Bleiben wir mal beim Thema „neue Bier in Nürnberg“. Da hatte ich vor einiger Zeit mal eine Anfrage von Ravenkraft bekommen, ob sie mir mal ein Probemuster ihres Sortiments schicken dürften. Warum nicht, habe ich mir gedacht, und kurz darauf kam ein Päckchen mit zwei mal sechs Flaschen Ravenkraft bei mir an. Die beiden Sorten, die es momentan im Sortiment gibt, hören auf die nicht gerade gewöhnlichen Namen „Zauberin“ und „Wanderer“. Nicht gerade gewöhnlich, aber was ist schon in der Craftbeer-Szene gewöhnlich?
Die „Zauberin“ ist ein Red Ale mit 5,5 % Alkohl und einer netten bernstein-kupfernen Farbe. Ich muss ja zugeben, dass ich bei der „Zauberin“ irgendwie einen kleinen „Flashback“ hatte und an Roger Moore im Bond-Abenteuer „Live and let die“ habe denken müssen. Ihr wisst schon, als er die Hellseherin/Zauberin mittels gezinkter Tarot-Karten verführt … Lustig, welche Asoziationen ein Bier so wecken kann.
Von der Aromatik her, ist die Zauberin gar nicht so mysteriös. Der Malzkörper empfängt einen mit schönen, vollen Honignoten, Malz und einer feinen Brotigkeit.Dazu kommt eine Schippe Karamell und blumige ein wenig an rote Früchte erinnernde Hopfenaromen. Eigentlich ganz nett trinkbar, aber nichts für Freunde einer „ausgeprägten Bittere“ im Abschluss. Denn die Zauberin bleibt weich und mild. Nicht schlecht, könnte aber auf die Dauer fast ein wenig süß werden. Allerdings sind solche, eher malbetonten Biere ja etwas, was wir Franken durchaus mögen.
Die zweite Sorte hat mich da schon mehr neugierig gemacht: Das Wanderer ist ein Black IPA. Nun kann man sich darüber streiten, ob es sowas wie ein Black IPA überhaupt geben kann, schließlich widersprechen sich „black“ und „pale“ irgendwie. Mal ganz abgesehen davon, dass sich vielleicht eine dunkle Röstmalzaromatik und ein fettes Hopfenbouquet bzw. eine ordentliche Hopfenbittere geschmacklich auch in die Quere kommen könnten.
Tun sie aber nicht. Dass tiefschwarze Bier startet im Antrunk mit dunklen Aromen, denen sich langsam mehr und mehr Fruchtnuancen dazugesellen. Schokolade und Espresso treffen hier auf getrocknete Beeren und Karamell und Cassis. Das ganze wird von einer feinen Bittersüße begleitet. Lässig, fast schon cool! Doch, der Wanderer gefällt mir besser als die Zauberin, weil er für meinen Gaumen komplexer, aber eben nicht „überanstrengend“ ist. Was mich zu einem Kritikpunkt dieses Bieres bringt: Ein klassisches IPA hat eigentlich mehr „Hopfenwumms“, also eine knackigere Bittere und ein deutlicheres Fruchtaroma. Das „fehlt“ dem Wanderer so gesehen. Allerdings bräuchte man, wäre der Wanderer auf der einen Seite eine Hopfenbombe, dann auch auf der anderen Seite viel mehr von der dunklen Aromatik. Und dann würde das Bier auf die Dauer anstrengend werden. So aber hat man nach dem ersten tatsächlich Lust auf ein zweites … Wobei: Achtung: Der Wanderer marschiert mit satten 8 % Alkohol ziemlich stramm durchs Starkbierrevier!
Aber das ist ein Grundproblem von so manchem Craftbeerstil: Folgt man der Stilbeschreibung zu 100%, geht das zulasten der Süffigkeit. Macht man das Bier „süffiger“, ist es eigentlich nicht mehr klassisch der Bierstil.
Eine Sache übrigens noch zu der Biermarke: Dahinter stehen drei Freunde, Alejandro Garcia de la Garza, Christoph Ravenstein und Ulrike Schäfer. So liest man es zumindest im Internet. Von Christoph Ravensteins Namen ist dann auch der ungewöhnliche Name Ravenkraft abgleitet. Laut ratebeer sollen die Biere übrigens von den drei bei der Brauerei Lang in Waltershausen gebraut werden. Auch keine schlechte Adresse. Es bleibt also spannend in der Bierstadt Nürnberg.
P.S.: Wie schon angemerkt, habe ich die Biere für das heutige Bier des Tages unentgeltlich von der Brauerei zugeschickt bekommen. Ich habe natürlich versucht, mich in meiner Bewertung dadurch nicht beeinflussen zu lassen.
Noch keine Kommentare