Eine Form dem Brauereisterben ein (kleines) Schnippchen zu schlagen, ist das sogenannte „contract brewing“. Unter diesem Begriff versteht man das frühere Lohnbrauverfahren. Wenn sich für eine zumeist kleine Brauerei die eigene Bierherstellung nicht mehr lohnt, weil Maschinen modernisiert werden müssten oder behördliche Auflagen zu große Investitionen erfordern würden, beauftragt sie iene andere meist größere Brauerei mit der Herstellung ihres Bieres unter Verwendung des Originalrezepts. Die Kleinbrauerei lagert also „nur“ ihre Produktion aus, ohne die Markenrechte der größeren Brauerei zu übertragen.
Das Ergebnis dieses Lohnbrauverfahrens ist das gleiche Bier wie vorher – mehr oder minder. Geschmackliche Unterschiede lassen sich trotz gleichem Rezept aber nicht ganz vermeiden, da die einegsetzten Rohstoffe, die Wasserhärte, Gär- und Lagerumgebung bei einem Bier keine unwesentliche Rolle spielen. Ein kerniges Landbier einer Kleinstbrauerei, das in alten Sandsteinkellern wochenlang gären und reifen durfte, könnte so von einer Großbrauerei in kürzerer Zeit und klinisch reiner Edelstahlatmosphäre hergestellt „weichgespült“ schmecken. Vielleicht ist es auch nur der subjektive Eindruck der Konsumenten, dass das Bier nicht mehr so gut schmecken würde, wenn es von einer anderen Brauerei hergestellt wird. Wohl deshalb ist der Produktionsort ein gut gehütetes Geheimnis. Und nicht selten bedeutet Lohnbrau den Anfang vom endgültigen Ende …
Das muss aber so nicht sein. Es gibt viele Beispiele für lohngebrautes Bier, das gerne konsumiert wird. In Bamberg wären da das Bier vom Sternlein und von der Wilden Rose zu nennen. Der Bierkeller der wilden Rose ist in Bamberg eine echte Institution und niemand käme auf die Idee, ihn zu meiden, weil das Bier woanders – mir hat mal jemand auf dem Keller zugeflüstert im Kronacher Raum – gebraut wird. In Erlangen feiert das Lohnbrauverfahren gerade mit dem neu erstandenen „Weller-Bräu“, das einem Zeitungsbericht zufolge beim Göller in Zeil am Main gebraut wird, einen neuen Einstand. Ja, gerade traditionelle Gasthäuser besinnen sich wieder auf „ihr eigenes Bier“, mit dem sie sich von der Konkurrenz abheben und sich einen Event-Charakter geben können.
Ein anderes erfolgreiches Beispiel für das Lohnbrauverfahren ist der Brau-Gasthof Rötter in Gerolfingen. 1997 wurde hier das letzte selbstgebraute Bier ausgeschenkt. Das sollte aber noch längst nicht das Ende des markanten Rötter-Bieres sein. Als Hersteller stolpert man über eine (nicht mehr existierende) Brauerei in Aalen (Brauerei Köpf) oder wahlweise über eine Brauerei in der Nachbarschaft, die Brauerei Hauf in Dentlein am Forst.
Aber lassen wir mal die Diskussion um den Herstellungsort beiseite und schauen usn ganz vorurteilsfrei das Bier an:
Das Bier ist bernsteinbraun und sieht eigentlich wie ein typisches Landbier aus. Es schmeckt auch wie eines: braunmalzig, leicht kernig mit verhaltenen Röstmalznoten. Vom Alkohol (5,5%) müsste man es als Märzen einstufen, vom geschmack her ein nettes, braunes Vollbier, dass sich gar nicht so wild, sondern eher weich und mild gibt. Ein Bier, wie es zu typisch fränkischem Essen passt, sei es jetzt das Schäuferla oder das Dosenfleisch. Nicht unlecker, dieses Rötter Privat. Und das einzige Manko ist der kleine Hinweis „Abgefüllt für …“ auf dem Etikett. Ich kann nun nicht sagen, ob das Rötter-Bier früher besser war, als es noch in Gerolfingen selbst gebraut wurde. Schlecht ist es heute allerdings auch nicht. Und wenn sich so ein klein wenig Biervielfalt (wenn schon nicht Brauereivielfalt) erhalten lässt, dann will ich mal nicht so sein. Dann hat das Lohnbrauen auch sein Gutes.
P.S.: Das Lohnbrauverfahren darf man nicht mit der Übertragung der Markenrechte verwechseln. Hätte die Traditionsgaststätte Schlappeseppel in Aschaffenburg ihr Bier bei Eder&Heylands nur in Auftrag gegeben, wäre der Brauereiwechsel wahrscheinlich kaum aufgefallen. Aber dadurch, dass sie der Großostheimer Brauerei die Markenrechte verkauft haben, gibt es jetzt eben kein Schlappeseppel-Bier mehr im Schlappeseppel-Gasthaus …
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