Betrachtet man sich den Biermarkt in Deutschland und insbesondere in Franken über längere Zeit, könnte man meinen, die Geschichte wiederhole sich ständig: Ende der achtziger Jahre zum Beispiel überlegten sich die deutschen Brauereien, wie sie ihr Markenimage und ihren Absatz verbessern könnten. Als Lösung setzte man dann in den Neunzigern auf die Einführung der sogenannten NRW-Flasche (NRW, weil sie zuerst von den großen Brauereien in Nordrhein Westfalen auf den Markt gebracht wurde).
Das ist jetzt gut 20 Jahre her und die meisten Bierliebhaber können sich noch daran erinnern, wie auch viele von Frankens Brauereien ihren Markenauftritt in diesem Zuge umgestellt hatten: Mit der NRW-Flasche gestalteten viele Brauereien ihre Etiketten eher in Richtung „Premium-Produkt“: Da glitzerte es allerorten plötzlich golden oder silbern. Die neue Flasche sollte alle Absatzprobleme lösen können.
Und irgendwie fühle ich mich gerade wieder daran erinnert: Wer nämlich vor 20 Jahren sein ganzes Sortiment umstellte, tut es garde nicht selten wieder. Nur dass jetzt nicht wieder eine einheitliche Flasche eingeführt wird. Vielmehr geht der Trend hin zu Longneck- oder Aleflaschen, Bügelverschlussflaschen und bei den großen Fernsehbieren zur markenspezifischen Reliefflasche. Das stellte zumindest die Gesellschaft für Verpackungsforschung in einer 2009 veröffentlichten Studie fest. Daneben gebe es auch noch Sonderfarben und -formen in verschiedenen Größen. Insgesamt wurden zwischen zwischen 2005 und 2009 bei 35 ausgesuchten Brauereien 16 neue Flaschen eingeführt und nur 6 wieder vom Markt genommen.
Was die Studie aber nicht berücksichtigt, ist ein Trend, der sich nicht nur in Franken sehen lässt: Die Rückkehr zur vor 20 Jahren als alt und rückständig angesehenen Euro2-Flasche. Erdinger hat es vor Jahren mit der Urweisse vorgemacht und andere Brauereien folgen dem Beispiel – wie zum Beispiel die Schlossbrauerei in Reckendorf. Auch hier wurde das Sortiment in den Neunzigern auf NRW-Flaschen umgestellt, die es auch heute noch gibt. Aber bei besonderen Bieren – dem momentanen Zugpferd Kellerbier (Bier des Tages am 9. April) und dem Henrici-Bock – kehrt man zur Euro2-Flasche zurück. Gleichzeitig werden die Etiketten umgestaltet, denn zur „urigen“ Flasche passt halt kein „Premium“-Etikett. Erdiger, ehrlicher, volkstümlicher und vor allem „historischer“ sollen die Biere jetzt wirken und die Etiketten sollen das widerspiegeln. Der neue Trend geht hin zur regionalen Verwurzelung – zumindest bei den fränkischen Brauereien. Zur Verdeutlichung habe ich mal den alten Markenauftritt des Henrici-Bocks dem neuen im Bild zum Bier des Tages gegenübergestellt.
Aber eigentlich soll es ja um’s Bier gehen. Denn die Flaschenform und das Etiket verleiten zwar zum Erstkauf – wenn der Inhalt aber nicht stimmt, bleibt es beim Bierfreund auch nur bei einem einmaligen Intermezzo. Mit seinen 7,0% ist der Henrici-Bock, benannt nach Heinrich dem II., alles andere als der Kaiser unter den Böcken. 7,0% Alkohol ist Durchschnitt, aber nicht schlecht. Die Farbe geht ins Bernsteinbraune, auch o.K. Für die Nase bietet er eher wenig, der Geruch ist verhalten bierig. Geschmacklich orientiert sich der Henrici-Bock in Richtung der dunklen Böcke. Ein dunkler, trockener Geschmack, der hintennach ein wenig herb nachläuft. Mit dem Henrici-Bock hat man also eher einen Vertreter der würzigen Böcke vor sich stehen als einen der süßlicheren. Das ist jetzt auch gut. Allerdings auch nicht die Topklasse der dunkleren Böcke. Denn wenn man wie ich in dieser Saison so um die 20 verschiedene Böcke getestet hat, steigt der Anspruch. Und dann reichen eine neue-alte Flaschenform und ein nett gestaltetes Etikett alleine nicht aus.
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