Es gibt Dinge, die fallen mir immer erst hinterher – bierig gesprochen: im Nachhall – auf. Da hatte ich vor ein paar Wochen zum Beispiel mal ein Bier von der Stefansbräu in Dinkelsbühl. Dinkelsbühl hatte ich mit meiner weltbesten Familie besucht – als Bierfanatiker darf man ja die Ziele von Familienausflügen durchaus nach noch zu besuchenden Brauereien auswählen. Bei der Brauerei hatte ich geklingelt, aber keiner hörte. Das Sortiment hatte ich dann halt in einem Supermarkt um die Ecke erstanden. Ist ja kein Problem, hauptsache „der Papa“ hat sein Bier, das ihm noch fehlte, bekommen.

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Das Bier, das ich euch heute als Bier des Tages vorstellen möchte, lautet auf den schönen Namen „Heller Zwickel“ und passt thematisch zum letzten Bier des Tages, dem Weiherer Zwickerla von der Brauerei Kundmüller in Weiher. Die Optik ist bernsteinfarben hell und, wie es sich gehört, schön trüb.

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In Sachen Geruch fällt neben der Hefe ein feines Hopfenaroma auf. Sehr schön! Auch im Aroma kommt der Hopfen deutlich durch. Von Kellerbieren, mit denen der Biertyp Zwickelbier ja verwandt, bisweilen sogar gleichbedeutend ist, kennt man das oft auch anders. Macht aber nichts – und zwar aus zwei Gründen:
1. Da Kellerbier/Zwickel ein neuer Biertrend zu werden scheint, ist es nicht schlecht, wenn sich Biere gleich von Anfang an einer wie auch immer gearteten „Vereinheitlichungstendenz“ entgegenstemmen. Eigener charaktervoller Geschmack mag im Massensegment Gift sein, bei den kleinen Brauereien ist er Gold wert.
2. Selbst wenn man nicht so hopfenaffin ist, bleibt das Bier süffig, denn zum Mitteleteil des Trunks hin übernimmt die Hefe das Heft, schwächt die Hopfigkeit ab und gibt dem Bier einen runderen, weicheren Charakter. Dass er nach hinten heraus wieder ein wenig an Herbe/Hopfigkeit zulegt passt zum Gesamtcharakter des Biers.
Alles in allem ein schönes, traditionelles Zwickelbier. Und damit könnte man es bewenden lassen, wenn mir im Nachhinein dann nicht doch etwas aufgefallen wäre: nämlich der Name!

Heller Zwickel

Ich will jetzt nicht darüber diskutieren, ob es Zwickelbier, das ja eigentlich frisch vom Lagertank ohne größere Reifephase „gezwickelt“ wurde, als Flaschenbier überhapt geben dürfte. Die Diskussion finde ich ein wenig müsig. Für hat das „Flaschenzwickel“ genauso seine Berechtigung wie das „Fasszwickel“ oder das „Tankzwickel“. Was mir als gelerntem Germanisten aber aufgefallen ist, ist das Genus – also das Geschlecht – des Bieres. Der Duden (ich weiß, niemand anders schlägt im Duden nach, wenn er ein Bier testet) weißt beim Nomen „Zwickel“ zwar als Genus maskulin aus, aber als Bedeutung des Nomens  nur:

  1. keilförmiger Einsatz an Kleidungsstücken
    1. (Architektur) Teil des Gewölbes, der den Übergang von einem mehreckigen Grundriss zu einer Kuppel bildet (z. B. Pendentif, Trompe)
    2. (Architektur) Wandfläche zwischen zwei Bogen einer Arkade
  2. (landschaftlich) sonderbarer, schrulliger Mensch

Kein Wort zum Bierstil, das der Duden nur als Zwickelbier kennt. Die Kurzform „Zwickel“ von Zwickelbier müsste einer allgemeinen Regel folgend dasselbe Geschlecht haben wie die Langform, also „Helles Zwickel“. Das allerdings wäre auch mein einziger Kritikpunkt an dem Bier.

Mit einem Blick auf das letzte Bier des Tages hat man es dort sprachlich einfacher gelöst. Durch den fränkischen Deminuitiv „-la“ wird/bleibt das Bier automatisch „sächlich“. Und weil wir gerade bei unnützem Bierwissen sind: Beim Bockbier, kurz Bock genannt, kennt der Duden tatsächlich zwei Geschlechter, männlich und sächlich. Da wirkt sich die die Verbildlichung durch die männliche Ziege auf den Bieretiketten aus. Ob man dagegen beim Genuss eines Zwickelbiers an den Zwickel, also keilförmige Stoffstücke in Unterwäsche, Bade- oder Strumpfhosen denkt, wage ich zu bezweifeln. ;-)