Ok, die letzten Tage waren wieder ein wenig „craftlastig“.  Craftbier ist ja ein Thema, das die Biertrinker spaltet, vor allem an einem Tag wie heute. Am 1. Mai, da geht man raus, spaziert durch die Natur, sitzt am Ende irgendwo auf einem Keller und lässt es sich gut gehen. So mit Dosenfleisch und Pressack. Und mal ehrlich, so eine Brotzeitplatte schreit nach einem klassischen Bier. Denn welches Pale Ale sollte sich mit seinen fruchtigen Aromen an eine Göttinger anschmiegen, welche Leberwurst durch einen fassgelagerten Barley Wine passen und welches IPA einen Gerupften in neue geschmackliche Höhen heben oder halt schlich nur ordentlich begleiten können. Eben! Das ganze „Craftgedöns“ mag ja interessant sein, aber richtiges Bier, so eines, von dem man gerne mal mehr trinkt, das kriegen die Craftbrauer doch gar nicht hin – so zumindest ein gerne wiederholtes Vorurteil.

img_5092

Und an dem könnte etwas Wahres dran sein. Schließlich wirkt es einfach, ein prinzipiell langweiliges oder auch nicht ganz harmonisches Bier mit so viel Hopfen, Gewürzen oder Holzaromen zuzubomben, bis man nichts anderes mehr schmeckt. Wenn man aber den ganzen Hopfen- und Holzzauber weglässt, dann muss so ein Bier schmecken! Darin zeigt sich die Meisterschaft beim Brauen. Können das Craftbrauer überhaupt???

Nun haben sich zwei ausgesprochene Kreativköpfe der deutschen Craftszene daran gemacht genau diese Frage zu beantworten. Felix vom Endt, mit seiner Orca Brau kreativer Senkrechtstarter unter den deutschen Craftbrauern, und Sebastian Sauer, mit Freigeist Bierkultur deutsches Craft-Urgestein und international gefeierter Rockstar der Szene, haben zusammen ein Projekt gegründet, das nichts anderes will, als klassische fränkische Biere zu brauen. Das klingt im ersten Moment absurd, wenn Brauer, die Aprokosengosen oder Smoked Raspberry Chili Porter brauen, Kellerbiere geil finden. Ist es aber nicht. Wer beide kennt, weiß, wie sehr sie die Ursprünglichkeit fränkischer Bierkultur und die handwerklichkeit der heimischen Brauereien schätzen. Die Biere hören auf den Namen Veit, nach dem „Heiligen“ der im Frankenlied besungen wird – und gebraut werden die Biere von den beiden beim Mainseidla von Jörg Binkert in Breitengüßbach. Also in Sichtweite vom Staffelberg.

img_5101

Zum ersten Mai habe ich mir den Roten Maibock von Veit mal genauer angeschaut. Die Flasche ist die klassische Euro-Pulle, das Etikett kommt einfach daher – aber eigentlich gibt es die Veit-Biere nicht in der Flasche. Nur, wer bei der Orca Brau in Nürnberg vorbeikommt, kann sich ein Fläschchen Veit mitnehmen, das Felix vom Endt in seiner Brauerei selbst abfüllt. Apropos abfüllen: Da sieht man dann doch, dass hinter Veit die Craftidee steckt: Auf dem Etikett is nicht nur das Mhd, sondern auch das Abfülldatum angegeben.

img_5106

Optisch ist der Maibock top! Die Farbe hält, was der Name verspricht. Das einzige „Moderne“ am Veit Maibock ist vielleicht, dass er unfiltriert ist. Und der Geschmack ist eigentlich fränkisch prägnant mit nur wenigen Worten zu beschreiben: Der Veit Maibock läuft! Die Basis malzig, der Körper ist nicht ganz so voluminös, aber weit entfernt davon schlank zu sein. Karamellaromen untersteichen den klassischen Charakter. Auf der Seite vom Cafe Abseits habe ich gelesen, dass es im Veit Maibock eine Schippe Rauchmalz gibt. Für ich als Bamberger ist die Rauchigkeit aber sehr dezent. Oder anders gesagt, sie passt sich einfach in die Aromatik ein. Das gilt übrigens auch für das würzige Hopfenaroma. Passt einfach alles!  Die 6,6 % Alkohol sind auch da, aber „schmecken nicht vor“. Das ist fast schon gefährlich süffig. Nach einem ist da auf alle Fälle noch nicht Schluss.

img_5102

Was soll ich sagen: Beweis erbracht! Craftbrauer können auch klassische Biersorten. Vielleicht nicht unbedingt besser als manches Landbierschätzchen, schlechter aber auch nicht! Prost!

 

P.S.: Ach ja, ein Veit Kellerbier gibt es natürlich auch, das gibt es dann mal, wenn ich mit den Bockbieren für den Mai durch bin!