, sondern auch an Getränkegroßhändler. Damit hat er die Möglichkeit, mehr Biersorten anzubieten. Je nach Sortierung oder „Premiumpartnern“ der Großhändler kann man da als Gastronom an das eine oder andere Schätzchen kommen. Allerdings steigen immer häufiger Brauereikonzerne im Getränkegroßhandel ein bzw. übernehmen Großhandelsunternehmen. Wenn man jetzt als freier Getränkehändler mit einer feinen Auswahl an „fränkischen Landbieren“ bei dieser oder jener Kneipe in der Großsstadt vorspreche, würden die zwar durchaus Interesse zeigen – da aber sowohl die Großbrauerei als auch der Großhandel „typisch fränkische Biere“ im Programm hätten, wäre das vergebene Liebesmüh. Wo zum Beispiel Radeberger einen Fuß in der Tür hat, gibt es als typisch fränkische Bierspezialität mit Sicherheit Zirndorfer Bier.
Nun sind die Zirndorfer Biere nicht die schlechtesten in der Tucher- und damit auch der Radeberger-Gruppe. Und die Zirndorfer Biere haben im Gegensatz zu Grüner usw. den Vorteil, dass sie tatsächlich auch noch in Zirndorf gebraut werden (sollen). Man könnte es also wahrlich schlechter treffen. Über das Zirndorfer Landbier (Bier des Tages Nr. 17 vom 26.01.2011) hatte ich ja schon am Anfang dieses Projekts geschrieben. Aber viel „landbieriger“ als das Landbier ist in meinen Augen das Zirndorfer Kellerbier. So stellt man sich fränkisches Bier vom Land in der Großstadt vor: bernsteinig-trüb, „brotig“ im Geruch, dazu ein wenig Würze und versteckte Röstnoten. Das entspricht dem, was man in der Stadt als „Landschinken“ oder „Landbrot“ bekommt. Vielleicht wirkt es im ersten Moment ein wenig süßlich, zeigt dann aber dank des vollen Malzkörpers Karamellaromen und wird kerniger. Auch die Hefe tut das Ihre, um das typische Kellerbieraroma zu vervollständigen. Richtung Abgang wird es dann kerniger, brotiger. Dann kommt der Hopfen auch mehr durch. Wirklich, man kann es in der Ferne auch schlechter treffen als mit dem Zirndorfer Kellerbier.
Hier in der Region sieht die Sache aber ein wenig anders aus. Da gibt es Kellerbiere, die noch eine Spur süffiger und auch kultiger sind. Natürlich wäre es schön, auch die in den Kneipen der ganzen Republik vertreten zu sehen. Und wenn ich in Sachen fränkisches Bier unterwegs bin, werde ich natürlich nicht müde, darauf hinzuweisen. Allerdings ist es wie mit dem Hasen und dem Igel: Die Großen sind mit ihren Vertriebsstrukturen und ihrem Marketing schon da. Oder wie es Radeberger in seiner Mitarbeiterzeitschrift „Deutsche Bierkultur“ in der Ausgabe 04/13 so treffend ausdrückt:
„Retro-Charme ist also angesagt: Dass neben den nationalen und regionalen Premium- und Traditionsmarken auch die kleinen, aber feinen Retro-Marken in ihrem breit gefächerten Portfolio zu finden sind, unterstreicht einmal mehr die erfolgreiche Strategie der Radeberger Gruppe: Sie ist in jedem Segment vertreten, erkennt so Potentiale frühzeitig und gestaltet diese aktiv. Alles hat bei der Radeberger Gruppe seinen Platz, selbstverständlich auch Retro“ (Deutsche Braukultur, 04/13. S. 5.).
Und dieser bittere Beigeschmack bleibt leider am Zirndorfer Kellerbier kleben.
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