Zu den ständgen Themen dieses Blogs gehört ja die (leidige) Frage, wer was braut. Es ist ja mehr als nur ein offenes Geheimnis, dass nicht jedes Bier einer Brauerei tatsächlich dort gebraut wird. Gründe für solche „Fremdbiere“ gibt es viele – mal abgesehen davon, dass nicht mehr jede „Brauerei“ tatsächlich selbst braut. Ab und an liest und hört man da die interessantesten Sachen z. B. von wechselseitigen Lieferverträgen, also Tauschegschäften im Stile von: „Ich nehme dein Alkoholfreies, wenn du mein Weizen nimmst.“ Apropos Weizen: Das ist ja der Kandidat, bei dem man am ehesten an Lohnbrau denkt. Heute ist es ja mehr oder minder normal, dass jede Brauerei ihr „eigenes Weizen“ hat, wenn es auch nur vom Etikett her eigen ist.

Was mich zum heutigen Weißbier der Brauerei Ott aus Oberleinleiter bringt. Denn dessen Flaschenform und Etikettgestaltung macht mich schon stutzig. Gibt es die Ott-Biere sonst in den bauchigen Euro-Pullen, kommt das Weißbier in schlanken NRW-Flaschen daher.

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Als einzige Sorte. Und auch die Form der des Halsetiketts ist anders. Bei größeren Brauereien ist das ja kein Problem. Da gibt es Maschinen und Kapital dafür. Aber bei kleineren Brauereien ist der Kostendruck höher. Und die 7.000 hl, mit denen die Brauerei Ott in Oberleinleiter bei Bierland Oberffranken geführt wird, ist zwar nicht ganz so klein, groß ist aber auch etwas anderes. Und dann gibt es da noch den Etikettstreifen zwischen Hals und Bauchetikett. Auch den hat kein anderes Ott-Bier

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Das sind, zugegeben, schwache Indizien, aber sie nähren den Verdacht, dass das Ott Weißbier zugekauft wird. Das muss nichts Schlechtes sein. Warum soll der Brauer die Nachfrage nach einem Weizen nicht mit dem eigenen Sortiment befriedigen. Warum sollen die typischen Weißbiergrößen in fränkischen Brauereigaststätten noch mehr Marktmacht bekommen? Also, wenn das Weizen gut ist, dann kann ich auch mit Lohnbrau leben.

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Im Falle des Ott Weißbiers bin ich da aber ein wenig zwiegespalten. Man kann nichts gegen das helle Ott Weißbier haben. Es schmeckt halt, wie so ein Weißbier schmeckt: deutlich hefig, erfrischend rezent, angenehm fruchtig – nur hinten raus wird’s auf die Dauer ein wenig herb und insgesamt vielleicht ein wenig säuerlich. Aber alles in allem stört das kaum. Im vergleich zu anderen Weizen ist es nicht viel besser, aber auch nicht viel schlechter. Was für mich heißt: Gäbe es das Ott Weißbier nicht, es würde mir nichts fehlen. Auf der anderen Seite bergen solche Weißbiere auch große Chancen. Denn mehr und mehr Brauereien brauen mittlerweile ihre Weizen tatsächlich selbst – und dabei verschlechtert sich das Bier in den seltensten Fällen. ich denke jetzt nur mal an das „neue“ Wiethaler Hefe-Weißbier.

 

wiethaler-3Wer weiß, vielleicht habe ich ja bald auch ein Ott Weißbier in der Euro-Flasche vor mir stehen. ich würde mich freuen …