Auch wenn ich es nicht mehr schaffe, jeden Tag ein Bier des Tages zu schreiben, dann möchte ich doch ein paar liebe Traditionen aus der „guten alten Zeit, in der ich euch jeden Tag mit einem Bier des Tages „belästigt“ habe, behalten. Zum Beispiel die an den Weihnachtsfesttagen jeweils zwei Biere vorzustellen.
Den Anfang macht eigentlich das zweite Bier, aber dazu später mehr. Das Festbier vom Lang Bräu in Schönbrunn. Das ist so ein echtes „Feelgood“-Weihnachtsbier. Das Etikett atmet strahlende Weihnachtsromantik, der goldene Trunk riecht festlich. Das Bier hat einen vollmundigen Malzkörper, ein wenig nussiges Karamell, ein feines Hopfenbouquet nach Stroh und Gras … Aus 13,1 % Stammwürze holt es 5,5 % Alkohol. Ordentlich, gut, süffig und ein guter Begleiter zu nahezu allem, was man sich heute Abend so alles in weihnachtlicher Hochstimmung schmecken lassen kann Da passt alles und da verzeiht man der Brauerei sogar so geschmackliche Entgleisungen wie das Erotik Bier oder das Schit dibri nó ..
Als zweites käme dann ein Weizen. Eigentlich hätte das den Anfang machen sollen, aber … irgendwie ergibt die Geschichte von dem Weizen von der Weißen Taube in Bamberg nur am Ende Sinn.
Also die Weiße Taube in Bamberg, bzw. nicht mehr in Bamberg, aber das ist eine lange Geschichte, die ich von Anfang an erzählen möchte. Die Weiße Taube – die kennen wir als Friedenssymbol. Aber weil ja Weihnachten ist, soll natürlich nicht vergessen sein: Die weiße Taube ist auch ein Symbol für den Heiligen Geist, der über die Jungfrau Maria kam, Keine weiße Taube, keine Jungfrauengeburt, kein Weihnachten. Gut, eine gewagte Überleitung, aber an Weihnachten darf man das schon mal machen.
Die Braugeschichte auf dem Zinkenwörth in Bamberg (für Nichtbamberger und wahrscheinlich für so manchen Bamberger auch: das war eine Insel im heutigen Gebiet der Theatergassen) beginnt im 16. Jahrhundert. Damals noch als Rotes Ross. Im 1830 wird aus dem Roten Ross die Weiße Taube. Interessant wird die Brauereigeschichte für uns im 19. Jahrhundert. Da erbt Kunigunde, Witwe des Braumeisters Friedrich Leidner (Bräu der Weißen Taube) und Tochter des Bräus vom Blümlein die Brauerei und den Felsenkeller am Oberen Stephansberg. Ihr neuer Mann wird der Forchheimer Brauer Georg Rittmayer … Dem fränkischen Bierliebhaber sollte es jetzt in den Ohren klingeln. Genau! Das ist ein Urahn (oder zumindest Verwandter) vom dem Georg Rittmayer, der in Hallerndorf die Brauerei Rittmayer führt. Und da lag es nahe zusammen mit Christian Klemenz von der Bierothek die Marke und das damals einzige Weizen Bambergs (wenn ich mich nicht irre) wiederzubeleben.
Mit 5,5 % steht das honigfarbene Weizen gut im Futter. Der Geruch ist weizentypisch. Und wie schmeckt es? Hach, was soll ich sagen? Der Georg Rittmayer kann halt Weizen brauen. Da kann man nix verkehrt machen. Vielleicht liegt es ja in den Genen. Oder am Heiligen Geist, wer weiß ;-) Der Körper ist voll, aber nicht zu schwer. Das Malz angenehm süß, ein feines Bananenbouquet umspielt die Zunge, die typischen Nelkenaromen sind nicht so prägnant, rahmen aber die Banane gut ein. Das hätte das Zeug dazu, Bambergs bestes Weizen zu werden, wenn es nicht aus Hallerndorf käme … ;-) Für einen Frühschoppen – und am 4. Advent darf man sich durchaus mal einen Frühschoppen gönnen – ein ideales Bier.
Was aber bei der Geschichte nicht ganz verschwiegen werden draf: Die Brauerei Weiße Taube gab es bis 1917, die wirtschaftliche Krise infolge des ersten Weltkriegs machte der einstmals Bamberger „Großbrauerei“ den endgültigen Garaus. Die Brauereigaststätte wird in der Folge von der jüdischen Gemeinde Bambergs genutzt. Dass auf dem Gebiet eine Synagoge stand, wissen heute auch nicht mehr viele Bamberger. Was daran liegt, dass diese letzte Zufluchtsstätte der Bamberger Juden während der NS-Zeit auch zu einem dunklen Kapitel Bamberger Stadtgeschichte wurde. Nachdem in der sogenannten Reichskristallnacht die Synagoge niedergebrannt wurde, wurde die daneben liegende Weiße Taube zum Ersatzgebäude. Und zur zentralen Sammelstelle für die jüdische Bevölkerung Bambergs und aus der Umgebung. Die jüdische Bevölkerung von Coburg bis Bayreuth oder Nürnberg musste ihre Wohnungen verlassen und in der Weißen Taube auf ihre Deportation in die Vernichtungslager warten. Später übernahm die SS das Gebäude. Die Nachkriegszeit entledigte sich des ungeliebten Teils der Geschichte, indem sie die (zumindest damals) modernen Theatergassen darüber klotzte …
Dass die beiden Brauer sich der Geschichte des Gasthauses Weiße Taube (nicht der Brauerei, das muss man nochmal betonen!) bewusst sind, zeigt die Tatsache, dass sie mit einem Teil des Erlöses Projekte der jüdischen Kultusgemeinde in Bamberg und der Willy Aron-Gesellschaft unterstützen.
Darf man jetzt eigentlich eine Weihnachtsgeschichte so enden lassen? Ich denke ja. Denn dass es die Weiße Taube aus Bamberg wieder gibt, das ist auch ein Hoffnungszeichen, finde ich (und ja, ich weiß, es geht nur um Bier, und ich sollte da jetzt keine Moralpredigt daraus machen, aber hey, es ist Weihnachten!). Für mich ist das Weizen der Weißen Taube in Bamberg, das es jetzt wieder gibt, so ein wenig wieder hervorgeholte vergessene Stadtgeschichte. Der Teil der uns daran erinner soll, wie wichtig die Botschaft vom Frieden auf der Welt ist.
In diesem Sinne, habt ein besinnliches Weihnachtsfest!
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