Die Region Gräfenberg in der Fränkischen Schweiz ist ja für ihre Brauereien bekannt. Man wirbt für den lokalen Wanderweg mit dem schönen Namen „5-Seidla-Steig“. Da kann der Wanderer 5 Brauereien ansteuern, sich überall einen Stempel in seine Stempelkarte drücken lassen und bei voller Karte einen recht ansehnlichen Bierkrug zum Vorzugspreis erwerben. Damit kann man Touristen auch abseits der großen Highlights Gössweinstein und Pottenstein in die Fränkische Schweiz locken. Nett sieht es ja schon aus in Gräfenberg mit den historisch bemalten Häusern, aber die obligatorische Burg/Ruine fehlt halt doch. Und eine Tropfsteinhöhle ist auch nicht in der Nähe. Wie gut, dass es wenigstens einen berühmten Ritter gibt, den man in Gräfenberg ehren kann:
Wirnt von Gravenberc. Der verfasste zwischen 1210 und 1220 einen 11700 Verse langen Artus-Roman um den Ritter Wigalois, einen Sohn des tapferen Ritters Gawain. Das moderne Gräfenberg ehrt ihn mit einem alle 5 Jahre stattfindenden Mittelaltermarkt (in den Jahren, die mit 4 und 9 enden). Das „romantische“ Gräfenberg stellte ihm ein recht idealisiertes Standbild auf den Stadtbrunnen, das mit dem wahren Wirnt, der so um 1170 geboren worden sein soll, überhaupt nichts gemeinsam hat. In einem hat es aber recht: Wirnt dürfte wirklich ein Ritter gewesen sein – im Gegensatz zu den berühmteren Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide.

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Und der gute Wirnt dient der ortsansässigen Brauerei Friedmann als Namensgeber für ein Landbier: Ritter Wirnt Trunk. Dass in Wirnts Wigalois tatsächlich höchstens Wein aber kein Bier getrunken wird, tut nichts zur Sache. Er wird sich schon ab und an einen Humpen gegönnt haben – nicht vom Friedmann-Bier, denn das gibt es erst seit 1875. Aber es wurde ja auch schon früher dort gebraut.
Stark, wie uriges Bier zu sein hat, ist er schon, der Ritter Wirnt Trunk: 5,6% stellen für ein Vollbier schon die obere Grenze dar. Und urig sieht er auch aus, dunkel und rotbräunlich schimmernd. Der Schaum steht nur kurz, wie es halt in Franken so üblich ist. Sieht es noch recht urig aus, riecht es dafür eher mild und nur ganz leicht nach Röstmalz.
Würde der Land-Adelige Wirnt sich seinen gleichnamigen Trunk über die Zunge laufen lassen, könnte es ihm schon schmecken. Feingliedrig ist dieses Bier nämlich nicht. Den schlanken Antrunk begleitet recht schnell eine herbe Röstnote, die sich über das ganze Bier hinweg ausbreitet. Malzig, getreidig bleibt es, hier und da kommt eine Spur Malzsüße durch. Und von Schluck zu Schluck wird’s süffiger. Ja, kann man trinken!

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Ob’s dem historischen Namensgeber gerecht wird? Wer weiß? Aber wenn man schon mal den 5-Seidla-Steig macht, kann man beim Friedemann sicher einen Humpen auf den alten Wirnt und seinen Helden Wigalois leeren und dabei so herrlich von tugendsamen Rittern, erschlagenen Drachen, geretteten Jungfrauen, wilden Wald-Weibern, exotisch-orientalischen Heidinnen und bösen Zauberern träumen. Denn all das gibt’s im Wigalois …