Herrje, warum sagt mir eigentlich keiner, dass ich im Moment wieder mal viel zu „craftbierlastig“ unterwegs bin? Es stehen ja wieder mal fast nur Ales als Bier des Tages auf der „frontpage“. Gut, nach bald 2000 Bieren sind viele der klassischen Biere halt schoan abgegrast. Und neue Brauer tun sich halt oft mit einem IPA oder anderen Craftbieren hervor. Dabei gilt gerade ein klassisches, einfaches Helles als einer der schwierigsten – und deshalb am meisten unterschätzten – Bierstile überhaupt. Und nicht selten hört man den Satz „Braut erstmal ein anständiges Helles, dann reden wir weiter!“, wenn Quereinsteiger ihre eigene Brauerei gründen.
So ein Quereinsteiger ist Felix vom Endt. Gut, ein Bierneuling ist er wirklich nicht. Mit seinem 2006 gegründeten Blog Lieblingsbier war er einer DER Bierblogger schlechthin, nicht nur in Franken. Nach einer Zwischenstation in Kanada, wo er bei Parallel49Brewing gearbeitet hatte, ging es zur Berlin Beer Academy und von dort zur Bierlegende Heidenpeters in die Markthalle 9. Für einen Quereinsteiger ist das eine solide Basis, viel solider als das, was man so als Hobbybrauer sonst so hat. Von Johannes Heidenpeter hat er auch die Brauanlage übernommen, mit der er jetzt in Nürnberg in einer recht weitläufigen Industriehalle braut.
Natürlich stehen coole Ales auf der Orca Brau-Karte, die es wirklich wert sind, probiert zu werden. Aber um die kümmere ich mich ein andermal. Denn der Bierstil, den man in Franken unbedingt braucht, ist ein „einfaches Schüttbier“. Eines, von dem man eine Kiste hinstellt, wenn „die Jungs“ vorbeikommen. Meinetwegen auch die Mädels, Bier ist ja schon lange keine reine Männerdomäne mehr. Erst recht nicht in Franken. Dass es also von Felix auch ein Helles gibt, liegt nahe. Aber taugt das auch was? Schließlich sind untergärige Biere – schaut man sich an, wo er das Biermachen gelernt hat – nicht unbedingt die Hauptsorten seiner bisherigen Bierkarriere. Dementsprechend nervös war er auch bei der Brauereieröffnung am 25.02. dieses Jahres.
Dabei gibt es gar keinen Grund dazu. Sein Normal genanntes Helles hat nämlich alles, was ein modernes Helles braucht, und zwar genau so wie es ist. Die helle, naturtrübe Optik gefällt. Klar, das klassische „bayerische Helle“ ist filtriert – aber irgendwie auch ein wenig langweilig. Das Normal hingegen schaut ansprechend aus und riecht richtig schön blumig. „Vielleicht ein wenig überhopft?“ war sich „der Bräu“ unsicher. Die einhellige Meinung des Tages: NEIN! Im Gegenteil: Die feine Hopfenblume in Nase und auf Gaumen gefiel nicht nur mir. Überhaupt passt das Zusammenspiel zwischen unaufdrimglichem Malzkörper und frühlingsfrischem Hopfenaroma. Auch die Balance zwischen Süße und Bittere passt vollkommen. Auch ein gerade zu recht gefeierter Braumeister ließ sich da zu spontanem Lob hinreißen – vor allem, weil das Normal gerade nicht ein weiteres langweiliges Bayrisch Hell ist. Es ist eher ein „Helles 2.0“. Eines, das auf erfrischende Art modern ist, aber eben auch traditionell, was vor allem an den klassischen Hopfensorten Hersbrucker Spät und Hallertauer Mittelfrüh liegt. Ehrlich, Felix, ich würde an dem Bier nichts ändern. Es passt so genau in die Zeit, schlägt eine Brücke zwischen Tradition und Craft – wobei der Zeiger hier eher in Richtung Tradition ausschlägt.
Der nächste Schritt in Richtung Craft wäre dann das Einfach, ein nicht minder süffiges Pale Ale. Aber darüber schreibe ich demnächst mal …
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