Es war vor so gut einem Jahr, da hatte ich beim 3. Bamberger Biersymposium einen Vortrag über die fränkische Bierlandschaft gehalten. Der Titel des Vortrags lautete: „Bierregion Franken – eine Region im Wandel?“ Und eine Folie meiner Präsentation zeigte den Retro-Trend auf dem fränkischen Biermarkt.

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Einfach lässt sich dieser „Trend“ so zusammenfassen:

  • Man braucht eine Euro-Flasche, die Bodenständigkeit und Authentizität verkörpert.
  • Das Etikett sollte sich an der Zeit orientieren, als die Bierwelt noch heil war – z. B. an den 60er Jahren.
  • Man braucht einen traditionellen Bierstil, am besten ein Helles oder ein Weizen.
  • Ein gewisser „Bayern-Bezug“ ist ebenfalls von Vorteil. Der Biermarkt im Rest des Freistaats bzw. der Republik lässt sich so leichter „erobern“.

Und dieser „Trend“ geht munter weiter. Ein neuer Vertreter solcher Biere ist das Käuzle Urhell der Brauerei Kauzen aus Ochsenfurt. Bei dem treffen alle oben genannten Punkte 100%ig zu. Wie steht so schön auf der Homepage der Freien Brauer:
Der Trend zu bayerischen Spezialitäten ist ungebrochen, gerade im Bereich Bier ist die Frage nach „Handgebrauten“, sogenannten Craft-Bieren, mit bayerischen Wurzeln enorm hoch.

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Und so sieht das Bier auch aus. Euro-Flasche, Helles Vollbier, Retro-Etikett und Kronkorken, alles mittlerweile schon bekannt. Hat man beim Käuzle Urhell den nächsten Retro-Klon in der Hand? Und kann/darf man so ein wenig gehopftes Helles überhaupt „Craftbier“ nennen? Fragen über Fragen.
Was mir als erstes auffiel waren die satten 5,4 % Alkohol. Ein höherer Alkoholgehalt bedeutet ja auch einen höheren Malzeinsatz. Und der bedeutet eigentlich auch ein vollmundigeres Bier. Und tatsächlich startet das Käuzle – der Name soll an eine 50er-Jahre-Kultmarke erinnern – angenehm bierig vollmundig. Das hätteich so nicht erwartet. Wäre das Bier hopfiger, könnte man es fast in Richtung Export Hell einordnen. Aber ein Blick auf die Homepage der freien Brauer gibt da Aufklärung:
Damals als ‚Käuzle Spezial hell‘ geführt, feiert das helle Lagerbier nun sein Comeback als „Käuzle Urhell„, wird da die Brauerei zitiert. Aha, daher weht der Wind. Der Name Käuzle Spezial hätte mir ja besser gefallen als Käuzle Urhell. Urhell gibt es ja schon so viele, aber nun gut. Da wird sich jemand schon seine Gedanken gemacht zu haben.

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Das Bier ist erstaunlich süffig. Der Körper zeigt sich ordentlich getreidig, ein wenig „spelzig“, was mit gefällt. Es ist jetzt nicht gerade kernig-markant, aber auch nicht langweilig. Unterschwellige Süße trägt diesen Getreideeindruck. In Sachen Hopfen fällt ein feines Hopfenaroma auf, eine richtige Bittere bleibt dagegen aus. Da ist das Bier eher sanft, was aber auch gewollt ist. Schließlich sind die milden, bayerischen Hellen gerade in. Was mir noch aufgefallen ist, ist so ein leichtes „Popcorn-Aroma“, also eine Mischung aus Süße, hellem Malz und vielleicht einem Hauch Karamell.

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Wer ein brauchbares Helles sucht, das man einen ganzen Abend (oder ein Volksfest) lang trinken kann, der ist hier genau richtig. Ob man so ein Bier „Craftbier“ nennen soll – da habe ich meine Zweifel. Sicher, es ist „handcraftet“, also kein Industriebier. Aber es verkörpert eigentlich nichts, was man gemeinhin mit „Craft“ verbindet. Dafür hätte man dem Bier zum Beispiel eine schöne, subtile Cascade- oder Ella-Note verpassen können. Überhaupt ist Hopfen so ein anderer, neuer Trend auf dem Biermarkt. Nicht nur die exotischen Hopfen aus den USA, Australien oder Neuseeland, auch der eigene Hopfengarten „hinter der Brauerei“ kommt wieder. Und mit ihnen entsprechende Biere. Aber auch das hat man bei der Kauzen Bräu entdeckt und hat einen Hopfentraum im programm.

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Quelle: https://www.facebook.com/kauzenbraeu/photos/pcb.898380000216221/898378963549658/?type=3&theater

Aber darüber schreibe ich ein anderes mal, wenn mir das Bier mal über den Weg läuft.