Es war ja wieder überall in den Zeitungen zu lesen: Der Bierkonsum sinkt und sinkt! Jetzt hoffen die Brauer auf einen goldigen Fußballsommer, um die Talfahrt abzuwenden. Aber gefühlt macht das Wetter seit ein paar Jahren ja alles mögliche, nur nicht das, was es soll. Und das sind nicht die einzigen Hiobsbotschaften gewesen. Denn anders als die Brauwirtschaft, die beklagt, dass die Deutschen immer weniger Bier trinken, findet die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, dass viel zu viel getrunken wird. Und weil das so ist, dachte man in den Medien – inspiriert durch eine Neuregelung in Schottland – einen Mindestpreis für Alkohol an. Die Schotten müssen seit 1. Mai tiefer in die Tasche greifen. Das Prinzip sieht so aus: Jedes Getränk muss so teuer sein, dass der darin enthaltene reine Alkohol 57 Cent pro 10 Milliliter kosten würde. Die Politik ist nicht ebgeneigt. Bei den Brauereien dürfte man nicht glücklich darüber sein. Schließlich gilt der Bierpreis als eines der Hauptkaufargumente.

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Besonders hart würde so ein Mindestpreis die Spezialbiere mit mehr Alkohol betreffen – also die Bockbiere. Dabei sind es genau diese Spezialbiere, auf die die Brauwirtschaft im Moment setzt. So wie die Kulmbacher Brauerei AG. Die „Hauptmarke“ ist das Kulmbacher Pils, aber die „Spezialitätenmarke“ Mönchshof wird gerade gepusht. Der „Sidekick“ der Mönchshof Bräu ist die Weizenmarke Kapuziner, der gerade einen neuen Markenauftritt bekommt und nebenbei noch mit einem Weizenbock punkten darf. Wobei man den erstmal als Bock erkennen können muss. Liest man das Etikett oberflächlich, steht da „Kapuziner Weißbier“, was der Markenname ist, nicht der Bierstil. Umlaufend wird es präziser: „Hefe Bock Naturtrüb„. Das kann man natürlich auch deutlicher machen. Dafür erfährt man auf dem Rückenetikett ein wenig mehr:

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Aha, also Hallertauer Aromahopfen und edelste Malze wurden verbraut. Klingt sehr nach einem typischen Marketingtext. Aromatisch sollen einen ein kräftiger milder Körper und ein fruchtiger Charakter mit einer perfekten Weissbiernote erwarten. Kann das der Kapuziner Weizenbock das große Versprechen halten? Ein kräftiger, aber zugleich milder Körper klingt ja ein wenig nach der Quadratur des Kreises. Optisch ist dem Kapuziner Hefe Bock naturtrüb jedenfalls nichts vorzuwerfen: Honig-trüb steht er im Glas. Die Schaumkrone ist dicht und stabil. Passt.

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Der Geruch passt ebenfalls für einen Weizenbock: Schwere Bananennoten wehen einen um die Nase, noch deutlicher kommen die Hefenoten heraus. Auch das ist typisch für Weizenböcke. So weit, so gut. Der Antrunk ist ebenfalls von sehr reifen, schweren Bananenaromen geprägt. Dazu kommen Nelkenaromen, Karamell und ein verdammt deutliches Hefearoma. Auch das ist alles typisch für einen Weizenbock. Süße und Bittere halten sich die Waage, wobei das Bier eher ein wenig in Richtung Bittere tendiert. Da erinnert er vielleicht an angebrannten Zucker. Lustigerweise finde ich den Körper sozusagen „medium-sämig“. Passt alles irgendwie, will aber im direkten Vergleich zum kürzlich getesteten Bajuwarus nur auf dem zweiten Platz landen. Das letzte bisschen runder Schliff fehlt im direkten Vergleich, sonst aber durchaus sehr ordentlich! Wobei das ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen ist, schließlich ist der Bajuwarus dunkler und damit vom Malz her auch komplexer. Was aber am Hefe Bock Naturtrüb gefällt: Die 7,3 % Alkohol sind ordentlich versteckt. So richtig schmecken kann man sie nicht.

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Bleibt die Frage, was mit solchen Spezialbieren passieren würde, wenn man Alkohol politisch motiviert verteuern würde. Der Preis für den Hefe Bock Naturtrüb würde steigen, der Absatz sinken. Für eine Großbrauerei wie Kulmbacher wären solche Biere dann wesentlich weniger interessant. Bleibt der Preis weiterhin das entscheidende Kaufargument, würde das bedeuten, dass wir auf eine Zukunft zusteuern, in der viele eintönige Leichtbiere den Markt dominieren. Schließlich verspricht weniger Alkohol einen günstigeren Preis. Gesundheitspolitisch mag das eine rosige Zukunft sein, als Bierliebhaber schüttelt es einen da …