Was das beste an meinem Projekt jedes Bier in Franken kennenzulernen ist, ist zweifelsohne die Tatsache, dass ich mit jedem Bier ein wenig mehr über die regionalen Unterschiede und Eigenheiten „meines Frankens“ lerne. Gut, vielleicht nicht mit jedem Bier, aber hin und wieder lernt man über so ein Bier eine ganze Menge.
Beim heutigen Fosenöchter zum Beispiel, den ich letztes Jahr auf der Braukunst Live kennengelernt hatte und den es in diesem Jahr leider nicht wieder im Jahresprogramm der Pax Bräu aus Oberelsbach gibt, fiel mir zum Beispiel ein, dass ich irgendwann so um 2008 mal eine TV-Dokumentation vom BR über die Fastnacht in der Rhön gesehen hatte. Die Rhöner „Fosenocht“ ist seit über 200 Jahren gelebte Tradition, bei der in und um Oberelsbach allerlei kuriose Gestalten ihr Unwesen treiben. Gemeinsam sind ihnen die bemalten und handgeschnitzen Masken, die zum Teil seit Generationen im Gebrauch sind. Damit hat es sich auch mit den Gemeinsamkeiten, denn die Oberelsbacher Strohmänner, die Unterelsbacher Fosenöchter in ihren bunten Röcken, die Spanmänner, die Blauen Jüden aus Weisbach mit ihren mit grünem Buchs und bunten Bändern verzierten Hüten und der Heepl-Goas unterscheiden sich in ihrer Kostümierung sehr. Aber alle fußen auf eigenen, überlieferten Traditionen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden – wenn auch „modifiziert“. Denn früher durften die Burschen in manchen Orten nur einmal in ihrem Leben als Fosenöchter der Dorfbevölkerung Streiche spielen und hier und da Schrecken verbreiten.
Auf diese Traditionen spielte Andreas Seufert von der Pax Bräu mit seinem Doppelbock Fosenöchtor an. Da die Pax Bräu mitten in Oberelsbach sitzt, ist das mehr als nur legitim. Und auf der letzten Braukunst Live soll der Bräu ja spät abends als Strohmännle durch die Halle gejagt sein. Wer ihn kennt, kann sich das jedenfalls gut vorstellen. Und mal ganz ehrlich: So ein wenig Bier gehört zum ganzen Mummenschanz auch dazu.
Beim Fosenöchtor sollten sich die jungen und alten Oberelsbacher aber eher zurückhalten. Nicht, dass er nicht schmecken würde – im Gegenteil. Aber die 8,5 % Alkohol bei 19,5 % Stammwürze können ganz schön reinhauen. Außerdem sollte man ihn unbedingt im Glas genießen, wenn es ihn denn wieder gibt, was ich schwer hoffe, Die Farbe ist nämlich eine echte Pracht! Glänzendfeines Bernstein, leicht trüb … das passt zur farbenfrohen Maskerade so mancher Fosenöchter. Der Alkohol ist im Aroma deutlich zu spüren, daneben ein wenig Malz und darüber fein schwebend der Hopfen. Und er schmeckt! Für einen Doppelbock ist er nicht zu süß, das ist schon mal wichtig. enn auch in der Rhön bestimmen sicher gefüllte Faschingskrapfen die Fosenöchter-Mägen. Fruchtige Aromen sind dabei, der Trunk ist weich, fast schon mild, nach hinten raus wird er definiert bitter – dafür mit komplexen Fruchtnoten: „Zitrone, Orange, Grapefruit, Maracuja, Litschi, Ananas, Schwarze Vanille und Zitronengras“ listet die Beschreibung des Fosenöchtors im Bierkalender 2013 auf. Und stellt dem gleich voran: „Mal sehen, ob es im fertigen Bier möglich ist, all die verschiedenen Fruchtaromen mit dem Riechorgan zu isolieren.“ Sagen wir es mal so: Einfach ist es nicht. Dafür aber lecker. Mag die Rhön an sich auch ein karger Landstrich sein – aber bei der opulenten Hopfeauswahl des Fosenöchtors merkt man davon nichts!
Und wenn die Fosenöchter mit ihren bunten Masken durch die Orte ziehen, dann könnte man ihnen schon mal das eine oder andere Gläschen Fosenöchtor anbieten. In diesem Sinne hoffe ich doch, dass es den Fosenöchtor für die Fosenöchter (und nicht nur für die) im nächsten Jahr zur Rhöner Fosenocht wieder gibt.
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