Ich bleibe mal weiter bei dem Thema mit dem Reinheitsgebot und der Notwendigkeit einer umfassenden Reform. man hört ja, wenn man sich mit dem Thema beschäftigt, immer wieder das Argument, dass man keine großen Geschmacksexperimente brauche, solange man die Vielfalt an Kombinationen aus Wasser, Malz, Hopfen und Hefe nicht ausgeschöpft habe. Schließlich lassen sich so Hunderte, ach was Tausende wenn nicht sogar Millionen an Geschmacksvarianten darstellen. Nur halt nicht alle … Das hat letzthin ein Chemiker im Blog Reinheitsgebot der FAZ nachgewiesen. Thomas Vilgis hatte nachgewisen, dass es – unter anderem auch beim Bier – acht „Geruchsfamilien“ gebe. Sein Fazit: „Übliche Biere besetzen sämtliche Geruchsfamilien, bis auf die der stark würzigen, schweren Dufstoffe, wie wir sie von der Gewürznelke, der Petersilie oder der Muskatnuss her kennen. Diese Gerüche können Sie weder über das Malz noch über die Hefe und schon gar nicht über den Hopfen ins Spiel bringen.“ Solche Aromen ließen sich nur über eine Holzfasslagerung z. B. ins Bier bringen.
Nun gehört die Fassreifung bzw. das Barrel Aging wie es im Englischen heißt mittlerweile zum Standardsortiment, nicht nur unter Craftbrauern. Dass dabei „bierfremde“ Aromen ins Bier gebracht werden, verletzt den Gedanken des Reinheitsgebots nicht, so hört man allgemein. Denn erstens bleibt das Holz ja nicht im Bier, sei also kein Inhaltsstoff, und zweitens habe es Fasslagerung schon immer gegeben.Und da liegt der Hase im Pfeffer: In der Regel werden vorbelegte Fässer genommen. Streng genommen gibt man also über das Holz Wein-, Rum- oder Whiskeyaromen ins Bier, die da drin bleiben. Und zweitens ist es so, dass beim „Barrel Aging“ das Bier altert, Kohlensäure verliert und oxidiert. Will man das verhindern, gibt man Holzstücke (Staves, Chips und andere Fassersatzprodukte) in den Edelstahltank. Bier mag ja schon immer im Holzfass gelagert worden sein (das übrigens gepicht war, damit das Bier mit dem Holz nicht in Kontakt kam, weil die Miktoorganismen im Holz das Bier sauer werden ließ), die Zugabe von Holz beim Brauprozess würde – würde man die Sache streng sehen – gegebenenfalls dem RHGB-Gedanken widersprechen. Das ist übertriebene Haarspalterei? Sicher nicht! Man muss nur mal probieren, ein Gewürzbier mit Zimt als „Gebraut nach dem Reinheitsgebot“ zu deklarieren. Zimtstangen sind nichts anderes als die getrocknete Rinde des Zimtbaumes, ergo also Holz. Und dessen Zugabe beim Brauprozess scheint ja allgemein unproblematisch …
Der Keesmann Josephi Bock Bourbon ist also auch ein Bier, das sich auch irgendwie in dieser „Grauzone“, diesem Unschärfebereich des Brauens bewegt. Kein Mensch würde die „Reinheit“ dieses Biers infrage stellen. Auch wenn der Brauer keine „echten Bourbonfässer“ verwendet, sondern Holzprodukte aus Bourbonfässern. Immerhin – und das rechne ich dem Brauer hoch an – deklariert die Brauerei ihr Bier korrekt: „auf Holz aus Bourbonfässern gereift“. Sauberer kann man es nicht deklarieren! Das kennt man von anderen Zweigen der Lebensmittelindustrie ganz anders.
Aber ich schweife ab. Wichtiger ist die frage: Was macht das Holz mit dem hellen Josephi Bock? Kurz gesagt, es schmeichelt ihm. Ich war ja skeptisch, weil holzige Aromen meiner Meinung nach eher zu dunkleren Bieren passen. Der helle, durchaus auch hopfige Josephi Bock kombiniert mit schweren Holzaromen? Geht das? Ja, es geht – und es geht, weil man gerade KEINE Holzfässer benutzt hat. Wie gesagt, im Holzfass altert das Bier, oxidiert, verliert Hopfigkeit und Spritzigkeit. Das liegt daran, dass Holzfässer nicht „gasdicht“ sind. Mit der Holzzugabe im Tank lässt sich das Problem umgehen. Das ist vielleicht nicht so elegant, lässt dem Bier aber mehr von seinem „bierigen“ Charakter. Außerdem hat man es mit der Holzreifung nicht übertrieben. Je länger man das Holz im Bier (oder das Bier im Holzfass) lässt, desto mehr Aromen werden übertragen. Das kann man so lange machen, bis es einem den Mund vor lauter Tanninen verzieht. Darauf hat man beim Keesmann dankenswerterweise verzichtet.
Was herauskommt ist ein bernsteintrübes, gaumenschmeichelnd-weiches Bockbier mit einem sich Schluck für Schluck aufbauendem Bourbon- und Vanillearoma. Nichts erschlägt einen, nichts kleistert einem den Mund zu. Nicht zu süß (da zeigt sich die Stärke des Josephi Bocks), nicht zu holzig (da zeigt sich das Augenmaß beim „Ausbau“). Dazu kommen ein paar fruchtige Noten, die man so erstmal nicht erwartet. Gut! Richtig gut, auch wenn die Teku-Gläser in der ansonsten „rustikalen“ Brauerei deplatziert wirken. Meine Empfehlung: Unbedingt zum Dessert probieren, solange es das Bier noch gibt!
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