Heute gibt es ein Jahrgangsbier – und zwar das Jahrgangs Bier vom Bürgerlichen Brauhaus in Wiesen. Jahrgangs Bier, das klingt ja so nach … Edel- oder Gourmet-Bier. Und das ist eine Kategorie, mit der ich mal so gar nichts anfangen kann, auch wenn er z. B. bei www.bier.by benutzt wird. Ich finde ja, dieser Begriff wertet die „normalen“ Biere ab. Gourmet ist nur, was besondere Flavour-Hops hat? Oder was fassgelagert ist? Ein normales Bier bekommt nicht das Prädikat „Gourmet„? Selbst, wenn die „normalen Biere“ Bierstern um Bierstern einheimsen? Tut mir leid, aber diese Einteilung kann ich nicht nachvollziehen.

Quelle: http://www.bier.by/brauerei-guide/burgerliches-brauhaus-wiesen-christof-hartmann-gmbh-co-kg-1.1886334

Quelle: http://www.bier.by/brauerei-guide/burgerliches-brauhaus-wiesen-christof-hartmann-gmbh-co-kg-1.1886334 Zwei Sorten werden mit Biersternen prämiert, aber keine davon ist gut genug für Gourmets? Denn als Gourmet-Bier darf hier nur das Pompejanus gelten …

Wäre das Jahrgangs Bier aus dem Bürgerlichen Brauhaus Wiesen jetzt ein Gourmet-Bier? Gute Frage! Denn eigentlich ist es ehrlich gesagt nichts wirklich Besonderes. Gut, es wird konsequent aus Bio-Zutaten hergestellt. Aber das werden andere Biere auch. Und der Gerstensaft ist – wie einem das Etikett verrät – auf nur einen Sud limitiert. Aber sonst? Sonst fehlt diesem Bier alle „Gourmet-Attitüde“. Bio-Hopfen aus der Hallertau? Ja. Flavour-Hops? Nein!

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Es ist ein grundsolides helles unfiltriertes Bier. Keine Alkohol-Granate (nur 4,7 %). Keine Sektflasche, dafür eine ganz normale NRW-Pulle. Ja nicht mal der Jahrgang ist auf dem Etikett angegeben. Wozu auch? Das Bier wird gekauft und getrunken. Bei diesem Bier käme niemand darauf, mehrere Flaschen jahrelang zu lagern, um den Alterungsprozess sensorisch zu begleiten. Das ist zwar alles interessant und ich mache das ja auch ab und an, manchmal aber auch einfach nur Schnickschnack. Oder eben Gourmet-Attitüde. Ich mache mich jetzt sicher unbeliebt, aber hier und da sieht man Gourmets, bei denen zumindest ich mir jetzt nicht mehr sicher bin, was im Vordergrund steht: Die eigene Show oder das Getränk, das sie beschreiben …

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Aber wie gesagt, das fehlt dem Wiesener Jahrgangs Bier alles. Und im Grunde ist das gut so. Es ist ein unfiltriertes Helles mit einem hopfigen Geruch. Beim Geschmack fällt der Hopfen auf, da zeigt es fast ein wenig Citrus-Noten. Dazu kommt die fruchtige Hefe und eine nette Herbe im Abgang. Das ist lecker, süffig und handwerklich ordentlich gemacht. Man darf halt nur nicht mit irgendwelchen Gourmet-Erwartungen an die Sache herangehen. Oder eigentlich schon. Denn es schmeckt ja. Ein Feinschmecker, der ein Gourmet ja ist, hat sicher seine Freude an so einem Bier. Wer aber mit „Gourmet-Attitüde“ an dieses Bier herangeht, wird sicher enttäuscht. Der stört sich vielleicht daran, dass es für ein helles Kellerbier zu fruchtig, für ein unfiltriertes Pils aber zu mild sei. Und überhaupt sei es für ein Jahrgangsbier zu gewöhnlich. Wo es doch so edle Jahrgangsbiere gebe,  mit speziellen Hefen vergoren, hopfengestopft, fassgelagert …
Dass man mit großem Hopfeneinsatz, Fasslagerung und hohem Alkoholgehalt natürlich spektakuläre Ergebnisse erzielt, ist klar. Dass das Besondere häufig gerade im Einfachen liegt, nicht so sehr. Auf das Jahrgangsbier aus dem Bürgerlichen Brauhaus Wiesen lasse ich daher nichts kommen. Ein Bier für „echte Biertrinker“, ein Bier eher für den Glaskrug als für den Teku-Pokal, eines für die „stillen Gourmets“, ein „leises Bier“. Sowas mag einfach erscheinen, aber so mancher Brauer scheitert daran.