Neulich fiel mir beim Schlendern durch einen bekannten Discounter, der sonst eher für den Verkauf von No-Name-Billigbier in Plastikflaschen bekannt ist, folgendes Bild auf:
Premium-Bier steht palettenweise neben Wühltischen und sieht … naja, sagen wir es, wie es ist: Es sieht billig aus! Und ein Image als Billigbier ist im Premium-Sektor tödlich. Das lässt sich sehr schön am ehemaligen Branchenprimus Warsteiner nachvollziehen. Das Manager Magazin hat das sehr treffend beschrieben:
„Mit immer neuen Rabatten und Produktbeigaben ruinierte Warsteiner sein Premiumimage. Bald hing das goldene Warsteinerwappen gefühlt an der Mehrheit der Bahnhofskioske, Trinkhallen und Dönerbuden. Warsteiner gab es in Dosen beim Discounter oder zuletzt in Kombination mit kostenlosem Rasierschaum.„
Da möchte man sich fragen, ob die Branche aus der Fehlentwicklung bei Warsteiner etwas gelernt hat. Und irgendwie befürchtet man, dass die Antwort „Nein“ lauten würde. Einen Aspekt der Fehlentwicklung auf dem Biermarkt lässt der Artikel im Manager Magazin aber unbeachtet:
Der Konsument kann den „Mehrwert“ von Premium-Bieren nicht mehr erkennen. Dank dem Hinweis „Gebraut nach dem Reinheitsgebot“ kann sich der Konsument kaum einen qualitativen Vorsprung bei einem Premium-Bier vorstellen. Und geschmacklich wird das mit dem Unterschied sowieso immer marginaler. Nicht nur im Pilsbereich, auch beim Weizen zum Beispiel, sind ausgesprochene Billigmarken nicht automatisch geschmacklich „schlechter“.
Das fiel mir letzthin beim Test des Turmherren Hefeweizens auf. Turmherren ist sozusagen die Billigmarke der ehemaligen Weiß Rössl Bräu aus Roßstadt bei Eltmann, die es wiederum von der Kaiser in Neuhaus übernommen wurde. Nun kann man die Brauerei Kaiser mit ihren Veldensteiner-Bieren wahrlich nicht mit den Warsteiner-Bieren vergleichen. Bei Warsteiner hatte man zuletzt einen Ausstoß von 2,5 Millionen Hektolitern. Wie viel die Veldensteiner Kaiser so pro Jahr braut, kann ich nicht genau sagen. 2008 hatte man einen Ausstoß von 200.000 Hektolitern, das 1991 neu gebaute Sudhaus hat eine Kapazität von 500.000 Hektolitern. Aber auch hier kann man sich fragen, ob Billigmarken wie Turmherren nicht der „Premium-Marke“ Veldensteiner schaden. Zumal das Turmherren Hefeweizen sowas wie ein heimlicher Preis-Leistungs-Sieger ist. Das Aroma passt, dem Bier fehlt eigentlich nichts. Das Bananenaroma ist angenehm, aber nicht zu dominant. Die phenoligen Nelkenaromen halten da schön würzig dagegen. Das Aussehen und die Schaumkrone – bei Weizenbieren ist deren Stabilität ein wichtiges Kriterium – des Billig-Weizens mit seinen 5,2 % passen auch. Auch der Körper ist angenehm voll und samtig, das Bier aber dennoch genügend spritzig. Nein, dem Bier fehlt es an nichts. Oder wie es der Kollege von 1000getränke.de schrieb: „Alles in allem ein gutes und für den Preis beachtliches Weizenbier.“
Manch teureres Weizen hat da auch nicht mehr zu bieten, außer einem Mehr an Image. Aber lässt man außer Acht, dass es das Turmherren Weizen nur in wenig schmucken, schwarzen „Norm-Kisten“ gibt und auch die Etikettengestaltung jetzt nicht so der Bringer ist, dann schmilzt der Vorteil eines Veldensteiner Weißbiers aus der Bügelverschlussflasche rapide. Dass man in der Brauwirtschaft lange Zeit vor allem auf Masse und Rabattaktionen gesetzt hat, kann dann leicht zum Bumerang werden, wenn die Konsumenten mehr und mehr zu Billigmarken wechseln …
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