Heute mache ich mal ein „Double-Feature“ als Bier des Tages, denn die beiden heutigen Biere wurden von der Brauerei ja auch im Doppelpack als Neuheit angeboten. Man muss ja auf dem Biermarkt immer wieder Neuheiten – oder etwas, was man dafür hält – anbieten, damit man auch vom Kunden wahrgenommen wird. Die Konkurrenz (gerne „Mitbewerber“ genannt) schläft nämlich nicht. Wer da zu spät kommt, hat vielleicht das Nachsehen …

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Insofern habe ich mich ein wenig über die Brauerei Kaiser aus Neuhaus gewundert. Die geht zwar mit ihrer Veldenseiner Bierwerkstatt und interessanten Craftbieren zum humanen Preis einen richtigen Weg, wie ich finde. Aber so richtig „Masse“ macht man mit Bieren wie einem Mandarina Weizen oder zuletzt dem California Common nicht.  Dafür braucht man seit einiger Zeit andere Bierstile …

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Ein „bayerisches Helles“ in der Euroflasche zum Beispiel. Über den Trend zur Euroflasche schreibe ich ja nun schon seit einiger Zeit (Locker über einem Jahr). Und genauso lange darüber, dass es immer mehr weichgespülte helle Vollbiere auf dem Markt gibt. Ich nenne sie immer gerne „-er-Clone“, da sich solche Biere meist sehr deutlich an Augustiner, Tegernseer oder ähnlichem orientieren. Die Formel ist einfach: Man braucht ein Retro-Etikett (oder etwas, was einen ähnlich „ehrlich-minimalistischen“ Charme aufbietet), eine Euro 2-Pulle (im Volksmund gerne als „Maurer-Pulle“ bezeichnet, obwohl so eigentlich eine andere Flaschenart heißt), gerne auch eine blaue Kiste (weil die Vorbilder auch in blauen Kisten daherkommen), vielleicht noch Rauten oder die Bezeichnung „bayrisch“ (nicht zwingend notwendig, außer man spechtet auf den Markt im Süden) und ein ziemlich unaufgeregtes, helles Vollbier darin. Von diesen neuen „alten“ Bieren gibt es tatsächlich viele auf dem Markt. Angefangen hat es hierzulande mit Bieren wie dem Grüner von Tucher oder dem Bayreuther Hofbräu Hell von Maisel/Bayreuther Aktien.

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Und jetzt kommt also die Kaiser in Neuhaus mit einem Veldensteiner Vollbier Hell in der Europulle hinterher. Ziemlich spät, wie ich finde. Wer weiß, wie lange der Trend noch läuft. Bei vielen Großbrauereien (oder auch kleineren) setzt man dagegen eher auf modische Zwickel/Kellerbiere: Ich denke da jetzt mal an Franziskaner oder Paulaner. Und Kulmbacher fährt mit der Mönchshof Manufaktur-Schiene voll auf Unfiltriertes ab. Naja, wie schon häufig angemerkt: Ich habe ja eigentlich keine Ahnung vom Marketing. Und wer den Plan hatte, das Vollbier Hell jetzt auf den Markt zu bringen, wird sicher wissen, was er tut. Wobei ich ein wenig nach dem Bier suchen musste. Vielleicht bin ich ja während meines Shoppingtripps in Nürnberg in die falschen Getränkeläden gegangen, aber es hat ziemlich lange gebraucht, bis ich endlich mein Fläschchen Veldensteiner Vollbier Hell in Händen hatte.

