Langsam kann ich es nicht mehr sehen. Jeden Tag schlägst du die Nachrichten auf und es gibt nur ein Thema: Bayreuth, Bayreuth, Bayreuth! Du denkst, es sind schon Wagner-Festspiele. Nur, dass es jetzt keine guten Nachrichten sind – oder sagen wir, eher „merkwürdige“ …
Was? Wer? Zu Guttenberg? Nein, von dem rede ich nicht, außer der Clan der zu Guttenbergs hätte Brauereibeteiligungen und würde da Bier plagieren … Nein, wovon ich rede ist viel, viel bedenklicher. Denn in Bayreuth hat das Täuschen System!
Beweise? Bitte sehr:

Also vor einiger Zeit habe ich mich ja über die noch relative Brauereivielfalt in Bayreuth gefreut wie die Uni über ihren prominenten Werbeträger … Entschuldigung, ich wollte ja nicht auf dem Thema rumreiten. Also zurück zum Bier.
Zwar gab es damals schon Wermutstropfen – Schinner/Bürgerbräu ließ ihr Bier in Pegnitz brauen, die Brauerei AG faktisch bei der Bayreuther Maisel –, aber mit Glenk und Becher gab es ja noch zwei kleine, eigenständige Brauereien. Denkste! Denn es ist wie bei den Dissertationen! Gräbst du erstmal ein wenig tiefer, dann …

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Ausschlaggebend waren ein paar Kisten mit Becherbräu, die zwischen Pegnitzer und Pottensteiner Bier in einem Getränkemarkt gleich in der Nähe standen. Becherbräu? Hatte ich schon ewig nicht mehr getrunken. Also mal ein paar Fläschchen mitgenommen. Beim genauen Hinsehen entpuppte sich das, was mit Becher-Kronkorken versehen und im Becher-Kasten versammelt war, als „Original Manns-Bräu“. Nun ist man ja bei den Stichworten „Original“ und „Bayreuth“ ein wenig hellhörig geworden und forscht nach. Das Manns-Bräu war bis in die 70er Jahre tatsächlich ein Brauerei in Bayreuth, d.h. gebraut wurde im Kommunbrauhaus. Jetzt wurde sie wiederbelebt durch Hans Hacker, dem Senior vom Becher-Bräu, der das Bier bei seinem Sohn in jener Becher-Bräu braut oder brauen lässt – was vollkommen korrekt auch auf den Etiketten steht. Und das Bier ist auch wirklich nicht schlecht. Schwarzbraun sieht es aus, riecht auch so: dunkelmalzig mit einer leichten Hopfennote. Der Geschmack ist dagegen überraschend leicht und vollmundig, aber mild, kaum röstig und nur mit leichtem Hopfennachklang. Ein ordentliches Dunkles, empfehlenswert und ein Bereicherung der Bayreuther Bierlandschaft.

Also alles in bester Ordnung?
Naja, wie man´s nimmt!
Denn wenn man ein bisschen recherchiert, findet man im Nordbayerischen Kurier vom 12.01.2010 Folgendes:
„Die Altstädter Becher-Bräu ist die älteste Brauerei-Wirtschaft Bayreuths. Vergangenes Jahr im Sommer haben mit Johannes und Cortney Hacker die dritte Generation der Familie Hacker das Ruder übernommen – und jetzt steht eine Investition an, die die Zukunft genauso sichern soll wie Tradition und Braukultur. Johannes Hacker will bis zum Sommer einen Traum Wirklichkeit werden lassen, den schon sein Vater Hans hatte: den Bau eines eigenen Sudhauses.“

So lange es das Kommunbrauhaus in Bayreuth noch gab, wurde dort gebraut und der fertige Sud in der eigenen „Brauerei“ gelagert und abgefüllt. Doch seit 1994 existiert das nicht mehr. Wer also braut seither das Manns- und das Becher-Bier? Gerüchten zufolge werden der Sud für das Pils von der Maisel und für das hier besprochene Dunkle von der Brauerei Stöckel bezogen. „Original Manns-Bräu“, gebraut bei der Becherbräu ohne eigenes Sudhaus, die ihren fertigen Sud (noch) von einer anderen Brauerei bezieht … Woran erinnert das einen?


