Vor ein paar Tagen war es wieder in der Zeitung, genauer gesagt im Handelsblatt, zu lesen: „Deutsches Bier gilt als eines der besten überhaupt. Tatsächlich ist in der Welt aber nur wenig von deutschem Bier zu sehen.“ So konnte man es in einem Artikel von Stefan Kolle, Geschäftsführer Kreation der Agentur Kolle Rebbe in Hamburg, mit dem Titel Das Deutsche Bier-Dilemma lesen. In dem Artikel geht es darum, dass deutsches Bier zwar stets mit als erstes genannt wird, wenn man im Ausland nach Produkten fragt, die für deutsche Wertarbeit stehen. Doch deutsche Biermarken können dann die wenigsten nennen. Es gebe ihn nicht, so Stefan Kolle, den Mercedes unter den Bieren, der von Dallas über Dubai bis Delhi Begehrlichkeiten weckt. Dabei verkaufen sich überall in der Welt Biere mit deutsch klingenden Namen: „Eisenbahn“ Pils aus Brasilien, „Bremen“ aus Costa Rica, „Rheingold Beer“ aus Brooklyn, „Schneider“ aus Santa Fe nennt der Artikel. Und die Liste ließe sich beliebig verlängern.
Gründe für dieses Dilemma gibt es viele. Verfehltes Marketing nennt Stefan Kolle und stellt die Frage, „ob der Markt überhaupt auf unsere auf den Massengeschmack zugeschnittenen Fernseh- und Event-Biere wartet.“ Marc-Oliver Huhnholz vom Deutschen Brauer Bund begründete das Fehlen deutscher Brauer auf dem internationalen Markt 2012 in der ZEIT (Kein Bier von hier) unter anderem mit der Konzentration auf den ostdeutschen Biermarkt nach der Wiedervereinigung. „Anfang der neunziger Jahre hätten viele Brauer in den Osten der Republik investiert und anschließend zu wenig Kapital gehabt, um in die neuen Märkte in Asien und den USA einzusteigen“
Andererseits ist Deutschland ein ein interessantes Bierland, gerade weil es keine „internationalen Player“ gibt. In Deutschland gibt es sozusagen jede Menge exzellenter Nischenhersteller, die nur das Problem haben, dass sie außerhalb eines kleinen Kreises rund um den Kirchturm kaum einer kennt und noch seltener bekommen kann. Nehmen wir zum Beispiel das Keller Bier vom Bürgerlichen Brauhaus in Wiesen. Gut, die liegt schon schwer am Rand Frankens kurz vor Hessen. Aber ein Bier wie das dunkle und naturtrübe Kellerbier sollte eigentlich viel bekannter sein. Immerhin konnte es drei mal in Folge einen goldenen und 2013 immerhin noch einen silbernen Bierstern beim Euroean Beer Star erringen. Und das gegen internationale Konkurrenz aus aller Welt. Dieses Kellerbier aus dem Hochsessart ist ein echtes Schätzchen. Und wegen solcher Biere kommen auch immer wieder Biertouristen aus aller Welt nach Franken. Nicht wegen uniformer Fernsehilsner.
Das Wiesener Keller Bier hat eine feine dunkelrot-trübe Farbe und einen malzig-weichen Charakter. Beim Farbtuning hat ein wenig Röstmalzbier seine Finger im Siel. Aber wen juckt’s? Oder wen wundert’s? Dass dieser „Farbstoff“ mittlerweile sehr weit verbreitet ist, habe ich ja schon oft genug erwähnt. Und immerhin ist es – anders als b ei anderen dunklen Bieren – angegeben. Dafür verzichtet man auf Hopfenextrakt. Das gleicht sich wieder aus. Und geschmacklich ist es eh ein sehr ausgeglichenes Bier: Dunkle Beerenaromen mischen sich dazu, leckere Malznoten spielen auf. Neben den Röstnoten kommt auch hier und da der Hopfen auf, macht es aber nicht zu kernig. Denn da pendelt das Hefearoma alles wieder auf verdammt süffigem Niveau ein. Das ist ein echt gutes Kellerbier. Ich wiederhole mich da immer wieder gerne: Biere wie diese sind die besten Botschafter für die traditionelle deutsche – aber vor allem auch fränkische – Bierkultur. Die großen internationalen Marken brauen sowas nämlich (noch) nicht!
Nur reicht es längst nicht mehr, „interessante“ Biere zu brauen. Der Wind auf dem nationalen wie internationalen Markt hat längst schon mehr als nur aufgefrischt. Und manchmal mehr als nur panisch kämpft jeder für sich selbst. Und immer wieder liest und hört man den selben Tenor: „So gesehen muss man froh sein, dass zumindest der Ruf des deutschen Bieres noch tadellos ist.“ (Stefan Kolle in: Handelsblatt: Das deutsche Bier-Dilemma) oder „Deutsches Bier hat – noch – einen guten Ruf. Aber das ist kein Selbstläufer.“ (Uwe Lebok in: Die Welt: Warnung statt Werbung)
Was also tun? Um den nationalen Markt zu beleben, würde es sicher helfen zum einen tatsächlich wieder mehr interessante Biere zu brauen. Ob das nun Craftbiere mit Flavour-Hops sind oder einfach nur gute Kellerbiere wie das Keller Bier aus dem Bürgerlichen Brauhaus in Wiesen ist dabei eigentlich egal. Hauptsache, der Konsument entdeckt, was er an Vielfalt vor der Haustür hat. Das mag im Einzelnen die Gewinnmargen vielleicht nur wenig erhöhen, würde regional denkende und auf Qualität und Vielfalt setzende Konsumenten aber eher bei Stange halten als eine weiter fortschreitende Konzentrierung auf immer mehr austauschbare Marken. Und international sollten die deutschen, bayerischen oder auch die fränkischen Brauer „gemeinsam“ auftreten. Deutsches Bier hat einen guten Ruf, nicht einzelne (und vor allem große) deutsche Marken. Es ist die Vielfalt unserer Bierkultur, die die Welt (noch) begeistert. Genau DAS sollten wir nach außen kommunizieren, dafür bräuchten wir gemeinsame Kamagnen. Dass wäre eine Aufgabe für die Gesellschaft für Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Brauwirtschaft (GfÖ) im Deutschen Brauer Bund. Aber die wurde 2004 ja zugunsten der Markenwerbung der einzelnen Brauereien aufgelöst. Bleibt zu hoffen, dass zumindest kleine und mittelständische Brauereien ihre Marketingzusammenarbeit verbessern und sich gemeinsam als Bierregionen national und international besser präsentieren. Franken wäre prädestiniert dafür. Ein Vorbild ist es bisher leider noch nicht.
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