veldensteiner-hellHat sich die Sucherei gelohnt? Da kann man jetzt zweierlei Meinung haben: Wer ein klassisches helles Vollbier sucht, so eines, das unaufgeregt ist, das wenig Bittere, viel helle Malzaromen und „ein µ an Hopfenaromen“ hat, der wird hier bestens bedient. Der Malzkörper ist weich, mild und zeigt Anklänge an Toastbrot. Der Hopfen hält sich im Hintergrund, gibt dem Bier ein feines grasiges Aroma. Bittere hat es nur so viel, damit es nicht zu süß wirkt … Das ist auf eine sehr einfache Art süffig, das muss man zugeben. Man darf aber auch nicht zu viel eigenständigen Charakter erwarten. Denn irgendwie hat man auch das Gefühl, so ein Bier schon zigmal in der Hand gehabt zu haben. „Another bloody Helles“ sozusagen. Eine echte Innovation ist das nicht. Und eigentlich müsste man das neue Veldensteiner Hell jetzt mal mit den vielen Hellen vergleichen, die die Brauerei Kaiser in Neuhaus sowieso schon braut. Immerhin legt man Wert darauf, dass (wohl unter anderem) ausgesuchter Hopfen aus dem Anbaugebiet „Hersbrucker Gebirge“ genutzt wird. Sei es, wie es mag: Sucht man ein einfaches Trinkbier für eine Grillveranstaltung, bei der das Bier jetzt nicht unbedingt im Mittelpunkt stehen muss, macht man damit nichts verkehrt. Man könnte dann aber auch zu einem der vielen anderen hellen Vollbiere greifen.

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Etwas anders sieht es dagegen beim ebenfalls neuen Veldensteiner Rotbier aus. Den „Trend“ zum Rotbier gibt es zwar auch schon länger: Angestoßen vom Erfolg der Nürnberger Hausbrauerei Altstadthof und der Schanzenbräu wächst der (zum Teil auch schon länger bestehende) Rotbiersektor (vor allem in Mittelfranken) Stück für Stück.

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Aber im Gegensatz zum hellen Vollbier haben das die Großbrauereien noch nicht bemerkt. Oder das Segment ist einfach zu klein. Jedenfalls stand da in einem Nürnberger Getränkemarkt das neue Veldensteiner Vollbier neben dem Lokalmatador Schanzenbräu Rotbier. Da ließen sich die beiden Biere doch mal spontan vergleichen.

dsc_1068Als erstes fällt auf. dass das Veldensteiner Rotbier im Vergleich zum Schanzenbräu heller und filtriert ist. Das Kupferorange vom Veldensteiner ist ganz schick, könnte für ein Rotbier allerdings noch einen Farbton tiefer sein. Dafür gibt es aber keine Abzüge in der Gesamtnote, finde ich.

Schanzenbräu links, Veldensteiner rechts

Schanzenbräu links, Veldensteiner rechts

Dass das Rotbier schön malzig startet, verwundert nicht. Münchner Malz? Melanoidin? Rotes Karamellmalz? Die Brauerei spricht von besonders gedarrten Spezialmalzen. Und die geben dem Bier ein schönes, brotiges, verhalten süßliches Aroma. Passt so weit und ist im Trunk angenehmer und weicher als das Schanzenbräu Rotbier. Die Brauerei Kaiser verspricht einem ja “ einen barocken, kernigen Körper“. Für ein „barockes“ Bier könnte es fast noch ein wenig voluminöser sein. Aber ansonsten gefällt das Spiel aus Karamell, nussigen Aromen und ein wenig roten Beeren.

img_1173Im direkten Vergleich zum Schanzenbräu ist das Veldensteiner Rotbier das „einfachere“ Bier, es ist unaufgeregter. Ob man da nun zum dunkleren und voluminöseren Schanzenbräu oder zum im Vergleich dazu schlankeren Veldensteiner greift, ist Geschmackssache.

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Hat man die Wahl zwischen dem Vollbier Hell und dem Rotbier, würde ich zum Rotbier tendieren. Das ist für mich das wesentlich interessantere Bier. Wenn man sie denn bekommt. Denn wie gesagt, ich habe nach beiden in Nürnberg (und das ist ja eigentlich die Rotbier-Hochburg!) ein wenig suchen müssen …