Mittlerweile hat die Becher Bräu übrigens ihr eigenes Sudhaus, nu rmal so nebenbei.


Blieb noch die Brauerei Glenk, die ja ein eigenes Sudhaus hat … ähm, hatte! Denn auch hier wieder mal der Nordbayerische Kurier vom 25.02.2011:
„Dort, wo 1852 die Wiege der Brauerei Glenk stand, im Eichelweg 1,2 und 3, soll nach dem Willen des Geschäftsführers Ulrich Bauer wieder eine kleine Brauerei entstehen – wenn rechts des Eichelwegs das Grundstück verkauft ist.“
Hintergrund des Ganzen ist ein bekanntes Problem: der Generationenwechsel. Nach dem Tod des Firmeninhabers hat jeder der Nachkommen das Erbe ausgeschlagen: ca. eine Million Schulden und eine für den heutigen Umsatz zu groß dimensionierte Brauereianlage. Deshalb wurde am 29.11 2010 eine strategische Partnerschaft mit der Klosterbrauerei Weltenburg geschlossen und der eigene Braubetrieb eingestellt. Aktuell braut man das Bier „nach unserem Rezept und mit unseren Leuten bei der Brauerei Stöckel in Hintergereuth“ (Nordbayerischer Kurier, 29.11.2010). Kanal 8 Nachrichten vom 24.11. 2011 berichten, dass das Bier kurzfristig bei der benachbarten Becher-Bräu gebraut werden soll – wenn die endlich ein Sudhaus haben, was laut Bayreuther Sonntag vom 22.08.2010 im Frühjahr 2011 der Fall sein soll.

So, wie es aussieht, gibt es im Moment nur eine Brauerei, die in Bayreuth auch braut, nämlich die Brauerei Maisel. 2010 wurde die „Brauerei“ Schinner mit dem Argument, es handle sich um kein Bayreuther Bier mehr, aus dem Bayreuther Bürgerfest gekickt. Hoffen wir, dass das eigene Sudhaus der Becherbräu rechtzeitig fertig wird. Das Bürgerfest 2011 wäre sonst recht langweilig.

P.S.: Eine hab ich noch: In der Bayreuther Bäckerei Lang gibt es ein „eigenes“ Beck´n Bier. Die Homepage gibt preis: „Früher wurde gemeinsam in der sog. „Kommunbräu“ ein Sud gemacht, der dann gelagert und danach ausgeschenkt wurde. Da es dieses Kommunbrauhaus in Bayreuth nicht mehr gibt […], galt unsere Suche einer kleinen, flexiblen Brauerei, die unter modernen lebensmittelrechtlichen Bedingungen in der Lage ist, den Sud für unser „Beck’n Bier“ zu brauen. In der näheren Umgebung Bayreuths fanden wir dann eine entsprechende Brauerei […]. Die Lagerung und der Verkauf des Bieres findet dann, wie es üblich war, bei uns in der Bäckerei statt.“ Ob das jetzt auch die Brauerei Stöckel ist, weiß ich nicht, aber mal ehrlich, es würde nicht mehr überraschen.
Weitere Quellenangaben unterlasse ich. Geht ja um Bayreuth und da hat sowas Tradition. Schließlich bin ich ja als Biertester hier und nicht als wissenschaftlicher Mitarbeiter …

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 P.P.S.: Mittlerweile hat die Becher Bräu natürlich ihr eigenes Sudhaus. Und Bayreuth hat wieder zwei vollständige Brauereien. Es geht aufwärts sozusagen. Dann kann Gutti ja auch wieder kommen … ;-)