Normalerweise würde ich ja am Aschermittwoch ein alkoholfreies Bier vorstellen. Schließlich werden auch in diesem Jahr wieder viele Menschen die Fastenzeit dazu nutzen, ihren Alkoholkonsum herunterzufahren. Andererseits ist gilt ja der lustige Satz: Liquidum non frangit jejunium. Also: Flüssiges bricht Fasten nicht. Der Legende nach soll dieses Prinzip zur Entwicklung der Trinkschokolade geführt haben, so nach dem Motto: Wenn man auf einen Genuss nicht verzichten will, muss man ihn nur Verflüssigen. Da war die katholische Kirche recht erfinderisch. Ich sage euch, da gibt es nichts, was es nicht gibt …
Was sozusagen zum Thema des heutigen Biers des Tages führt: Es gibt Dinge, die gibt es gar nicht. Vor allem im Craftbier-Bereich. Da wird manchmal so vogelwild gebraut, dass man sich denkt: Gibt’s doch gar nicht! Gibt’s dann aber doch. Manchmal zur Freude, manchmal zum Leidwesen der Verkoster. Je schräger ein Bier, desto mehr polarisiert es. Wie der Dunkle Eis-Weizen-Rauch-Doppel-Bock von Christian Zwanzger aus der Brauerei Zwanzger in Uehlfeld. Der hatte sich mal gedacht, was er denn so brauen könne, was garantiert vor ihm noch keiner gemacht habe. Keine einfache Aufgabe, nachdem sogar schon Gurken und Tomaten ihren Weg ins Bier gefunden haben. Aber so schräg muss es ja nicht sein: Wer von euch kennt zum Beispiel einen Dunklen Kristallweizenbock? Ja? Seht ihr? Sowas würde auch fehlen. Dabei wäre das nichts anderes als die Vermischung zweier klassischer Bierstile: einfachem Kristallweizen und dunklem Weizenbock. Udn sowas hatte Christian Zwanzger auch vor. Aber erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt. Eingebraut hat er 100 Liter eines dunklen Weizenbocks. Bzw. er wollte 100 Liter einbrauen. Das Läutern zog sich ewig, seine kleine „Craft-Anlage“, die er sich neben seinem großen Sudwerk für seine schrägen Monatsbiere leistet, war dank einer Stammwürze irgendwo im 20-%-Bereich an ihrer Kapazitätsgrenze. Nach dem Hopfenkochen waren von dem Wunschbier nur noch gut 70 Liter übrig. Nach der Gärung waren es noch so 65 Liter. So weit, so gut. Ein wenig Schwund gibt es immer. Und jetzt hätte das Bier filtriert werden müssen. Seine Filteranlage für die „großen Sude“ wäre für 65 Liter viel zu überdimensioniert. Also mal in der Berufsschule nachgefragt, ob die nicht Lust hätten – learning by doing – mal wieder mit einer Brauerklasse das mit dem Filtrieren zu trainieren. Lust ja, aber – wenn ich es richtig verstanden habe wegen Krankheit – keine Zeit. Was also tun?
Christian Zwanzger hat sich dafür entschieden, aus der Not eine Tugend zu machen und den Weizenbock einfach einzufrieren. Schließlich ist ein dunkler Eis-Weizenbock mindestens genauso selten. Und einen mit einer Schippe Rauchmalz drin dürfte es wirklich nicht nochmal geben, sind Rauchweizen doch schon eine Seltenheit. Also ich kenne nur das vom Schlenkerla und das vom Spezial. Das Ende vom Lied war eine Ausbeute von sage und schreibe 15 (in Worten FÜNFZEHN) Litern! Da sieht man mal, wie viel „unnützes“ Wasser in so einem Bier steckt, auf das man verzichten kann, wenn man will. Und ja, man will. Also ich will. Der Dunkle Eis-Weizen-Rauch-Doppel-Bock war für mich nämlich DAS Bier der letzten Braukunst Live in München. In der Nase hat man massive Bananenaromen, aber eben sehr reife Banane. Dazu kommt eine durchaus vernehmbare Rauchnase. Und dunle Aromen, vielleicht auch ein wenig Vanille. Im Geschmack zeigt sich das Bier … erstaunlich „zahm“. Wer wie ich gerne mal einen Barley Wine trinkt, der weiß um die Komplexität solcher Biere. Ein Feuerwerk an Aromen verdichtet in einen Schluck. So ein Bier fordert und überfordert auch bisweilen. Der Dunkle Eis-Weizen-Rauch-Doppel-Bock ist dagegen erstaunlich trinkbar. Wie ein dunkler Weizenbock, mit schönen dunklen Bananennoten, die dem Rauch geschmacklich nur noch wenig Platz lassen. Die Textur ist wahnsinnig ölig, fast wie bei Likör. Kippt man das Glas, braucht das Bier fast einen Moment, um der Bewegung zu folgen und was an Schlieren am Glasrand bleibt, ist wesentlich mehr als nur die üblichen Schaumreste. Apropos Schaum: So ganz „tot“ und schaumlos wie andere Eisböcke in der Liga ist dieser hier nicht. So eine feine Karbonisierung hilft der Trinkbarkeit des Biers deutlich.
Süß ist er natürlich auch, er pappt richtig auf den Lippen. Aber der dunkle Malzkörper hat die Süße recht gut im Griff. Vor allem, wenn man bedenkt, dass wir hier von weit mehr als dem üblichen Alkoholgehalt sprechen. Ach ja, Alkoholgehalt: Da ist Christian Zwanzger vorsichtig. Die 12.4 %, die der Doppelbock gehabt haben könnte, sind dank „Eisrifing“ obsolet. Auch da darf man etwas drauflegen. Aber die typische Alkoholschärfe gibt es nicht. Klar, man schmeckt und spürt den „Wumms“ dieses Bocks. Vor allem „spürt“: So ein Fläschchen macht sich ganz schnell im Kopf bemerkbar. Im Geldbeutel wiederum weniger. Die Rarität hat Christian Zwanzger nicht extra teurer verkauft. Also ganz ehrlich: Das Bier könnte es meinetwegen häufiger geben!
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