Vor der heutigen Rezension muss ich mich tatsächlich mal entschuldigen, vor allem bei allen Biersommeliers der Welt, allen voran bei Ralph Hertrich. Ihr wisst schon, das ist der mit den lässigen Veto-Bieren. Mit seinem Schokobär hat er sich ja nicht nur in die Herzen der Craft-Gemeinde gebraut,s ondern auch gleich mal aus dem Stand bei den Meiniger Beer-Awards abgeräumt. Sauber! Aber wer das Glück hatte (so wie ich), Ralph schon in seinen Hobbybrauertagen kennen gelernt zu haben, der hätte das vorausahnen können. Seine Biere waren damals schon auf verdammt hohem Niveau.

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Tja, und besagter Ralph Hertrich ist eben auch ein ausgebildeter Biersommelier und als solcher – so spotte ich gerne, wenn ich ihn treffe – MUSS er unbedingt und zu jeder Zeit Bier stacheln. Ich weiß nicht, ob euch das auch schonmal aufgefallen ist, aber sobald man einen Sommelier auf einer Veranstaltung mit einem Starkbier stehen sieht, kann man darauf warten, dass er irgendetwas Glüchendes hineintaucht, damit es effektvoll zischt, kurz brodelt, anständig schäumt und … Naja, eine tolle Show macht. Ich kritisiere das gerne als effekthascherisch, vor allem, wenn man irgendwo in der prallen Sonne steht. Das Stacheln hat für mich seinen Reiz tatsächlich nur im Winter. Und da durchaus zurecht. Wer (wie unser Freundeskreis zum Beispiel) mal bei zweistelligen Minusgraden draußen Fassbier zu trinken versucht hat, stellt schnell fest, dass man unfreiwillig einen Eisbock (auch so ein Sommelierding!) gebastelt hat.

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Wir hatten uns damals damit beholfen, die Bierkrüge und damit auch das Bier am/im Feuer wieder auf Trinktemperatur aufzuheizen. Wir hätten es natürlich auch stacheln können. Die Legende dazu besagt ja, dass die Schmiede (fälschlicherweise machmal auch die Kutscher) ihr Bier trinkbar machten, indem sie beherzt mal ein glühendes Eisen in den Krug gesteckt haben sollen. Als Schmied hatte man ja immer ein Eisen im Feuer.

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Tja … und neulich hatte ich tatsächlich auch Bock, mir mal ein Bier, genauer gesagt den VETO Lammbock von Ralph Hertrich zu stacheln. Ich habe es also getan, ich habe auch gestachelt!!! Ab jetzt darf ich nicht mehr lästern, Ralph! Es hat mich auch erwischt. ;-) Den Stachel dazu habe ich mir (war ja spontan, hatte also keinen professionellen Sommelier-Bierstachel zuhause) selbst gebastelt. Die (wahnsinnig einfache) Bauanleitung gibt es demnächst im Adventskalender. Aber eines nach dem anderen. Reden wir erst mal über den Lammbock. Den hat mir Ralph neulich mal zum Testen in die Hand gedrückt. Danke nochmal dafür. Ich versuche, mich dadurch natürlich nicht arg beeinflussen zu lassen.

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Benannt ist der Bock nach dem gleichnamigen Film, zumindest ist die Ähnlichkeit ziemlich gewollt. Der Bock ist dunkel, gegen das Licht hat man ein schönes Kastanienbraun. Gefällt mir. Bei solchen Bieren lohnt es sich tatsächlich, ein schönes Glas zu benutzen und sich das Bier mal genauer anzusehen.

img_4195Geruchlich und geschmacklich dominiert das Malz. Klar, das darf oder soll bei einem dunklen Bock so sein. Feine Nasen erschnuppern eine kleine Schippe Rauchmalz. Wobei der Lammbock nicht wirklich rauchig schmeckt, dafür liegt die Rauchmalzgabe eher unter der snsorischen Wahrnehmbarkeit. Aber so ein wenig Rauchmalz gibt vielen Bieren ein breiteres Volumen. Dadurch kann ein dunkler Bock gewinnen. Vor allem, wenn er Karamell-, Malz- und Brotrindenaromen hat. Wie gesagt, man denkt zuerst bei so einem Bock an das Malz und weniger an den Hopfen. Was fast ein wenig schade ist, denn mit Hallertauer Mittelfrüh, Hersbrucker Spät, Spalter Select, Enigma und Merkur ist eine ganz schön illustre Hopfenauswahl verbraut. Heißt das bei einem dunklen Bock nicht Perlen vor die Säue werfen, wenn doch keiner auf den Hopfen achtet? Vielleicht, aber wer kann schon genau sagen, welche Aromenkomponente in diesem Potpourri aus Rosinen, Karamell oder Nüssen jetzt vom Malz oder vom Hopfen kommen. Oder anders: Vielleicht hätten es weniger Hopfen auch getan. Vielleicht wäre das Bier dann aber nicht so schön rund!

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Sonst gibt es an dem Bock mit 7,3 % nichts zu mäkeln. Alkohol passt, die Karbonisierung ist ein wenig niedriger, aber das passt auch. Ein dunkler Bock hat gar nicht spritzig zu sein. Und den Spagat zwischen Restsüße und Röstbittere hat er auch drauf. Passt!

 

War sonst noch etwas? Ach ja, man kann ihn gut stacheln! Es zischt, riecht schön karamellig, durch das heiße Eisen wird schlagartig viel Kohlensäure freigesetzt, was einen an eine Kaffee-Crema erinnernden, kompakten Schaum ergibt. Und – man mag es fast nicht glauben – das Bier gewinnt dadurch noch mehr an Ausgewogenheit und wirkt noch runder. Kann man mal machen. Ist ganz nett. Wenn ich mal wieder irgendwo in Eiseskälte ein Kohlenfeuer (oder einen Gasbrenner) und ein wenig Edelstahl dabeihabe, mache ich das wieder. Nein, Spaß beiseite, beim Wintergrillen wird das Bierstacheln ab jetzt regelmäßig gemacht, denke ich. Den Rest des Jahres überlasse ich es dann wieder den ordentlichen, diplomierten Biersommeliers. Gell, Ralph. ;-)