Bleiben wir mal, weil es so schön ist, bei dem Thema „Retro-Lager“. Für heute möchte ich euch nämlich ein Bier vorstellen, dass nicht nur retro ist, sondern historisch. Zumindest steht es so auf dem Etikett des Imperial von der img_4519

Historisches Lagerbier kann man da lesen. Außerdem noch folgenden Satz: „Gebraut mit 100 % Dr. Franks Grannen abwerfende Imperialgerste“

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Aha! Hmm, … da war doch was. Irgendwoher kenne ich diese Gerstensorte. Genau! Es gibt da schon mal ein Bier mit jener Getreidesorte, das Vetus Specialis Dr. Francks grannenabwerfende Imperialgerste, das ich ehrlicherweise aber selbst noch nicht verkostet hatte. Aber wie gut, dass es jemanden gibt, der selbst die Biere kennt, die sonst keiner kennt, nämlich den Kollegen Volker Quante. In dessen Buch Bier vor Ort hatte ich von jenem Bier gelesen. Ein überaus lohnenswertes Buch, das ich hier rezensiert hatte.

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Das mit Dr. Franks grannenabwerfender Imperialgerste ist übrigens so: Die Grannen, dass sind die Barthaare an der Ähre dieser Gerstensorte. Die hat die Gerste zum Beispiel, um sich (also die Gerstenkörner) vor Vogelfraß zu schützen. Dr Franks grannenabwerfende Imperialgerste wirft diese Grannen nun bei der Reife ab. Und weil die Gerste auf dem Feld recht aufrecht steht, ist es eine Imperialgerste. Diese Gerste ist eine Züchtung des frühen 20. Jahrhunderts, die seinerzeit als Braugerste wohl sehr gefragt gewesen sein soll. Alllerdings mag die Gerste mit dem lustigen Namen wohl keinen Kunstdünger und hat eher schwache Erträge. Dafür sollen Qualität und Geschmack richtig gut gewesen sein, aber was juckt die heutige Agrarindustrie solche Qualitäten? Da geht es nur drum, möglichst schnell, möglichst viel Ertrag zu haben. Und alte Sorten, so wie Dr. Franks grannenabwerfende Imperialgerste, gehen verloren …
img_4523Naja, nicht ganz verloren, schließlich steht gerade ein Bier mit so einer Gerste hier vor mir. Der Impuls zu diesem Bier kam von Jürgen Krenzer von Krenzers in der Rhön. Ein helles, naturtrübes single-malt-single-hop-Lager mit Spalter Select als Hopfen. Das Bier ist süffig, hat ein schönes Malzbett, bei dem sich ab und an ein wenig Süße zeigt. So, wie ein bisschen Bisquit zwischendurch. Dazu kommt ein nettes, würziges, leicht kräuteriges Hopfenaroma. Liegt daran, dass auch nur Spalter Select als Hopfen verwendet wird. Also die Zutaten können sich sehen lassen. Das Endprodukt auch … Geht runter wie Öl! Davon könnte ich jetzt auch noch eins mehr trinken. Dank gnädigen 5,2 % wäre das auch kein Problem. Schade, dass es das nur in so kleinen Flaschen gibt …

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Und wenn man weiß, dass es sich bei dem Bier eben nicht um ein bockstark-hopfiges „Impiiriääl“, sondern um ein getreidiges, klassisches Imperial handelt, dann gibt es auch keine Verwirrungen. Nicht dass da einer denkt, es handele sich um irgendsoein 0815-IPA. ;-)

P.S.: Gerade gesehen, dass es das Bier auch in der Rhön gibt. Zwar mit anderem, dafür aber ziemlich „schaafen“ Etikett, aber sonst wohl gleich.